Smart in den USA:Vorstellungsgespräch

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Die ersten Smarts sind in den USA angekommen - und absolvieren ihre Vorstellungsrunden. Der Winzling aus Stuttgart scheint neue Freunde zu finden.

Stefan Grundhoff

50.000 Testfahrten, 30.000 Interessenten und ein stattlicher Bestelleingang. Scheint so, als könnte die Markteinführung des Fortwo in den USA die Mercedes-Marke Smart endlich auf die erhoffte Erfolgsspur bringen. Bei ersten Probefahrten in Los Angeles Anfang April hatte das Publikum bereits geklatscht und begeistert den Daumen hochgereckt. Doch wie versteht sich der Smart Fortwo mit seinen neuen Nachbarn in den Vereinigten Staaten?

Sooo klein wirkt der Winzling gar nicht ... (Foto: Foto: Pressinform)

"Das wäre ein Auto für meine Frau"

Der Smart Fortwo soll trendig sein - das Marketing will es so. Doch wie sehen die Menschen auf der Straße den Smart - die, die mit Lifestyle nicht viel am Hut haben und Tag für Tag von A nach B müssen?

Ein Besuch am Großmarkt im Süden von San Francisco sorgt für die erste Überraschung. Der beleibte Jesse Pacheco arbeitet als Pförtner am Terminal Court, fährt einen alten Pick-up und wohnt die meiste Zeit in einem Motorhome auf dem Firmengelände. "Den Smart kenne ich schon", überrascht er, "ich war letzten Monat mit meiner Frau in Portugal. Da fahren die Smarts überall rum. Klasse, dass man die Dinger mit einem Motorradführerschein fahren kann."

Kleiner Irrtum, denn trotz überschaubarer Dimensionen ist ohne einen KFZ-Führerschein weder in Europa noch den USA etwas zu machen. Seine Kollegen legen die Obstkisten aus der Hand und kommen im Laufschritt. Sie glotzen ebenso wie die UPS-Kurierdienstfahrerin, die es plötzlich gar nicht mehr so eilig hat. Als es weitergehen soll, will Jesse ein Foto von dem roten Flitzer. "Habe gerade mit meiner Frau telefoniert. Ich glaube, das wäre ein Auto für meine Frau", erzählt Pacheco.

Smart in San Francisco
:Unter kalifornischer Sonne

Wir haben den Smart auf den ersten Kilometern in seiner neuen Heimat begleitet.

In der Nähe der Touristenmeile am Fishermans Wharf am Hafen von San Francisco ein zurückhaltender Empfang. Viele Touristen kennen den Smart Fortwo aus ihrer Heimat. Hier ein paar Deutsche, da Griechen und ein paar Kanadier - kein Applaus. In Kanada wird der Smart Fortwo bereits seit 2004 angeboten und wurde bisher 10.200 Mal verkauft.

Das Interesse am Smart ist groß - die Erfolgsaussichten scheinen also gut zu sein. (Foto: Foto: Pressinform)

Unterwegs im Straßengewirr von San Francisco

Im quirligen Straßengewirr von Downtwon San Francisco spielt der Fortwo seinen Größenvorteil aus. Ein Parkplatz ist schnell gefunden, bezahlen muss man trotz kompakter Abmessungen. Eine ältere Taxifahrerin lacht und klatscht dem Smart Applaus, dem Fahrer eines quietschgelben Schulbus' scheint die Wunderwaffe aus Hambach ebenfalls zu gefallen.

Dann die erste Begegnung mit einem indirekten Konkurrenten - einem Scion xB. Der amerikanische Toyota-Ableger setzt als einer von wenigen auf kleine Autos mit Pfiff. Kantig, spaßig und trendig. Der Smart wirkt hinter dem grauen Scion trotzdem wie ein kleiner Bruder - die Fahrerin straft das rote Spielmobil mit Missachtung.

Es geht zum Heimspiel zu Autobahn Motors, direkt am Highway 101 zwischen San Francisco und San Jose gelegen. Autobahn Motors ist einer der größten Mercedes-Benz-Händler in der Bay-Area. Der Hof voll mit Mercedes-Modellen der ML-, E-, S-, und G-Klasse - teurer und edel.

