Tipps vom Profi:Rutsch-Partie

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Wie man im Winter sicher auf vier Rädern unterwegs ist, weiß der zweifache Rallye-Weltmeister Walter Röhrl am besten.

Ulrich Bethscheider-Kieser

Was des Skifahrers Freud, ist des Autofahrers Leid. Schnee und Eis machen eine Autofahrt leicht zur unkalkulierbaren Rutschpartie mit vielen Risiken. Wenn der erste Schnee die Landschaft weiß färbt, häufen sich auf den Straßen die Unfälle.

(Foto: N/A)

Schuld daran sind jedoch nicht nur die winterlichen Witterungsbedingungen. Wenn das Auto nicht für diese Straßenverhältnisse vorbereitet ist und der Fahrer sich unsicher auf dem rutschigen Parkett bewegt, ist die Gefahr eines Unfalls groß.

Die Ausstattung des Autos mit Winterreifen ist eine Sache, doch unabhängig von der Technik müssen sich die Autofahrer auf die geänderten Verhältnisse einstellen. Ex-Rallye-Weltmeister Walter Röhrl weiß, wovon er spricht: "Die Autofahrer müssen vor allem die Geschwindigkeit anpassen."

Wer bei Schnee und Eis schnell fährt, landet auch schnell neben der Straße. "Wenn die Haftung auf trockenem Beton beim Faktor 100 Prozent liegt, dann finden die Reifen des Autos auf einer schneebedeckten Straße nur noch 30 Prozent Haftung", erläutert Röhrl.

Vor Fahrtbeginn das Auto von Schnee und Eis befreien

Wer nur ein Guckloch freikratzt, kann bei einem Unfall mit schuld sein. Ebenso müssen die Scheinwerfer korrekt eingestellt sein, damit der Gegenverkehr nicht geblendet wird. Außerdem möchten die Scheinwerfer jetzt häufiger gereinigt werden, sie bekommen im Winter schließlich auch mehr Dreck ab.

Vor dem Einsteigen ins Auto sollten die Schuhe gründlich abgeklopft werden. Die Feuchtigkeit, die mit dem Schnee an den Schuhen ins Auto getragen wird, verstärkt das Beschlagen der Scheiben. Mehr denn je ist jetzt auch eine vorausschauende Fahrweise nötig.

Gebührender Sicherheitsabstand - das gilt auch, wenn ein Schneepflug vorausfährt - ist eine Grundvoraussetzung, um sicher ans Ziel zu kommen.

Winterreifen, angepasstes Tempo und vorausschauende Fahrweise lauten also die Grundempfehlungen.

Dennoch kann das Auto instabil werden. Das heißt: Schieben über die Vorderräder, Ausbrechen oder Schwänzeln des Hecks beim Beschleunigen oder hartem Zurückschalten

Gegenlenken

In einer solchen Situation ist es ratsam, sofort die Kupplung zu treten. Dadurch können auch die Antriebsräder frei drehen, das Auto stabilisiert sich schneller.

Als nächstes ist eine schnelle Reaktion am Lenkrad gefordert, nämlich Gegenlenken. Weniger ist hierbei eindeutig mehr. Wer in Panik gerät und das Lenkrad zu weit herumreißt, überspannt den Bogen: Die Räder stehen so quer zur Fahrtrichtung, dass sie keine Lenkkräfte übertragen können. Oder sie bekommen nach einer kurzen Phase des Rutschens so viel Grip, daß das Auto erst recht ausbricht.

Profis empfehlen daher, schnell, aber begrenzt gegenzulenken: "Eine Viertel-Lenkradumdrehung reicht meist", sagt Röhrl. Wegen der glatten Straße glaubt man zwar, dass das nicht langt, doch nach einem kurzen Moment fährt das Auto, wohin es soll.

Bremsen ist generell vor der Kurve sicherer als in der Kurve

Wer also vor der ersten Lenkbewegung sein Tempo gedrosselt hat, kommt besser um die Kurve. Vom Motormoment befreite Räder können höhere Lenk- und Seitenführungskräfte übertragen.

Die meisten modernen Autos sind heute serienmäßig mit ABS ausgestattet. Im Notfall sollte schnell und hart aufs Bremspedal getreten werden, damit möglichst viel Bewegungsenergie vernichtet wird. Das Fahrzeug bleibt trotzdem lenkbar, man kann also noch versuchen, um das Hindernis herum zu lenken, wenn man merkt, dass der Bremsweg nicht reicht.

Bei Fahrzeugen ohne ABS bleibt die Stotterbremse bei getretener Kupplung die richtige Methode, um möglichst gut zu bremsen und dabei auch noch etwas lenken zu können.

Fahrsicherheitstrainings

Fahrsicherheitstrainings der Automobilclubs oder Autohersteller bieten die Möglichkeit, das Fahrverhalten des Autos auf Schnee und Eis zu trainieren. Auf Folien werden hier Eis und Schnee simuliert, ohne dass die Teilnehmer einen Unfall riskieren.

Und dann gibt es da noch die kleinen Raffinessen, mit denen es in Extremsituationen doch noch etwas weiter geht.

Fronttriebler kommen beispielsweise rückwärts besser einen Steilhang hoch als vorwärts, weil so die Antriebsräder besser belastet sind. Und im zweiten Gang ist das Anfahren auf glattem Untergrund wesentlich einfacher als im ersten, weil dann die Antriebsräder nicht mehr so schnell durchdrehen.

"Bei Schnee müssen alle Manöver gefühlvoller sein", erklärt Rallye-Profi Röhrl, "das heißt also, gefühlvoller lenken, Gas geben und bremsen." Doch auch die rücksichtsvollste Fahrweise kommt irgendwann an ihre Grenze. "Bei Glatteis", erklärt Röhrl, "nützen auch Winterreifen nichts mehr. Dann lässt man das Auto besser stehen."

Quelle: autocert.de

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