Urteil:Radeln auf der Grauzone

Eigentlich verboten: die Benutzung des Bürgersteigs durch Radler. Das Landgericht Hagen hat nun die Position der Gehsteig-Radler gestärkt - im Gegensatz zu einem anderen Gericht.

Im entschiedenen Fall hatte sich ein Autofahrer vorsichtig aus einer Grundstücksausfahrt hervorgetastet, als sich ein Radfahrer auf dem Bürgersteig näherte und mit dem Auto kollidierte.

Laut eines Urteils müssen Autofahrer auch auf dem Gehsteig mit Radfahrern rechnen. (Foto: Foto: ddp)

Vor Gericht stritten beide über das Maß ihrer Haftung. Die Berufungsrichter legalisierten dabei faktisch die verbotswidrige Benutzung des Bürgersteigs: Wer aus einem Grundstück auf die Straße ausfahren wolle, müsse sich dabei so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Dabei wiesen die Richter das Argument des Autofahrers zurück, er habe sich vorsichtig aus der Einmündung hervorgetastet; kein Fußgänger sei auch nur annähernd gefährdet oder belästigt worden und mit einem Radfahrer habe er nicht gerechnet.

Dies hätte er aber tun sollen, meinten die Richter. Ein Autofahrer, der aus einem Grundstück heraus- oder in ein Grundstück hereinfahre, könne sich nicht darauf verlassen, nicht auf einen Radfahrer zu treffen.

Gegen-Urteil

Die Sorgfaltspflicht des Autofahrers werteten die Richter dabei so hoch, dass sie ihm mit 70 Prozent den überwiegenden Teil der Haftung und des Schadens aufbürdeten.

Genau umgekehrt entschied allerdings das Landgericht Stralsund in einem anderen Fall und verneinte dort ausdrücklich, dass Autofahrer mit verbotswidrig den Bürgersteig benutzenden Radfahrern zu rechnen haben.

(LG Hagen, 1 S 139/05, SVR 2006, VII. LG Stralsund, 6-6 O 560/05)

(sueddeutsche.de/sid)

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