Staat langt beim Tanken kräftiger zu:Autofahren wird deutlich teurer

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Die Spritpreise steigen 2007 um bis zu sieben Cent. Die Konzerne verweisen auf die höhere Mehrwertsteuer und neue Regeln für Biokraftstoffe. Verbraucherverbände meinen hingegen, sie nutzten die Gelegenheit, um ihre Gewinne zu erhöhen.

Von Corinna Nohn und Gerd Zitzelsberger

Wegen der höheren Mehrwertsteuer und der angeordneten Beimischung von Biokraftstoffen werden die Preise für Benzin und Diesel zum 1. Januar kräftig steigen, kündigte die Mineralölbranche an. Verbraucherverbände meinen hingegen, die Konzerne nutzten die Gelegenheit, um ihre Gewinne zu erhöhen.

"Allein die höhere Mehrwertsteuer treibt den Benzinpreis um drei bis vier Cent nach oben", sagte eine Sprecherin des Mineralölwirtschaftsverbands der Süddeutschen Zeitung. Darüber hinaus wirke sich die staatlich vorgeschriebene Beimischung von Biokraftstoffen auf den Preis aus. "Es müssen künftig Benzin und Diesel teure Biokomponenten beigemischt werden", so die Sprecherin.

Voll zu versteuern

Ethanol, das Benzin beigemischt wird, sei unter Berücksichtigung des Energiegehalts drei Mal so teuer wie unversteuertes Superbenzin, Biodiesel koste doppelt so viel wie herkömmlicher Dieselkraftstoff. Außerdem müssten die Biokraftstoffe künftig voll versteuert werden. Bis zum 31. Juli dieses Jahres waren beigemischte Biokraftstoffe von der Mineralölsteuer befreit, seit dem 1. August werden sie leicht besteuert.

Auf lange Sicht, so der Verband, würden die Verbraucher die Extra-Kosten tragen. Wie stark die Preise an den Tankstellen zum 1. Januar tatsächlich steigen, entscheide aber allein der Wettbewerb. Michel Mallet, Deutschlandchef des Mineralölkonzerns Total, hatte in einem Interview mit der Berliner Zeitung angekündigt, dass die Benzinpreise zum 1. Januar um fünf bis sieben Prozent zulegen.

Auch Shell geht davon aus, dass Benzin und Diesel teurer werden. Wie stark die Preise steigen, hänge aber vom Wettbewerb ab, teilte der Konzern mit. Der österreichische OMV-Konzern, der im süddeutschen Raum zahlreiche Tankstellen betreibt, rechnet mit einem Preisanstieg von fünf Cent.

Rohöl billiger

Kein Wort verliert die Mineralölbranche allerdings darüber, dass der Steuererhöhung niedrigere Rohöl-Preise gegenüberstehen. Seit dem Rekord vom vergangenen Juli - damals notierte das Barrel (159 Liter) bei 78,40 Dollar - haben sich die Rohölpreise um 17 Dollar ermäßigt. Über die vergangenen zwölf Monate gerechnet, ist der Preis ebenfalls leicht gesunken. Am Mittwoch notierten die beiden internationalen Leitsorten WTI und Brent jeweils bei "nur" noch knapp über 61 Dollar pro Barrel. Zu Jahresbeginn hatten die Preise etwa 63 Dollar pro Barrel betragen.

Für die Europäer kommt hinzu, dass in den vergangenen Monaten der Dollar erheblich abgewertet hat. In Euro gerechnet, ist deshalb Rohöl derzeit um etwa zwölf Prozent billiger als Anfang des Jahres 2006.

Die vergleichsweise günstige Situation bei den Einkaufspreisen für Rohöl geht zu einem guten Teil auf den bislang außergewöhnlich milden Winter zurück. Der amerikanischen Wetterdienst sagte, die Nachfrage nach Energie zum Heizen dürfte in den USA in dieser Woche um 23 Prozent unter dem üblichen Niveau liegen. Auch für die nächsten Tage rechnen die Experten wetterbedingt mit einer weiter niedrigen Nachfrage nach Heizöl.

"Jedes Argument, um die Preise zu erhöhen"

Zur derzeit vergleichsweise entspannten Lage auf dem Ölmarkt trägt auch bei, dass es mittlerweile weit weniger spekulative Öl-Käufe gibt als noch vor einem halben Jahr. Die Hedge-Fonds fürchten, dass die Abschwächung der amerikanischen Konjunktur die weltweite Öl-Nachfrage dämpfen dürfte. Sie verweisen auch darauf, dass es inzwischen wieder ungenutzte Förderkapazitäten nennenswerter Größe in Saudi-Arabien und einigen anderen großen Öl-Staaten gibt.

Auch deshalb hält der Automobilclub AvD die angekündigten Preiserhöhungen für übertrieben. "Die Mineralölkonzerne nutzen jedes Argument, um die Preise zu erhöhen", so der Verband. Es werde zudem vergessen, dass die Konzerne die bisher bestehenden Steuervorteile nicht an die Kunden weitergegeben hätten. "Vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Juli waren die beigemischten Biokraftstoffe von der Mineralölsteuer befreit - die Konzerne haben deswegen aber nie die Preise gesenkt."

Außerdem könnte die Branche angesichts der momentanen Spritpreise zumindest die Erhöhung der Mehrwertsteuer leicht auffangen. "Beim Benzinpreis besteht durchaus noch ein Spielraum von fünf Cent", sagte der AvD-Sprecher und verwies auf den Lebensmitteldiscounter Aldi, der trotz des harten Wettbewerbs im Einzelhandel die höhere Mehrwertsteuer nicht an die Kunden weitergeben will.

Eine klare Rechnung macht Jürgen Albrecht auf, Referent für Verkehrspolitik beim ADAC: "Nach unseren Rechnungen sind alle Erhöhungen, die mehr als fünf Cent betragen, reiner Profit der Mineralölkonzerne." Darüber hinaus bestehe bei Diesel bereits seit dem 1. August die Pflicht, Biokomponenten beizumischen, die seitdem auch schon leicht besteuert würden. "Dadurch fällt die höhere Besteuerung zum 1. Januar beim Diesel gar nicht mehr so stark ins Gewicht", urteilt Albrecht.

© SZ vom 28. 12. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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