Technik: Panoramadächer:Luke ade

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Sie galten früher als Statussymbol von Luxuslimousinen. Doch die Schiebedächer haben ausgedient in Zeiten stetig kühlender Klimaanlagen. Der sonnenhungrige Kunde entscheidet sich immer öfter für ein Panoramadach.

Von Stefan Grundhoff

Das Ende ist abzusehen. Seit Jahren gehen die Ausrüstungsquoten der Schiebedächer zurück. In den 50er und 60er Jahren sorgte ein Schiebedach in einer eleganten Limousine noch für ernsthafte Neidgefühle bei den Nachbarn. Wer etwas auf sich hielt, der bestellte seinen Ford oder seinen Opel mit Vinylmütze - und vielleicht sogar noch mit einem Schiebedach.

Garantiert mechanisch: Schiebedach an einem alten Mercedes-Coupé (Foto: Foto:)

Das Luxusextra von einst wurde bald zum Massenprodukt und hielt Einzug in nahezu alle Fahrzeugklassen. Im Laufe der Jahre wurden die Dächer besser, langlebiger und ihre Bedienung elektrisch. Per Knopfdruck öffnete sich das Dachfenster und versorgte den Innenraum mit Licht und Frischluft. Gerade bei schnellerem Tempo eine sinnvolle Alternative zu den Seitenfenstern, die ein Gespräch während der Fahrt meist unmöglich machten.

Doch die Schiebedächer dienten nicht nur Luftzufuhr und Sonnengenuss, sondern "übernahmen" auch andere Aufgaben. Wer seinen Schlüssel versehentlich im verschlossenen Auto stecken ließ, gelangte mitunter durch schweißtreibende Kletterei wieder in den Innenraum. Andere stellten sich auf den Beifahrersitz und huldigten bei diversen Feierlichkeiten der Menge durch die Öffnung im Dach.

Dächer zur Sonne

In den 80er Jahren kamen die ersten Sonnendächer auf den Markt. Für ein paar hundert D-Mark eine willkommene Möglichkeit, das fehlende Schiebedach durch eine Nachrüstlösung zu ersetzen. Doch die Sonnendächer der ersten Generation waren zumeist klein und nicht allzu wirkungsvoll. Sie ließen sich zudem oft nicht komplett öffnen, sondern hatten nur eine Aufstellfunktion. Immerhin sorgten die getönten Glasluken für Licht im Innenraum.

Die sich zunehmend auf dem Markt etablierenden Klimaanlagen machten dann sowohl Schiebe- als auch Sonnendächern schwer zu schaffen. Doch die Kreativ- und Marketingabteilungen der Automobilhersteller wollten den Ausblick nach oben nicht sterben sehen.

Getreu dem Motto "Lass' die Sonne rein" kam man besonders im sonnenhungrigen Europa auf die Idee, dass ein Dach ja nicht unbedingt aus Stahl sein müsste. Ein mächtiges Glasdach ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmale zur Konkurrenz.

Und viel Licht im Innenraum ist in jedem Fall wieder einmal etwas Neues - und zudem Angenehmes. Im Gegensatz zu den Rolldächern von Citroen 2 CV oder Renault R4 konnte man damit einen lichtdurchfluteten Innenraum nun auch bei schlechtem Wetter genießen.

Die Peugeot-Welle

So war Peugeot mit dem "familiären" 307 SW einer der ersten, der das überdimensionale Sonnendach für sich entdeckte. Durch das rund 1,3 Quadratmeter große Dach kommt viel Licht in den Innenraum. Da freuen sich die Personen in der zweiten oder dritten Reihe, die so manche Stadtrundfahrt mit völlig neuen Ausblicken genießen können. Bei schlechtem Wetter kann man beim Peugeot 307 SW wie bei allen anderen Sonnenanbetern das Glasdach elektrisch mit einer Jalousie verschließen.

Auf der Peugeot-Welle ritten in den vergangenen Jahren viele Hersteller. Die Mercedes-A-Klasse bietet sogar zwei Varianten: Trotz der serienmäßigen Klimaanlage gibt es statt des bei Mercedes lange Jahre heiß geliebten Schiebedachs für einen Aufpreis von 638 Euro ein großes Sonnendach - oder für 1090 Euro das beliebte Lamellendach. Im Gegensatz zu den puren Sonnendächern lässt sich das elektrisch öffnen.

Viele der Schiebedach-Liebhaber können sich mit den überdimensionalen Dachfenstern nicht anfreunden. Denn aus Stabilitätsgründen lassen sich diese meist gar nicht oder - wie beim BMW 3er-Touring - allenfalls eingeschränkt öffnen. Das eigentliche Innenraumerlebnis ist daher nur ein Visuelles.

Aufwändige Konstruktionen

Am eindrucksvollsten offenbart sich das neue Innenraumgefühl beim sportlichen Opel Astra GTC. Wer hier das 1395 Euro teure Panoramadach ordert, hat ein ganz neues Fahr- und Sitzgefühl. Es wirkt gerade abends wie bei einem Targa, der einem nach oben alle Möglichkeiten offen hält. Hier gibt es nicht einmal mehr einen sichtbaren Windschutzscheibenrahmen. Allein der eingesetzte Rückspiegel erinnert an das aufwändige Glaskonstrukt, das übrigens aus Südamerika importiert wird.

Die Panoramadächer sind technisch aufwändig kreiert. Schließlich sind die meisten Dachluken mehr als einen Quadratmeter groß und müssen daher wichtige Dachfunktionen übernehmen. Insbesondere Stabilität und Karosseriesteifigkeit dürfen durch den Ersatz der Stahlhaube nicht leiden. Besonders wichtig bei Sportwagen wie dem Alfa Romeo Brera, der nur noch mit dem Sky-View-Dach produziert wird.

Doch wer die Innenlamellen öffnen und den Ausblick genießen will, muss je nach Modell zwischen 1300 und 1600 Euro bezahlen.

Lichte Cabrios

In den 90er Jahren entdeckten sogar die Cabriohersteller die lichtdurchlässigen Dächer für sich. Modelle wie der die Coupe-Cabrio-Versionen von VW Eos, Nissan Micra oder Renault Mégane bieten selbst bei geschlossenem Dach Open-Air-Gefühle - dank lichtdurchlässiger Cabriodächer.

Doch der Trend ist nicht aufzuhalten. Gerade in den volumenstarken Baureihen scheint das Ende der Schiebedächer nahe. Allenfalls im Luxussegment von Coupés und Limousinen haben die traditionellen Dachluken noch nennenswerte Ausstattungsquoten.

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