Unterwegs mit dem BMW 330i:Abschied von der Schärfe

Lesezeit: 3 min

Der Dreier ist bequemer geworden und ein wenig milde - ein teures Vergnügen ist er geblieben.

Von Jörg Reichle

Schön oder nicht schön, das ist hier die Frage. Gemeint ist, sehr frei nach Shakespeare, der neue Dreier,und mein Nachbar sagt entschlossen: ja - aber der schneidet seine Hecken wie in den Parks von Ludwig XVI., ist also nicht wirklich ein geschmacklicher Maßstab.

Große Ähnlichkeit mit dem Rest der Familie: 3er-BMW (Foto: Foto: BMW)

Danach wird die Meinungsumfrage an der Tankstelle fortgesetzt, und hier sieht die Sache schon ganz anders aus. Den einen ist er zu feminin, den anderen zu wulstig (einer sagt sogar: "aufgequollen"), und wieder anderen kommt der Hintern ziemlich japanisch vor. Irgendwie beliebig auch.

Und selbst diejenigen, denen der Mittelklasse-BMW gefällt, sind weniger von seiner Form überzeugt, als vielmehr erleichtert, dass das Extrem-Design der frühen Bangle-Modelle sich von den wildesten Auswüchsen mittlerweile verabschiedet hat.

Rillenfreund

Bei so viel widersprüchlichen Meinungen ist nur eines klar: Die BMW-Designer sind ziemlich ausgeschlafene Burschen, denn sie haben den neuen Dreier vor allem um die Radhäuser derart aufgebuchtet, dass für den wirklich dynamischen Auftritt nun die allergrößten aller erhältlichen Räder montiert werden müssen. Damit wären allerdings auf den ohnehin schon satten Neuwagenpreis im Fall des 330i für die 18 Zoll großen Alus noch einmal 3350 Euro draufzuschlagen.

Und eine weitere Konsequenz erfährt man dann leidvoll in der Praxis: Bereits mit den 17-Zöllern (und in Verbindung mit Aktivlenkung und Notlaufreifen) hechelte unser Testwagen bei niederem Tempo jeder Spurrille nach wie junge Dackel einer Fuchsfährte.

Ansonsten gibt es wenig zu kritteln, im Gegenteil. ¸¸Auf dem Weg von A nach B", so stand anlässlich der Pressevorstellung in der SZ (siehe Link!) zu lesen, "kann der neue Dreier fast alles besser als sein Vorgänger."

Wuchtige Radausschnitte und ein ziemlich bulliges Heck kennzeichnen die aktuelle Mittelklasse-Limousine (Foto: Foto: BMW)

Dazu stehen wir auch nach einigen tausend Kilometer mit dem 330i noch uneingeschränkt. Er fährt sich fast wie der größere Fünfer, was einerseits heißt, dass man bequemer reist als bisher im Dreier: Mehr Außenbreite sorgt für großzügigeren Luftraum um die Schultern, mehr Außenlänge lässt die Knie hinten nicht mehr so schnell an die Lehnen der ersten Reihe stoßen, und sogar 20 Liter mehr Kofferraum sind in der Haben-Liste zu verbuchen.

Von sehniger Direktheit verloren

Andererseits hat der Dreier aber auch etwas von der sehnigen Direktheit seines Vorgängers verloren, von dessen Unmittelbarkeit im Umgang. Andererseits: Vielleicht passt das gar nicht schlecht in die Zeit, die ja kaum noch Platz und Gelegenheit lässt für das scharfe Feilen an der Ideallinie und das Sekundenbruchteil-präzise Spiel mit Lenkung, Schaltknüppel und Pedalen. Der Grenzbereich ist wohl ohnehin längst ins Traumland des aktiven Autofahrens entrückt.

Der 330i also in der Jetzt-Zeit: Sein Dreiliter-Sechszylinder ist nach wie vor ein Kunstgegenstand des Motorenbaus, im Regelfall leise und seidig kultiviert, es sei denn, man dreht ihn hoch bis an das 7000er-Limit. Dann grollt und jubelt er und überwindet auch nachdrücklich sein nicht allzu überschäumendes Temperament bei niederen Drehzahlen.

Angesichts der inzwischen auf 258 PS gewachsenen Leistung sind dann selbst die 11,4 Liter Superplus, die wir im Durchschnitt in die Brennräume strömen ließen, durchaus noch erträglich.

Absolute Kernkompetenz

Das schnelle Gleiten ist also absolut seine Sache, dabei darf man in (aufpreispflichtigen) lederbezogenen Sportsitzen besten Halt genießen, erblickt im nächsten Umfeld gut verarbeitetes Material, legt präzise die sechs Gänge der Schaltbox ein, kann auf beste Bremsen vertrauen und weiß am Ende auch mit letzter Sicherheit, dass Fahrwerke abstimmen immer noch zur absoluten Kernkompetenz der BMW-Ingenieure gehört.

Dass dies alles eine Menge Geld kostet, ist nichts Neues bei BMW. Allerdings hält die Aufpreisliste des Dreier mittlerweile Dinge parat, die noch vor kurzem der Luxusklasse vorbehalten waren - von der Aktivlenkung (1300 Euro) bis zum Abstands-Radar mit Geschwindigkeitsregelung (1700 Euro) und adaptivem Kurvenlicht (400 Euro).

Heftige Aufpreispolitik

Dass aber sogar Velours-Matten mit 100 Euro zusätzlich berechnet werden, erstaunt bei einem Auto mit Premium-Anspruch dann doch und provoziert die Frage, wie viel Premium denn beim strikten Einhalten des Grundpreises übrig bliebe.

Unser Testwagen kam inklusive aller Annehmlichkeiten am Ende auf satte 52.100 Euro, das wären, für alle Altrechner, fast 102.000 Deutsche Mark gewesen. Für ein Mittelklasse-Auto! Kein Wunder, dass BMW-fahren da für viele ein Traum bleiben wird.

BMW 330i; 190 kW (258 PS); max. Drehmoment: 300 Nm bei 2500 bis 4000/min; 0-100 km/h: 6,3 s; Vmax: 250 km/h; Praxisverbrauch: 11,4 l Superplus; EU4; Grundpreis: 35.900 Euro

© Süddeutsche Zeitung vom 11. Mai 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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