Toyota Paseo:Ein Auto für alle - das die Welt dennoch nicht braucht?

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3500 Stück sollen vom 28 900 Mark teuren Coupé mit dem unauffälligen Design in einem Jahr verkauft werden

(SZ vom 23.03.1996) Fernsehwerbung ist immer wieder für eine Überraschung gut: Da springt doch tatsächlich ein Mann in schreibunten Klamotten zwischen drei nicht ganz so bunten Autos herum und erzählt etwas über Toyota. Die Firma ist bekannt, der Mann auch, es ist Wigald Boning, einer der beiden 'Doofen'. Und diese beiden haben eine CD auf den Markt gebracht mit dem Titel 'Lieder, die die Welt nicht braucht'. Anscheinend hat man sich bei Toyota diese Scheibe etwas zu oft angehört und in Anlehnung daran sogar ein Auto gebaut, das jetzt auf den deutschen Markt kommen wird: Der Paseo soll bei der japanischen Firma die Reihe der sportlichen Coupés sozusagen nach unten abrunden. Dieser kleine Zweisitzer - hinten haben im Höchstfall zwei Kids Platz, bei denen die Pubertät noch sehr weit entfernt ist - hat nach Auskunft von Toyota ein 'zeitloses Design'. So kann man das natürlich auch ausdrücken, wir würden besagtes Design eher als bemerkenswert langweilig bezeichnen. Nur gut, daß ein Firmenzeichen sichtbar ist, um den Paseo von ziemlich ähnlichen Gefährten anderer Hersteller zu unterscheiden. Das eiförmige Coupé hat übrigens einen 1,5-Liter-Motor der 66 kW (90 PS) leistet. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Toyota mit 185 Stundenkilometern an, den Drittelmix-Verbrauch mit 6,6 Litern Superbenzin. Bei ersten Testfahrten überzeugte uns die Straßenlage des kleinen Vierzylinders im Stadtverkehr und vor allem auf der kurvenreichen Landstraße. Will der sportliche Fahrer auf der Autobahn die Tachonadel allerdings auch einmal über die Hundert-Marke hinausbewegen und sich in den Bereich der für unsere Autobahnen empfohlenen Richtgeschwindigkeit begeben, dann sollte er unbedingt das Radio lauter drehen. Auch das Unterhalten wird dann schon ein bißchen anstrengend.

Da hilft nur noch Schweigen und die Betrachtung der ziemlich gelungenen Innenausstattung: Die Bezüge der Sportsitze haben ein hübsches Design, das Cockpit mit den weißen Instrumenten ist übersichtlich, und endlich einmal sitzt der Schalter für die Warnblinkanlage dort, wo er auch hingehört, nämlich in der Mittelkonsole - für Fahrer und Beifahrer gleichermaßen gut zu erreichen. Auf den Vordersitzen hat man ein großzügiges Raumgefühl, auf der Beifahrerseite nehmen Handschuhfach und Airbag dem Fußraum keinen Platz weg. Außerdem gleitet der Beifahrersitz automatisch nach vorne, so daß die Kinder bequem in den Fond steigen können. Die Rückbank läßt sich leicht mit einem Handgriff umklappen, dadurch vergrößert sich der Kofferraum von 277 auf 360 Liter. Von oben sorgt ein Glas-Sonnendach für viel Licht in der Fahrgastzelle; allerdings gilt es, erst einmal die Verkleidung herunterzufummeln - hier seien die Damen mit langen Fingernägeln zur Vorsicht ermahnt.

Schließlich zählen Frauen auch zur Zielgruppe, die Toyota mit dem Paseo ansprechen will. Außerdem will man das Coupé an Jüngere, Junggebliebene und Singles sowie ältere Paare und Familien verkaufen. Nicht geeignet ist der Wagen, dessen spanischer Name mit 'Promenade' oder 'Spaziergang' übersetzt wird, anscheinend nur für Jugendliche unter 18 Jahren und Herrschaften über 99. Der Paseo kostet übrigens 28 900 Mark, etwa soviel wie der Opel Tigra, ein kleines Sportcoupé mit einem wirklich unverwechselbaren Design. In diesem Jahr sollen in Deutschland jedenfalls 3500 Paseo verkauft werden. Bei der großen Zielgruppe sollte das machbar sein - denn schließlich verkauft sich auch die CD mit den Liedern, die die Welt nicht braucht, gar nicht schlecht.

Von Petra Payer

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