Sommer-Löcher:Heiße Spuren

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Es ist warm - so warm, dass auf der A1 auf einer Länge von einem Kilometer die Fahrbahndecke aufgeweicht ist. Am Westhofener Kreuz wurde die Strecke deshalb bereits gesperrt.

Hans-Jörg Heims

Wer auf der Autobahn A1 von Köln nach Bremen fährt, muss viel Zeit mitbringen. Verkehrsbehinderungen auf dieser Strecke gehören zu den Standardmeldungen in den Verkehrsnachrichten.

Ein Straßenarbeiter vermisst die Spurrillen auf der Autobahn. (Foto: Foto: dpa)

Seit Jahren führt der sechsspurige Ausbau rund um das Westhofener Kreuz zu kilometerlangen Staus.

Derzeit müssen Richtung Norden fahrende Autofahrer besonders viel Geduld haben. Denn ab der Anschlussstelle Hagen Nord ist die viel befahrene Route durch das Ruhrgebiet gesperrt, und das voraussichtlich noch bis Mittwoch.

Die anhaltende Hitze hat auf einer Länge von einem Kilometer die Fahrbahndecke so aufgeweicht, dass sich bis zu 20 Zentimeter tiefe Rillen und Löcher gebildet haben.

Auch für andere Autobahnen im Bundesgebiet wurde inzwischen Hitzealarm ausgelöst, der Sperrungen oder Verkehrseinschränkungen bedeutet. So ragten verkeilte Betonteile der Autobahn A5 bei Wetterstadt in Hessen bis zu 30 Zentimeter in die Höhe.

Die Dehnungsfugen, die zwischen den einzelnen Platten Spannungen ausgleichen sollen, hatten sich bei den hohen Temperaturen in eine breiige Masse verwandelt. Die A3 von Nürnberg Richtung Würzburg war von Samstag- bis Sonntagabend wegen Sanierungsarbeiten komplett gesperrt. Und das mitten in der wichtigsten Reisezeit des Jahres.

"Bindemittel, die vor 40 Jahren im Straßenbau eingesetzt wurden, werden den heutigen Anforderungen wie dem wachsenden Verkehrsaufkommen nicht mehr gerecht", sagt Bernd Löchter vom Landesbetrieb Straßen in Nordrhein-Westfalen.

Zentimetertiefe Spurrillen

Die Asphaltschicht wird deshalb schneller weich und verformt sich. Bei Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius tagsüber und kaum Abkühlung während der Nacht heizt sich die Fahrbahndecke auf bis zu 55 Grad auf.

Wird die Fahrbahn wie derzeit auf der A1 wegen Bauarbeiten durch eine verengte Verkehrsführung extrem belastet, können sich zentimetertiefe Spurrillen im Asphalt bilden.

Tag und Nacht fräsen Straßenarbeiter nun den alten Schotterasphalt ab und fahren ihn auf Deponien. Der neue Belag wird durch das Bindemittel Bitumen zusammengehalten. Dieser Stoff, der bei der Verarbeitung von Erdöl entsteht, lasse erst ab 65 Grad in seiner Wirkung nach, sagt Löchter.

Die A1 wird am Westhofener Kreuz ohnehin gerade saniert: sie bekommt sechs Spuren. Andernorts verursachen diese witterungsbedingten Reparaturarbeiten bei Länder und Kommunen hohe zusätzliche Kosten. Dabei konnten wegen knapper Kassen an vielen Stellen noch nicht einmal die durch den langen und kalten Winter verursachten Zerstörungen an den Straßen beseitigt werden.

Auf den kommunalen Straßen in Brandenburg etwa hatten Eis und Schnee einen Schaden in Höhe von rund 120 Millionen Euro verursacht.

Für den Fall, dass sich die Meteorologen irren und es in den kommenden Tagen nicht spürbar abkühlt, prophezeit der Geschäftsführer des brandenburgischen Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher, den märkischen Kommunen ein finanzielles "Sommer-Desaster".

Ein Wetterumschwung garantiert aber nicht freie Fahrt auf den Straßen. In Hamburg war am Samstag die A24 gesperrt. Nach einem heftigen Unwetter glich die Fahrbahn einem reißenden Fluss.

© SZ vom 31.7.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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