Suzuki Ignis:Gut gerührt, aber auch geschüttelt

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Der kurze Radstand und das straff abgestimmte Fahrwerk beeinträchtigen den Komfort

(SZ vom 21.10.2000) Normalerweise hat ein Autohersteller eine ganz bestimmte Zielgruppe im Visier, wenn er ein neues Modell auf die Räder stellt. Die Marketing-Strategen von Suzuki machen es sich da einfacher: Der neue Ignis soll in die Rolle eines mobilen Musketiers schlüpfen und im Namen des japanischen Herstellers dem verehrten Publikum auf der Straße draußen die Botschaft künden: "Ich bin einer für alle. " Diese schlichte Aussage begründet Suzuki mit dem Cocktail, den Designer und Ingenieure im Fall des Ignis angerührt haben. Durch seine Abmessungen von 3,62 Meter hat er zweifellos die Knackigkeit eines Kleinwagens, die höhergelegte Karosserie verströmt den Geschmack eines Mini-Geländewagens und die Karosserieform bringt als solide, aber wenig aufregende Geschmacksnote die Elemente eines Kombis ein. Was fehlt, ist ein Schuss Exotik, der das automobile Fernweh in die heimische Garage bringen würde.

Denn bei einer ersten Begegnung auf den Straßen zwischen Purfing und Moos wusste der Neuling in der mittlerweile etwas betagten Suzuki-Modellpalette zwar durch verschiedene Qualitäten zu überzeugen, aber ein Auto für alle ist er natürlich dennoch nicht. Manchen sind gut dreieinhalb Meter Auto einfach zu kurz, anderen sind 21 900 Mark einfach zu günstig. Wer aber einen variablen Kleinwagen sucht, dem die Ingenieure tatsächlich die Gene eines Geländewagens eingepflanzt haben, der könnte im Ignis einen Partner finden.

Für Aufsehen in der Nachbarschaft wird dieser Partnerwechsel aber wohl kaum sorgen - dazu ist das Blechkleid des Ignis zu unauffällig. Suzuki glaubt zwar, dass man ihn auch für ein europäisches Auto halten könnte, aber da haben die japanischen Designer wohl noch nicht viel mehr von Europa gesehen als Neuschwanstein. Immerhin hat der Ignis einige auflockernde Details, die anderen Kleinwagen japanischer Provenienz gänzlich fehlen: das im Stil des Audi allroad mit Längsrippen profilierte Dach und die hoch angeordneten Leuchteinheiten am Heck.

Im Innenraum begrüßen den Einsteiger graue Plastikverkleidungen rundum, immerhin verbreiten die gesprenkelten Sitzbezüge ein wenig Frohsinn. Die Armaturen halten sich mit vier Anzeigen für das Nötigste (Tachometer, Drehzahlmesser, Tankinhalt und Kühlmitteltemperatur) vornehm zurück. Ablagen wären eigentlich reichlich vorhanden, nur sind sie ungeschickt angeordnet: Den praktischen Platz zwischen den beiden Vordersitzen beschlagnahmt die Handbremse, so bleiben Mini-Fächer in den Türen und der Ablagestreifen, der sich über die gesamte Breite unterhalb des Armaturenbretts hinzieht. Dort sind auch die beiden Becherhalter angebracht. Den linken kann man herausnehmen, dann hält man eine Art Sammelgefäß in der Hand, mit dem für mehr Ausstattung auf Kollekte gehen könnte.

Doch viel würde man nicht brauchen, denn der Ignis ist für einen Kleinwagen sehr reichhaltig bestückt: Servolenkung, ABS, zwei Airbags, elektrische Fensterheber und Zentralverriegelung sind serienmäßig. Sogar zwei Schminkspiegel gibt es ohne Aufpreis, ebenso wie das als Komfort-Liegesitze bezeichnete Gestühl vorne, das für Großgewachsene auf längeren Strecken zu einem Folterstuhl werden dürfte. Normalwüchsige sind mit dem Sitzkomfort zufrieden, nur auf den Rücksitzen des für fünf Personen zugelassenen Kleinwagens geht es so eng zu wie in einem Bierzelt auf dem Oktoberfest.

Der Kofferraum reicht im Normalfall gerade für drei Getränkekisten, kann aber durch Umklappen auf 419 Liter Fassungsvermögen erweitert werden. Zwei Karosserievarianten haben die Japaner im Angebot, eine mit drei, die andere mit fünf Türen. Der Dreitürer sieht nicht nur schicker aus, er erleichtert dank der breiteren Türen vorne das Ein- und Aussteigen ungemein. Auch die Rundumsicht ist dank größerer Seitenscheiben besser.

Als Antriebsquelle hat Suzuki einen neuentwickelten 1,3-Liter-Vierzylindermotor eingebaut, der 61 kW (83 PS) leistet: ein munteres Kerlchen, das im unteren und mittleren Drehzahlbereich für flotten Vortrieb sorgt und sich dabei akustisch angenehm zurückhält - für einen Kleinwagen wohlgemerkt. Erst bei Tempi oberhalb von 140 km/h kämpft der Motor immer zäher mit den Kräften des Gegenwindes, bis er bei 160 km/h kapituliert. Der übliche Spurt von Null auf 100 km/h ist in 11,4 Sekunden möglich und der durchschnittliche Verbrauch von Super beträgt 6,4 Liter für die zweiradgetriebene Variante und 6,9 Liter für den Allradler. Der Aufpreis auf diesen fällt mit 1900 Mark moderat aus.

Der Fahrkomfort ist generell in Ordnung, nur auf schlechten Strecken schüttelt das straff abgestimmte Fahrwerk die Passagiere zu stark durch. Auf der Autobahn sorgt der kurze Radstand manchmal für Tauchbewegungen des Aufbaus, die das Wohlbefinden auf langen Distanzen beeinträchtigen können.

Mit seinem Preis-/Leistungsverhältnis braucht sich der Ignis nicht vor seinen Wettbewerbern à la Mazda Demio, Nissan Micra oder Toyota Yaris zu verstecken. Der Dreitürer kostet 21 900 Mark, der Fünftürer ist 500 Mark teurer. Damit ist der Ignis zwischen 2000 und 5000 Mark günstiger als vergleichbare Autos. Suzuki will pro Jahr 5000 Exemplare in Deutschland absetzen und erhofft sich so vom Ignis eine neue Zündung für das Geschäft, das in diesem Jahr rückläufig sein wird.

Von Otto Fritscher

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