Seat Toledo 2.0 16V:Relativ konkurrenzlos

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Viel Raum für das Gepäck und gute Fahrleistungen

(SZ vom 17.05.1995) Töchter haben es mit ihren Müttern ja nicht immer einfach, vor allem, wenn sie ihre Unabhängigkeit unter Beweis stellen wollen. Das ist auch bei Konzerntöchtern und -müttern nicht viel anders. Stolz vermeldet Seat auf Seite eins der Pressemappe, daß der Toledo 'der erste eigenständige Mittelklassewagen seit der Zugehörigkeit zur VW-Gruppe' ist. Auf der letzten Seite versteckt sich die Bemerkung, daß nicht nur die Aggregate von VW, sondern auch die 'hohen Qualitätsmaßstäbe' von der Konzernmutter aus Wolfsburg stammen. Ein Sachverhalt, dem wir nur zustimmen können, denn der Toledo ist rundherum ein solides, gut verarbeitetes Auto.

Am stärksten bemerkt man die Verwandtschaft im Inneren des Pkw, wo alle Knöpfe und Schalter im VW-Design erstrahlen, was zur Folge hat, daß sie auch an den richtigen, gut zu bedienenden Orten sitzen. Der einzige, der noch nicht optimal plaziert ist, ist die elektrische Spiegelverstellung, die in der Mittelkonsole unterhalb der Heizungselemente sitzt. Ordentlich aufgeräumt zeigt sich auch das Cockpit mit drei Instrumenten, einer digitalen Uhr und Kontrolleuchten.

Das Spitzenmodell in der Seat-Palette gibt es mit vier Benzin- und zwei Dieselmotoren, deren Leistungen von 50 kW (68 PS) bis 110 kW (150 PS) reichen sowie mit fünf Ausstattungspaketen. Wir beschäftigten uns mit dem GT 2.0 16V genannten Spitzenmodell etwas näher. Mit dem Vierzylinder kann - für die Statistiker - eine Höchstgeschwindigkeit von 215 km/h erreicht werden, und die Tachonadel passiert nach 9,5 Sekunden die 100- km/h-Marke. Für den 1150 Kilogramm schweren Toledo ist dieser aus dem Golf GTi 16V entliehene Motor eigentlich nicht notwendig, denn der Spanier ist nun einmal kein sportlich aussehendes Fahrzeug, sondern eher eine Reiselimousine. Und als solche käme sie auch spielend mit etwas weniger Leistung aus, zumal die PS zu schnellerer Fahrweise verleiten. Auch wenn der Drittelmixverbrauch, von Seat mit 8,2 Liter Kraftstoff angegeben, als guter Wert durchgeht, in der Praxis präsentierte die Tankrechnung Werte, die bei mehr als zehn Litern lagen. Aber Seat will nun einmal Sportlichkeit mit dem 16V vermitteln: Das schlägt sich im Fahrwerk nieder, das als gemäßigt straff durchgehen kann.

Nun, alles in allem ist der Toledo eine Mittelklasse-Limousine, die vor allem beim Platz für Passagiere und Gepäck sowie den soliden Fahreigenschaften und der Verarbeitung ihre Stärken hat. Auch der Preis von 36 000 Mark, in dem unter anderem zwei Airbags, ABS, eine elektronische Schlupfreduzierung, alle möglichen elektrischen Helfer, eine Servolenkung und eine Zentralverriegelung enthalten sind. Leider sind auch die schwulstig wirkenden Schweller rundherum und der völlig unpassende Heckspoiler im Preis inbegriffen.

Sonst keine Kritik? Doch: die Wegfahrsperre, die ihren Dienst auch dann wieder antritt, wenn man den Beifahrer aussteigen läßt und dabei den Motor abgestellt hat. Aber davon abgesehen, dürfte der Toledo, ruhig auch mit einer kleineren Motorisierung, nicht nur Leute ansprechen, die Wolfsburger Qualität und Zuverlässigkeit schätzen. Auch wenn er nur schwer mit anderen Autos zu vergleichen ist, für seinen Preis ist er relativ konkurrenzlos.

Von Marion Zellner

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