Die Mitarbeiter zeigen ein eher überschaubares Interesse, als der 2,70 Meter lange Neuling zum vermeintlichen Heimspiel vorfährt. Doch Henry und sein Kollege aus der Werkstatt rennen dem Smart im Schweinsgalopp hinterher. "Doch, den Smart kenne ich. Wir hatten neulich ein paar Fahrzeuge zur Aufbereitung da", erzählt Henry, "die sind dann weiter nach Oregon gegangen. Kann ich mich mal reinsetzen?"

Er kann - und will. "Hat mächtig Platz, aber alles ein bisschen bunt, oder?", fragt der junge Amerikaner asiatischer Abstammung. "Und der Motor?" Auf dem US-Markt wird der Smart-Fortwo zunächst nur mit einem 70 PS starken Benzintriebwerk angeboten. Die Micro-Hybrid-Version, der protzende Brabus und weitere Motorvarianten dürften ab 2009 folgen. "Wir machen jedoch erst einmal einen Schritt nach dem anderen", bremst Smart-Sprecher Hubert Kogel allen Enthusiasmus.

Henry und sein Kollege haben sich mittlerweile zum Motor durchgekämpft, der sich im Heck unter dem kleinen Kofferraum befindet. "Mann ist der klein. 70 PS würden für mich aber reichen", erzählt Henry, "zwei Personen finden ja Platz."

Der Überraschungserfolg beim Mercedes-Händler macht mutiger. Es geht zum offiziellen Hummer-Händler in San Jose. Auf dem Hof stehen zumeist opulente Geländewagen der Marken Ford, Range Rover und Jeep - die fetten Hummer eine Reihe weiter hinten.

Jack arbeitet in der Kundenbetreuung und kommt gleich aus dem Verkaufsraum herüber. Auch er weiß, worum es beim Smart geht. "Der läuft doch mit Elektroantrieb, oder?" Nein Jack, das war wohl nichts. Elektroantrieb ja, haben aber nur die rund 100 Erprobungsfahrzeuge in London und England ist bekanntlich weit. In den USA kommt nur ein Benziner. "70 PS sind in Ordnung. Was verbraucht der Fortwo denn?" Die 5,4 Liter Super auf 100 Kilometer können ihn trotz der Hummer-Trunkenbolde im Genick kaum beeindrucken. "Bei der Größe und der Leistung darf es auch nicht mehr sein", so Jack, "wieso gibt es keinen Hybrid?"

"Etwas günstiger dürfte er schon sein"

Recht hat er und so steht als nächste Station das Lieblingsrevier der zukünftigen amerikanischen Smart-Fahrer an - die Tankstelle. Vorbei an einem Ikea-Markt direkt am Highway. Hier braucht sich der Smart nicht vorzustellen. Ikea und Smart kennen sich seit Jahren von unzähligen samstäglichen Einkaufsbekanntschaften in Europa.

Eine Frau mit dunkler Weste aus einem CSI-Streifen schaut an der Tankstelle etwas mitleidig auf den Smart herüber. Das Auto findet sie klasse - sie hat den Code für ihre Tankkarte vergessen. Ihr GMC-Truck verbraucht übrigens mehr als 30 Liter auf 100 Kilometer - glaubt sie. Doch der Smart sei ihr zu klein. Das sieht Maria Ciamotto ganz anders. Er kommt von einem benachbarten Firmengelände herüber und interessiert sich in erster Linie für das Antriebskonzept. "Bei den Benzinpreisen hier dürfte der Smart in den USA auf jeden Fall einschlagen", so Mario Ciamotto, "zumindest in den großen Städten. Hätte nicht gedacht, dass so viel Platz hat." Beim Preis von 11.590 US-Dollar rümpft er etwas die Nase. "Etwas günstiger dürfte es schon sein."

Bleibt abzuwarten, wie sich der kleinste Mercedes auf dem US-Markt schlägt. Vorgestellt hat er sich und die meisten haben freundlich genickt, gewunden und die Hände geschüttelt - herzlich willkommen! Im Januar geht es bei den 74 Smart-Händlern los und das erste Jahr dürfte bei der Auftragslage prächtig laufen. Ob sich amerikanische Großstädter nachhaltig für den Smart Fortwo begeistern können, wird sich erst noch zeigen. Ohne einen Hybrid und die Brabus-Sportversion dürfte es mittelfristig kaum gehen. Und am amerikanischen Preis- und Garantiedruck kommt auch Smart nicht vorbei.

(sueddeutsche.de/press-inform/gf)

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