Toyota Yaris:Kleiner mit Tunnelblick

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Den neuen Kompakten gibt es auch mit Halbautomatik

(SZ vom 10.03.1999) Japanischen Kleinwagen haftet oft der Ruf an, zwar auf dem heimischen Markt reüssieren zu können, in Europa allerdings den spezifischen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Meistens liegt das an zu kurzen Sitzflächen, einem bescheidenen Platzangebot und der fehlenden Sicherheitsausstattung. Doch seit geraumer Zeit haben die asiatischen Hersteller erkannt, daß sie sich auf die europäischen Bedürfnisse einstellen müssen, um erfolgreich zu sein.

Nun gilt es sogar als besonderes Qualitätsmerkmal, wenn eine japanische Automobilfirma ein neues Modell nicht nur für Europa fertigt, sondern sogar auch dort entwirft. Dieses "Made in Europe" ziert auch das jüngste Modell von Toyota. Der Yaris, der am 16. April auf den deutschen Markt kommt, wurde im Brüsseler Entwicklungscenter EPOC (European Office of Creation) von Toyota erdacht. In zwei Jahren soll der Yaris dann auch noch in Europa gefertigt werden, denn 2001 eröffnet der Hersteller ein neues Werk im französischen Valencienne. Dort sollen jährlich bis zu 150 000 Stück des Yaris vom Band laufen. Bis es soweit ist, will Toyota Deutschland heuer noch 17 000 Stück aus japanischer Produktion verkaufen. In einem ganzen Jahr erhofft sich der Hersteller 22 000 Kunden.

Die europäische Idee des Yaris läßt sich von außen gut erkennen. Die kompakten Maße (3,61 Meter hoch, 1,66 Meter breit, 1,50 Meter hoch) lassen den Kleinen wohlproportioniert erscheinen. Die Front ist geprägt von den großen Leuchteneinheiten und dem gelochten Kühlergrill. Innen fühlt sich der europäische Autofahrer spontan wohl, denn die Sitzflächen sind lang genug, die Materialien haben eine angenehme Haptik und das Raumgefühl ist gut. Die Instrumentierung des Yaris ist technisch modern. Ein in der Mitte des Instrumententrägers plaziertes, digitales Anzeigefeld enthält alle wichtigen Informationen.

Allerdings unterscheidet es sich von den Mittelkonsolanzeigen, wie man sie schon aus dem Renault Twingo oder in analoger Version vom Fiat Multipla kennt. Die Anzeigen des Yaris sind so gestaltet, daß man einen dreidimensionalen Eindruck bekommt, und man sozusagen in der Tiefe abliest. Der Vorteil soll darin liegen, daß sich das Auge beim Blick von der Straße auf den Tacho nicht umstellen muß. In der Praxis gewöhnt man sich schnell an den Tunnelblick. Zudem könnte es Fahrer geben, die es als angenehm empfinden, daß der Beifahrer nicht ablesen kann, wie schnell oder langsam man unterwegs ist, denn die Anzeige ist links zum Fahrer ausgerichtet.

Was aber auch der Beifahrer mitbekommt, ist der Vierzylinder-Motor, der den 830 Kilogramm leichten Wagen antreibt. Nicht etwa weil er so laut wäre, sondern weil er bei nur 1,0 Liter Hubraum über eine Leistung von 50 kW (68 PS) verfügt. Das macht den Yaris zu einem flotten Gesellen, der in 13,6 Sekunden von Null auf 100 km/h beschleunigt. Der Vortrieb endet bei 156 km/h. Den Kraftstoffverbrauch beziffert Toyota mit 5,6 Liter auf 100 Kilometer.

Bisher hat der Yaris die europäischen Erwartungen gut erfüllt - ein Wermutstropfen ist allerdings die Sicherheitsausstattung. Erfreulich ist zunächst, daß er serienmäßig mit ABS aufwarten kann, dazu gehören aber dann nur zwei Airbags - Seitenairbags seien zunächst nicht in Planung ist bei Toyota zu hören -, Gurtstraffer und Gurtkraftbegrenzer gehören ebenfalls zur Serie. Außer der dreitürigen Basisversion zum Preis von 18 960 Markt gibt es den Yaris noch in den Varianten Terra (19 960 Mark) und Sol (21 960 Mark). Ab der Terra-Version steht der Yaris auch fünftürig in der Preisliste.

Für den Yaris ist außer des herkömmlichen Fünfgang-Getriebes die Halbautomatik Freetronic zu bekommen (1000 Mark Aufpreis, nicht für die Basisversion). Hierbei wird zwar nach wie vor mit der Hand geschaltet, doch gibt es kein Kupplungspedal mehr. Angenehm ist das besonders bei Stop-and-Go-Verkehr, aber auch auf kurvigen Strecken bleibt der Spaß am Schalten erhalten.

Daß sich Toyota vom Yaris viel erhofft, ist verständlich, denn mit dem Starlet war schon seit längerem kein Staat mehr zu machen - deshalb wird er auch in etwa einem halben Jahr eingestellt. Der Yaris soll helfen, Toyota wieder zu einer "begehrlichen Marke in Europa" zu machen, ließen die Verantwortlichen hören. Ob der kleinste gleich für ein positives Image der ganzen Marke sorgt, ist schwer zu sagen, er selbst hat allerdings das Zeug dazu, den Konkurrenten wie Fiat Punto, Opel Corsa, Ford Fiesta, VW Polo und Nissan Micra einzuheizen.

Von Marion Zellner

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