Škoda Octavia Kombi:So viel Auto für so wenig Geld

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Der formschöne Fünftürer kommt im Juni zu einem Preis von 27 400 Mark zu den Händlern

(SZ vom 06.05.1998) Škoda ist, relativ gesehen, die momentan erfolgreichste Marke der VW-Gruppe. Nachdem 1997 der Umsatz um 53 Prozent gewachsen ist, steht auch 1998 wieder im Zeichen der Expansion. Mehr als 410 000 Autos will das Unternehmen aus Mladá Boleslav in diesem Jahr produzieren, 22 Prozent mehr als in den vergangenen zwölf Monaten. Allein in Deutschland soll der Absatz von 30 000 auf 40 000 Wagen erhöht werden.

Bei diesem Vorhaben spielt der Octavia eine wichtige Rolle. Nachdem die Limousine inzwischen bedingt lieferfähig ist, kommt im Juni der Kombi auf den Markt. Auch bei diesem Modell bereitet die Verfügbarkeit den Verantwortlichen Kopfzerbrechen. 40 000 bis 45 000 Kombis pro Jahr sind nämlich das absolute Limit dessen, was die neu installierte Kapazität momentan hergibt. Da ist der nächste Lieferengpaß praktisch schon vorprogrammiert. Der Felicia ist und bleibt zwar das Brot-und-Butter-Auto für Škoda, doch die größten Zuwachsraten bringt der moderne Octavia, der eindrucksvoll beweist, was man auf der Golf-Plattform alles machen kann.

Dies trifft in verstärktem Maß auf den Kombi zu. Das Gepäckabteil des formschönen Fünftürers faßt schon in Normalstellung mit eingehaktem Abdeckrollo 548 Liter - das sind 20 Liter mehr als bei der Limousine und 50 Liter mehr als beim Passat Variant. Wer die Kopfstützen entfernt und beide Rücksitze umklappt, darf sogar bis zu 1512 Liter einpacken. Der mit Teppich sauber ausgekleidete Kofferraum ist erfreulich breit und eben. Staufächer im Ladeboden und in den Seitenteilen bieten ausreichend Platz für Kleinzeug. Ein kleiner Schönheitsfehler ist die hohe Ladekante. Sie ist zwar durch eine auswechselbare Kunststoffblende gut geschützt, doch der Schweller verhindert, daß man Gepäck ohne es anzuheben ins Auto hineinschieben oder herausziehen kann. Den fünftürigen Octavia gibt es in den Ausstattungsvarianten LX, GLX und SLX. Die Preise beginnen bei 27 400 Mark für das Modell mit 74 kW (101 PS)-Motor. Schon im LX sind die wichtigsten Sicherheits-Features serienmäßig enthalten; nur auf Seitenairbags muß man noch bis Herbst warten. Besonders nobel ausgestattet ist der SLX mit Schiebedach und Klimaanlage. Ab Modelljahr 1999 liefert Škoda den Octavia auf Wunsch sogar mit Ledersitzen, und das etwas triste Interieur bekommt eine freundlichere Farbgebung.

Mittelfristig ist eine Version mit Allradantrieb und ein 132 kW (180 PS) starkes Topmodell geplant. Die leicht modifizierte hintere Sitzbank des Octavia-Kombi bietet etwas mehr Beinfreiheit als die Limousine. Alle drei Benzinmotoren (74 kW/101 PS, 92 kW/125 PS, 110 kW/150PS) sind auf Wunsch auch in Verbindung mit einer Viergangautomatik lieferbar. Die drei Diesel mit 50 kW/68 PS (SDI), 66 kW/90 PS und 81 kW/110 PS (TDI) gibt es dagegen nur als Handschalter. Wir fuhren den neuen, 150 PS starken 1,8 Liter Turbo und die TDI-Version mit 90 PS. Der Benziner beschleunigt in 9,0 Sekunden von Null auf 100 km/h, ist 216 km/h schnell und verbraucht im Schnitt 7,9 l/100 km. Der Diesel ist zwar weniger spritzig (Null auf 100km/h in 13,7 Sekunden, 178 km/h Spitze), aber er läßt sich ausgesprochen schaltfaul bewegen und konsumiert im Schnitt nur 5,2 l/100 km.

Ausgezeichnete Verarbeitung

Interessanterweise ist es den Škoda-Ingenieuren ansatzweise gelungen, ein markentypisches Fahrgefühl zu erzeugen. So sprechen die Bremsen spontaner an als in anderen Konzernprodukten, das Fahrwerk hat einen leicht sportlichen Touch, und auch die Motoren klingen kerniger. Verbesserungsvorschläge? Etwas weniger Antriebseinflüsse in der Lenkung, etwas weniger Seitenneigung in schnellen Kurven, etwas weniger Untersteuern auf nassem Belag. Sonst ist fahrdynamisch alles paletti.

Einen Extra-Applaus verdient die Verarbeitungsqualität. Selbst wenn man davon ausgeht, daß Testwagen immer besonders sorgsam zusammengebaut werden, hat Škoda nach relativ kurzem Anlauf ein Niveau erreicht, auf das man auch in München oder Stuttgart stolz sein könnte. Gegen den Octavia-Kombi spricht nicht viel: in manchen Gegenden das dünne Händlernetz, fast überall die langen Lieferzeiten, und ziemlich sicher das Kopfschütteln des Verkäufers auf die Frage nach einem Preisnachlaß. Den hat Škoda wirklich nicht nötig, denn es gibt auf dem Markt derzeit kaum ein anderes Auto, das für so wenig Geld so viel bietet.

Von Georg Kacher

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