Toyota Landcruiser:Manches ist unmöglich

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Auch angeblichen Kletterkünstlern bietet der Winter Einhalt

(SZ vom 19.12.1992) Was ist das Wichtigste an einem Geländewagen? Der Allradantrieb. Falsch. Die Sperrdifferentiale? Auch nicht richtig. Dabei liegt die Antwort doch auf der Hand: die Lederausstattung und die Klimaanlage. Denn an Geländewagen der Luxusklasse werden immer häufiger die gleichen Ansprüche gestellt wie an eine edle Limousine. Diesem Trend zum Luxus im Arbeitsgewand eines Allradfahrzeuges kann sich natürlich auch Toyota nicht verschließen und schickt eine komplett ausstaffierte Version des Landcruiser Station auf den Markt, die sich mit dem Zusatz special schmücken darf. Eine Lederausstattung, ausklappbare Armlehnen, eine umklappbare Rücksitzbank, deren Lehne in er Neigung verstellbar ist, sind einige der Features, die den special von der Normalausführung unterscheiden. Und natürlich der Preis: Er ist mit 80 120 Mark um gut 8000 Mark teurer.

Doch Leder hin, Luxus her, einer der Hauptbeweggründe, sich einen Geländewagen anzuschaffen, ist dessen Fähigkeit, dort weiterzukommen, wo normale Pkw auf der Strecke bleiben: bei extremen Wetter- und Straßenbedingungen oder im Gelände abseits befestigter Straßen. Und natürlich darf auch ein Luxus-Landcruiser nichts von diesen Off-road-Fähigkeiten eingebüßt haben. Dies zu beweisen, lud der Hersteller in die andorranische Bergwelt ein, wo der Landcruiser alte Schmugglerpfade bis hinauf auf über 2000 Meter erklimmen sollte. Leider wurde aus der Veranstaltung ein Wandertag - und ein Beleg dafür, daß sich auch mit dem Werbespruch 'Nichts ist unmöglich' die Gesetze der Physik nicht überlisten lassen.

Ein überraschender Wintereinbruch über Nacht hatte die Wege mit 20 Zentimter Schnee gepudert - und die Landcruiser blieben nach den ersten Serpentinen hiflos liegen wie ein Maikäfer auf dem Rücken. Nur die ersten Fahrzeuge des Konvois fanden im frischen Tiefschnee noch einen halbwegs griffigen Untergrund vor, der für die nachfolgenden Fahrzeuge zu einer rutschigen Piste, die Schlittschuhläufern gefallen hätte, zusammengefahren worden war. Trotz permanenten Allradantriebs und Geländeuntersetzung ging nichts mehr - die beinahe zweieinhalb Tonnen schweren Kolosse rutschten rückwärts - als Bremse diente häufig ein Felsblock oder ein Baumstumpf oder einfach der Hang, um nicht in die Schlucht zu stürzen. Was fehlte, waren schlicht und einfach Winterreifen oder Schneeketten. Diese nicht dabei zu haben, war allerdings kein Versäumnis der Veranstalter - entsprechende Traktionshilfen gibt es für den Landcruiser Station special nicht. Weil er Reifen der Dimension 275/70 R 16 besitzt, die so selten ist, daß kein Pneufabrikant der Welt daran denken würde, dafür eine Kleinst-Serie Winterreifen aufzulegen. So blieben die Autos stehen und die Journalistenschar marschierte zu Fuß ins Tal. Vielleicht hätte man doch besser auf bergerfahrene Kollegen gehört, die nicht glauben können, daß in 2500 Meter Höhe die Sonne scheinen soll, wenn auf 1500 Meter Schneetreiben herrscht.

Aber was soll's, der Käufer eines Landcruiser ist in der Regel damit zufrieden, sich in den Ledersessel zu lümmeln und über den Boulevard oder die Autobahn zu reiten.

Von Otto Fritscher

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