Unfall-Videos in Fahrschulen:Heilsamer Schock

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Fahrschulen zeigen in der Ausbildung Unfall-Videos - schockierende Bilder, die die bitteren Folgen von riskantem und verantwortungslosem Verhalten im Straßenverkehr drastisch vor Augen führen sollen.

Marion Zellner

Ein Kopf, der gegen eine Windschutzscheibe prallt - der junge Fahrer stirbt, weil er nicht angegurtet war. Vor Schmerzen schreiende Menschen in einem Autowrack - Resultat eines gefährlichen Überholmanövers. Schockierende Bilder, die die bitteren Folgen von riskantem und verantwortungslosem Verhalten im Straßenverkehr drastisch vor Augen führen und Emotionen wecken sollen. "Die Clips rütteln wach, denn ein Bild sagt mehr als tausend Worte", meint Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) und begründet so die Entscheidung, diese Videos künftig in den Fahrschulen des Landes einzusetzen.

Solche Bilder solle junge Autofahrer nachdenklich machen. (Foto: Foto: dpa)

Bereits seit einem Jahr werden solche Kurzfilme von der Polizei jungen Autofahrern gezeigt, vor Diskotheken, bei Verkehrskontrollen oder in Berufsschulen. "Wir haben damit positive Erfahrungen gemacht", sagt Helmut Simon, leitender Polizeidirektor im Polizeipräsidium Köln. "Die jungen Leute zeigen Betroffenheit, auch darüber, dass ihr Verhalten eine derart verheerende Wirkung haben kann. Und das, obwohl sie von uns wissen, dass die Szenen gestellt sind."

Allerdings gebe es auch die absoluten Verweigerer, die nach dem Motto handeln: Mir passiert so etwas nicht. Wichtig ist Polizeidirektor Simon jedoch, dass die Filme "nicht als Schockvideos verstanden werden", sondern zu Diskussionen führen, dadurch sensibilisieren und zur Nachdenklichkeit anregen. "Autofahren ist zu keiner Zeit ein Spiel, denn man kann dabei sein Leben verlieren", sagt Simon.

"Solche konfrontativen Stilmittel erregen Aufmerksamkeit und brennen sich in die Köpfe ein", erklärt Bernhard Schlag, Professor am Verkehrspsychologischen Institut der TU Dresden. Schließlich würden sich die wenigsten von selbst mit Unfällen, schweren Verletzungen oder gar dem eigenen Tod auseinandersetzen.

Ob Autofahrer generell durch solche Videos ihr Verhalten verändern, hält Schlag für "zweifelhaft". Allerdings sieht er gute Chancen bei Fahrschülern, denn bei ihnen "haben sich die Verhaltensweisen noch nicht so hochgradig verfestigt". Wichtig sei jedoch, dass "in dem Zusammenhang auch gezeigt wird, wie man die Risiken vermeidet".

Dass Aufklärung nottut, zeigen die Unfallzahlen. Denn junge Fahrer im Alter zwischen 18 und 24 Jahren sind im Straßenverkehr besonders gefährdet - ihr Risiko, bei einem Unfall zu sterben ist mehr als zweimal so hoch wie beim Durchschnitt aller anderen Altersgruppen. 2007 starben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Deutschland 971 junge Menschen auf der Straße, davon mehr als 750 im Auto. Das sind 2,3 Prozent mehr als 2006. Hauptunfallursachen sind zu schnelles Fahren, zu geringer Abstand und Alkohol am Steuer.

Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände begrüßt "grundsätzlich alles, was Fahrlehrern die Möglichkeit gibt, die richtige Einstellung zum Straßenverkehr zu vermitteln", sagt der Vorsitzende Gerhard von Bressensdorf. Allerdings dürften schockierende Bilder den Fahrschülern "keine Angst machen". Deshalb werde man beim Treffen des Bundesvorstandes in knapp zwei Wochen die Filme ansehen und erst danach eine Einschätzung abgeben, ob solche Clips auch in anderen Bundesländern eingesetzt werden sollen.

© SZ vom 5.9.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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