Toyota Paseo Cabriolet:Schwerer Stand ohne markantes Gesicht

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Auch wenn der 2+2-Sitzer aus Japan geschlossen eine gute Figur macht, bleibt er insgesamt ein schmuckloses Gefährt

(SZ vom 05.04.1997) Von weitem betrachtet, ist man sich nicht sicher: Kommt dort ein Ford herangefahren, ein Suzuki vielleicht oder ein Cabriolet aus Korea? Erst aus der Nähe hilft das Toyota-Emblem auf der Fronthaube ihn zu identifizieren: als neuen Paseo mit Faltdach. Daraus wird die Misere aller kleinen Cabriolets deutlich, die von ihren Großserien-Brüdern und -Schwestern abgeleitet sind. Die offenen Fiat Punto, Suzuki Swift und nun auch der Toyota Paseo werben mit Frischluft-Flair, "machen aber nichts her", wie der Volksmund sagt.

Am Toyota Paseo Cabriolet vermißt man vorne das markante Gesicht. Auch hinten bleibt dem Auge wenig Orientierungshilfe. Der kleine Spoiler auf der Heckklappe mutet an wie ein Relikt aus längst vergangener Zeit. Auch im Interieur haben Toyota-Designer sich wenig Mühe gegeben. Das funktionelle Cockpit stammt unverändert aus dem Paseo Coupé und verbreitet eines mit aller Konsequenz: triste Stimmung in Grau.

Wichtigstes funktionelles Detail eines offenen Autos ist zweifellos das Faltdach. Im Toyota Paseo Cabriolet macht es geschlossen eine gute Figur und verschwindet zusammengefaltet nahezu bündig hinter den beiden Notsitzen im Fond. Dazu entriegelt man zwei Hebel am Windschutzscheibenrahmen und klappt das Dach zurück, was sehr leicht zu handhaben ist. Dann aber muß die Persenning übergezogen werden, und der Spaß ist vorbei. Sie läßt sich nämlich nicht einfach so festknöpfen, sondern muß auch unter der Heckklappe befestigt werden, die dazu erst einmal geöffnet werden muß.

Beim Fahren macht das Paseo Cabriolet eine gute Figur. Sein 1,5-Liter-Vierzylindermotor stellt mit 66 kW (90 PS) ausreichend Leistung bereit, um flott unterwegs zu sein. Wenngleich man den 16-Ventiler fleißig schalten muß, weil er unter 2500 Touren einen nur wenig agilen Eindruck hinterläßt, erreicht er seine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h mühelos. Seine komfortable Fahrwerksabstimmung gefällt, der Paseo läßt sich problemlos handhaben. Gute Fahreigenschaften gehören bei Toyota zur Tradition. Allein das geschlossene Dach wird die Passagiere davon abhalten, auf der Autobahn zügig mitzuschwimmen. Denn die Windgeräusche werden bei zunehmendem Tempo unverhältnismäßig laut.

Das Paseo Cabriolet kommt in Europa nur auf den deutschen Markt. Seit 14. März steht es bei rund 800 deutschen Toyota-Händlern, dürfte aber nicht allzu große Freude bereiten. Denn für 37 940 Mark erhält der Kunde zwar eine zeitgemäße Sicherheitsausstattung inklusive zweier Airbags, Automatik-Sicherheitsgurten mit Gurtstraffer vorne und Vier-Sensoren-ABS-Bremsanlage. Für den Komfort sorgen elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung und elektrisch einstellbare Außenspiegel. Doch für einen vergleichbaren Preis erhält der Kunde auch Cabriolets der Kompaktklasse mit europäischen Markenemblemen, die im Fond mehr Komfort bieten. Auf die Rücksitze des Cabrios mit sehr steil stehenden Lehnen möchte man selbst halbwüchsige Kinder nicht placieren.

Daß der recht hohe Preis mit den Reisekosten zusammenhängt, die der offene Toyota verursacht, wird bestritten. Da reist das Paseo Coupé aus seiner japanischen Produktionsstätte zunächst nach Nordamerika zum Cabriolet-Spezialisten ASC, der auch den Toyota Celica zum offenen Fahrzeug umschneidert. Danach geht es wieder auf das Schiff nach Japan, wird in der Heimat komplettiert und tritt die lange Reise nach Europa an. Letztlich vergehen rund sechs Monate, um einen Paseo zu bauen, aufzuschneiden und beim deutschen Händler abzuliefern. Ob sich die Mühe lohnt?

Letztlich finden wir beim Toyota-Händler ein 4,20 Meter langes, recht schmuckloses Cabriolet vor, das zwei Personen auf Kurzstrecken genügt. Verreisen kann man nur mit kleinem Gepäck, weil der Kofferraum nicht mehr als 200 Liter faßt. Und auf den umgeklappten Fondsitzen mag man in einem offenen Auto nichts verstauen. 2000 Einheiten möchte Toyota im Jahr verkaufen. Da wünscht man den Händlern gute Argumente.

Von Jürgen Zöllter

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