Seat Toledo 2.3 V5:Raus aus dem Biedermannimage

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Ein agiler Motor, eine komplette Ausstattung und eine ansprechende Optik machen den Viertürer zeitgemäß

(SZ vom 14.04.2001) Stufenhecklimousinen muten auch heute oft noch recht altväterlich an. Schuld daran ist das meist brave und wenig moderne Design. Man muss kein Assoziationskünstler sein, um mit so mancher Limousine klassischer Bauart Attribute wie "Fahrer mit Hut" oder "Wackeldackel" zu verbinden. Allerdings scheinen sich manche Hersteller dieses Mankos durchaus bewusst zu sein und versuchen, ihren Modellen eine persönliche Note zu verleihen - die Bestrebungen gelingen mal schlechter, mal besser. Und angesichts einer auf dem deutschen Markt überschäumenden Vielfalt an Modellen, fragt man sich, ob eine Stufenhecklimousine heute noch zeitgemäß und damit praxistauglich ist.

Und um es schon einmal vorweg zu nehmen: Der Seat Toledo, der uns einen längeren Zeitraum begleitete, gehört alles in allem zu den Autos mit Kofferraumdeckel, die dieser Aufgabe gewachsen sind. Und es ist nicht ein starker V5-Motor allein, der im spanischen Viertürer überzeugen konnte. Die 4,44Meter lange Karosserie des Toledo, der in dieser Ausprägung nun seit knapp zwei Jahren in Deutschland verkauft wird, verzichtet komplett auf ablenkenden Zierrat. Natürlich ist Design immer eine Geschmacksfrage, doch beim Toledo wurde unumstritten eine Form gefunden, die nicht aneckt, sondern gefällt. Auch wenn der Toledo kein Auto für Selbstdarsteller ist, ein Dutzendgesicht ist er auch nicht. Damit folgt er der Vorgabe im Hause Seat, Modelle zu bauen, die zwar eigenständig sind, aber ihrer Marke Seat zuzuordnen sind.

Die breit gezogenen Scheinwerfer mit Seat-Emblem in der Mitte finden ihre Entsprechung am Heck. Dort ziehen sich die Schlussleuchten über die Breite des Kofferraums noch hinaus. Die schwarzen Stoßleisten von der Front über die Seiten zum Heck sind nicht nur praktisch bei leichtem Kontakt mit geparkten Autos oder Gartenzäunen, sie geben der Karosserielinie auch eine gefällige Kontur. Der Kofferraumdeckel schwingt weit genug nach oben; dahinter verbirgt sich ein tiefer Kofferraum, aus dem schwerere Gegenstände nur mit größerem Kraftaufwand herausgehoben werden können. Andererseits ermöglicht der tiefe Boden ein Volumen von 500Litern, das dank umklappbarer Rücksitze auf 830Liter erweitert werden kann. Für eine Limousine ist das ein guter Wert.

Der Innenraum des Toledo befindet sich auf der Höhe der Zeit. Alle Materialien strahlen eine gute Qualität aus, Schalter und Knöpfe sitzen leicht erreichbar und logisch angeordnet am richtigen Platz und das Armaturenbrett ist übersichtlich gestaltet. Die Sitze - in diesem Fall in der hochwertigen Executive-Ausstattung - ganz in Leder, sind ergonomisch gut geformt und bieten reichlich Seitenhalt. Ein Manko ist allerdings, dass die Gurtschlösser fest am Sitz montiert sind. Mit Wintermantel bekleidet oder für etwas korpulentere Passagiere kann das Schließen des Gurtes zu einem schrecklichen Gefummel werden.

Die praktisch komplette Ausstattung der Executive-Version beinhaltet außer so praktischen und sinnvollen Dingen wie Memory-Funktion für die Sitze, elektrisch verstellbaren und beheizbaren Außenspiegeln und einer Climatronic mit Pollenfilter auch einen Regensensor. Bei vielen Fahrzeugen inzwischen optional zu bekommen, funktioniert er doch bei den meisten nicht gerade befriedigend - auch nicht beim Toledo. Der Sensor scheint völlig beliebig auf den entgegenkommenden Regen zu reagieren - zumindest bewegt sich der Scheibenwischer sehr häufig genau entgegen der Notwendigkeit, wie sie der Fahrer subjektiv empfindet. Und wirklich notwendig ist der Regensensor auch nicht, denn wie bei allen VW-Konzern-Modellen gibt es für den Toledo auch eine variable Intervallschaltung für den Scheibenwischer. Diese reicht für 99 Prozent der Regenarten leicht aus.

Es sollte möglichst nicht regnen, wenn man den V5-Motor der Stufenhecklimousine kennen lernen will. 125kW (170PS) schöpfen ihre Kraft aus 2,3Liter Hubraum. Diese Werte ergeben einen Spurt von Null auf 100km/h in 8,6Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 225km/h. Den Verbrauch beziffert Seat mit durchschnittlich 8,7Liter Super auf 100Kilometer. Der knapp 1,4Tonnen schwere Wagen entwickelt sich damit zu einem sehr agilen Gefährt, das schnell vergessen lässt, dass man im einem Stufenheck sitzt. Das straffe Fahrwerk macht den V5 zu einem sicheren und leicht zu fahrenden Wagen. Und wer doch einmal zu schnell unterwegs ist, dem hilft das serienmäßige ESP.

48192 Mark kostet der Toledo Executive 2.3 V5 20V. Wer noch ein Glasschiebedach (1400 Mark) haben will, streift die 50000-Mark-Marke. Nicht gerade ein biederer Preis, aber dafür bekommt man eben auch kein biederes Auto: weder optisch noch technisch.

Von Marion Zellner

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