Untergang der Pamir:Nationale Katastrophe auf hoher See

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Es war eines der größten Unglücke der zivilen deutschen Seefahrt: Vor genau 50 Jahren sank das Segelschulschiff Pamir, die meisten der 80 Toten waren keine 20 Jahre alt.

Ein zerborstenes Rettungsboot ist alles, was von der stolzen Pamir übrig geblieben ist. In der Lübecker Seefahrerkirche St. Jakobi erinnert es an eine der größten Katastrophen der zivilen deutschen Seefahrt.

Inoffiziell gilt das Rettungsboot in der "Pamirkapelle" von St. Jakobi schon lange als Gedenkstätte für verunglückte Seeleute.

Schiffsbesatzungen aus aller Welt legen hier Kränze nieder. Zum 50. Jahrestag des Untergangs am 21. September 1957 wird St. Jakobi in Lübeck jetzt offiziell zur "Internationalen Gedenkstätte der zivilen Schifffahrt", der weltweit Einzigen, wie Vertreter der Gemeinde betonen.

Das Schicksal der Pamir bewegte und bewegt die Menschen.

Als sie am 21. September 1957 in einem Hurrikan kenterte und sank, verfolgten Menschen in ganz Deutschland am Radio die viertägige Suche nach Überlebenden. Im November 2006 sahen rund fünf Millionen Fernsehzuschauer den ARD-Zweiteiler über das tragische Ende der Pamir, obwohl Schifffahrtshistoriker die Handlung als "weit von den historischen Tatsachen entfernt" kritisierten.

"Der Untergang wurde von den Menschen als nationale Katastrophe empfunden, weil so viele junge, hoffnungsvolle Männer starben", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven, Ursula Feldkamp, die sich für eine Ausstellung intensiv mit der Pamir beschäftigt hat.

Von den 80 Männern, die damals den Tod fanden, waren viele noch keine 20 Jahre alt, denn die Pamir diente als Segelschulschiff der Ausbildung des Nachwuchses für die deutsche Handelsmarine. Nur sechs Besatzungsmitglieder wurden gerettet.

Die 1905 für die Reederei Ferdinand Laeisz gebaute Pamir gehörte zu den "Flying P-Linern", einer Reihe von acht Segelschiffen der Reederei, deren Namen alle mit "P" anfingen. Sie transportierte zunächst Salpeter, später Getreide und andere Massengüter. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollten die Pamir und die ebenfalls zu den "P-Linern" zählende Passat abgewrackt werden, wurden dann jedoch von einer aus 40 deutschen Reedereien gebildeten Stiftung übernommen und als frachttragende Segelschulschiffe eingesetzt.

Am 21. September war die Pamir mit einer Ladung Gerste auf der Rückreise von Buenos Aires nach Hamburg, als sie südwestlich der Azoren völlig unvorbereitet in den Hurrikan Carrie geriet und sank. Als Unglücksursache stellte das Seeamt im Januar 1958 eine Kombination aus mehreren Fehlern fest.

"Die Mannschaft war überfordert"

Danach hatte die Pamir zu viele Segel gesetzt, durch den Sturm verrutschte die Ladung, die statt mit Wasser mit Gerste gefüllten Ballasttanks machten das Schiff instabil und schließlich drang auch noch Wasser durch die Aufbauten ins Schiffsinnere. Eine ganze Reihe von Fragen blieb jedoch offen, unter anderem die, warum die Besatzung von dem Hurrikan überrascht wurde, obwohl es nachweislich Dutzende Wetterwarnungen gegeben hatte.

"Die Mannschaft war offenbar überfordert, möglicherweise hat der unerfahrene Funker die Meldungen schlicht überhört", sagt Feldkamp. "Wir wissen heute außerdem, dass das Schiff in schlechtem Unterhaltungszustand war, weil das Geld für die Werft fehlte."

Das geht auch aus Unterlagen der "Stiftung Pamir und Passat" hervor, die der Schriftsteller Johannes K. Soyener vor wenigen Monaten im Bremer Staatsarchiv entdeckt hat. Sie belegen auch, dass während der letzten Reise der Pamir zehn der 40 Reeder aus der bankrotten Stiftung austraten, um sich vor Haftungsforderungen zu schützen. Der Untergang der Pamir war auch das Ende der Frachtsegler.

Nachdem auch die Passat Ende 1957 nur mit knapper Not einem Kentern im Sturm entronnen war, wurde sie außer Dienst gestellt und 1959 an die Hansestadt Lübeck verkauft.

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