Sport-Roadster YES:Bullige Boliden aus dem Hangar

Lesezeit: 3 min

Schnell, exotisch, aber straßentauglich: Die Funke & Will AG baut in Sachsen den Sport-Roadster YES - mit dem sie mehr und mehr auf den Markt drängt.

Von Steffen Uhlmann

Geduckt wie eine Raubkatze vor dem Sprung liegt der nicht mal vier Meter lange und kaum mehr als 1,20 Meter hohe Roadster an der Startbahnkante des ehemaligen russischen Flugplatzes von Großenhain in Sachsen.

Der Sportwagen YES: Das Kürzel steht für Young Engineers Sportscar. Die Konstrukteure verzichten dabei auf zu viel Beiwerk. (Foto: Foto: Hersteller)

Der Motor knurrt ungeduldig, dann gibt Philipp Will die Kupplung frei. Der silbergraue Bolide stürzt los. In vier Sekunden hat er die Hundertermarke erreicht. Acht Sekunden später lässt die Tachoanzeige die 200-Stundenkilometer-Grenze hinter sich.

Nach 25 Sekunden zittert die Nadel an der 260er-Marke, für Will das Signal, hart auf die Bremse zu treten. Das Ende der dreieinhalb Kilometer langen Startbahn kommt in Sicht.

"Autofahren pur"

Der YES, das Kürzel steht für Young Engineers Sportscar, biete "Autofahren pur", schwärmt der 34-jährige Ingenieur, einer der Väter des schicken, aber spartanisch ausgestatteten Roadsters. Keine Servolenkung, kein Antiblockiersystem oder elektronisches Stabilitätsprogramm störe den Fahrspaß.

"Wir wollten ein Auto bauen, das den Fahrer auch fordert, und haben darum auf alles Beiwerk verzichtet, was die Ursprünglichkeit des Fahrens beeinträchtigt." Will und sein Kompagnon Herbert Funke hat es aus Köln nach Großenhain in die sächsische Provinz verschlagen.

Die beiden Rheinländer gehören zu dem Häuflein von Autobauern, die in Ostdeutschland exotische, aber straßentaugliche Fahrzeuge zusammenschrauben, mit denen sie auf den Markt drängen. Dass sie das vor allem von Sachsen aus tun, hat laut Will gute Gründe.

Mangel an Fachkräften

Logistik, Umfeld und Finanzierungsbedingungen seien hier deutlich besser als anderswo. Das im traditionsreichen Autoland Sachsen vorhandene Know-how sei nach wie vor gut. Freilich habe man nach dem schnellen Wachstum in den vergangenen Jahren inzwischen Nachwuchssorgen. "Uns gehen", so Will, "hier langsam die Fachkräfte aus."

Vor zehn Jahren hatten die zwei Autofanatiker noch ganz andere Sorgen. Damals brüteten die beiden Entwickler und heutigen AG-Vorstände über ihren Diplomabschluss an der Fachhochschule Köln. Das Thema ihrer Arbeit war ein Aluminium-Fahrzeugrahmen, der mit gezielt konstruierten Deformationszonen bei geringem Gewicht ein Höchstmaß an passiver Sicherheit bieten sollte.

Der fertige Rahmen sicherte ihnen nicht nur die Note eins, er wurde auch zum Ausgangspunkt für den Sportroadster, den sie gemeinsam mit dem befreundeten Designer Oliver Schweizer entwarfen und konstruierten.

Um ihn zu bauen, fehlte den jungen Konstrukteuren allerdings nicht nur das Kapital, sondern fast alles, was eine Montage an Werkzeug, Technik und Technologie braucht. Kurzentschlossen schrieben sie drei Dutzend Vorstandsvorsitzende von Automobil- und Zulieferunternehmen an und baten um Hilfe.

32 von ihnen meldeten sich und unterstützten sie mit Know-how, Teilen, Logistik und auch mit Geld. "Der damalige VW-Vorstandschef Ferdinand Piëch hat uns einen kompletten Motor für unseren Roadster geschickt", erzählt Will. 1999, auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA), erlebte der YES seine Premiere.

Mehr als 30 Bestellungen folgten. Für Funke und Will Grund genug, die Verwirklichung ihres Traums von der eigenen "Kleinserienschmiede" in Angriff zu nehmen. Finanzpartner wurde die Stadtsparkasse Köln. "Sie hält uns auch nach dem Umzug nach Sachsen die Treue", so Will.

Zahlungskräftige Klientel

Mit 50 Mitarbeitern schrauben die YES-Erfinder im umgebauten Flugzeughangar derzeit zwischen 50 und 80 Sportroadster mit unterschiedlicher Ausführung und Preis (bis zu 85.000 Euro) zusammen -Tendenz weiter steigend. Das Vertriebsnetz wächst. "Die meisten unserer Kunden kommen schon jetzt nicht aus Deutschland" erklärt Will, der den jährlichen YES-Absatz mittelfristig auf 250 Einheiten hochfahren will.

Dabei mache man bei der Ausstattung zunehmend Konzessionen an die zahlungskräftige, zumeist aber schon ältere Klientel: "Wir bauen die Autos nach Kundenwunsch." Bessere Federung, elegante Polster, Airbag, Klimaanlage oder Navigationsgerät seien kein Problem. Fahrspaß pur habe eben viele Varianten.

Neben dem Roadster haben die Firmengründer nun auch den kleinen Campinganhänger "Paul und Paula" in das Produktionsprogramm aufgenommen. Mit dem spartanisch eingerichteten Anhänger zielen sie auf den Campermarkt im preislichen Einstiegssegement. Gerade erst aufgelegt, sind bereits 250 Exemplare des Wohnmobils verkauft worden.

Wie überhaupt die zwei Hauptaktionäre - beiden halten jeweils 42,5 Prozent an der AG, die restlichen 15 Prozent liegen in den Händen der Beteiligungsgesellschaft des Freistaates Sachsen - auf schnelles Wachstum setzen.

Ein drittes Produkt, über das Will noch nicht sprechen will, steht kurz vor der Markteinführung und eine zweite Produktionshalle kurz vor der Inbetriebnahme. Mittels einer Unternehmensanleihe, die über fünf Jahre läuft, sind sie nun dabei, zwei Millionen Euro einzusammeln "Wachstumskapital", betont Will: "Wir ticken nun mal wie eine Rennmaschine."

© SZ vom 17. 07. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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