Straßenverkehr:Verrohung auf dem Asphalt

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Auf den Straßen herrschen nach Einschätzung eines Verkehrsexperten immer rohere und rücksichtslosere Sitten. "Besonders schlimm ist es nach den neuesten statistischen Zahlen am Freitagnachmittag", sagte der Diplompsychologe.

"Weil trotz hohen Verkehrsaufkommens jeder möglichst schnell ins Wochenende oder nach Hause will, steigt die Aggressivität von Fahrern zu diesen Stoßzeiten um bis zu 400 Prozent", erklärte Hendrik Caspar, der Leiter der Begutachtungsstelle für Fahreignung beim Karlsruher Institut für Arbeits- und Sozialhygiene Stiftung (IAS).

Caspar sieht seine eigenen Erfahrungen durch eine Studie der Universität Würzburg bestätigt, die das Verhalten von Verkehrsteilnehmern in der ganzen Republik untersucht hat.

Dreimal so viele Autos

Als Kernproblem der steigenden Aggressivität bezeichnete er die Verdreifachung von Fahrzeugen und Verkehr seit 1970. "Unter diesen Voraussetzungen sind Konfliktsituationen auf Straßen und Autobahnen nahezu programmiert. Zunehmende Verkehrsströme erzeugen zunehmende Aggression."

Caspar bezieht sich dabei auf die aktuellen Daten der Flensburger "Verkehrssünderkartei". Danach ist die Zahl der Eintragungen zwischen 2003 und 2004 um 7,7 Prozent gestiegen.

Problemfall Mann

Sorgenkinder sind für den Psychologen vor allem die Männer. "Von den rund 7,6 Millionen im Flensburger Zentralregister erfassten Personen sind 6,2 Millionen männlich", berichtete Caspar. "Und von den etwa 45.000 aktenkundig gewordenen Nötigungsdelikten gehen fast 100 Prozent auf die Kappe männlicher Verkehrsteilnehmer."

Die aggressivsten Drängler und Raser seien nach neuesten Erhebungen Verkehrsteilnehmer zwischen 18 und 25 Jahre. Wie aus Befragungen hervorgehe, beurteilten sich über 40 Prozent von ihnen als "überdurchschnittlich häufig gestresst". Laut Statistik seien Frauen zwischen 41 und 60 Jahren am unauffälligsten.

"Herrscher über Zeit und Raum"

Die Polizei hat es nach Caspars Angaben am häufigsten mit Geschwindigkeitsüberschreitungen zu tun. Neben der Gruppe der 18- bis 25-jährigen Autofahrer fielen dabei häufig auch ältere Vielfahrer auf. Sie seien mit teuren Fahrzeugen auf den Autobahnen unterwegs und vermittelten vielfach den Eindruck, "Herrscher über Zeit und Raum" zu sein.

Nach Angaben des Experten beeinflusst bereits die Stimmung des jeweiligen Autofahrers auf dem Weg zur Arbeit die Fahrweise: "Wer nach Streitereien mit Familienangehörigen oder im Beruf in sein Fahrzeug steigt, nimmt seine Probleme mit."

In den Gesprächen mit seinen Probanden habe er zudem festgestellt, dass viele von ihnen Verkehrsregeln einfach nicht so ernst nähmen wie andere Gesetze.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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