Seat León Cupra 4 und TDi:Mediterranes Make-up

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Obwohl in den neuen Modellen solide VW-Technik steckt, bleibt die eigenständige Optik erhalten

(SZ vom 24.01.2001) Noch sind sie zahlreich im spanischen Straßenbild vertreten, die Seat Marbella auf Basis des Fiat Panda. Sie erinnern an eine Zeit, da der italienische Automobilhersteller Fiat spanische Pkw-Geschichte schrieb. Seit zwölf Jahren gehört Seat nun aber schon zum Volkswagenkonzern. In dieser Zeit hat Seat Fahrzeuge entwickelt, die mit ihren spartanischen Vorgängern kaum noch etwas gemein haben. Seat profitiert von der strategischen Arbeitsteilung zwischen Mutter und Tochter: Volkswagen liefert die technische Basis der Modelle und Seat bemüht sich um einen eigenständigen Auftritt. So kommen heute alle neuen Seat mit Wolfsburger Technik im spanischen Karosseriekleid und mit mediterranem Make-up daher.

Nicht zuletzt die erfolgreiche Teilnahme an Rallye-Wettkämpfen lenkte die Aufmerksamkeit auf die sportliche Seite von Seat. Gleichzeitig wurde der optische Auftritt der Straßenautos zunehmend dynamischer. Mit der Einführung so genannter Cupra-Modelle erlebt diese Entwicklung einen vorläufigen Höhepunkt. Er markiert den Anspruch der spanischen VW-Tochter, als Konkurrenz zur italienischen Marke Alfa Romeo betrachtet zu werden. Was angesichts der historisch gewachsenen Markenkompetenz von Alfa nicht einfach sein dürfte.

Mit dem Titel Cupra sollen stets die leistungsstärksten Varianten einer Baureihe ausgezeichnet werden. Ibiza sowie Cordoba haben sich bereits qualifiziert. Nun gehört auch ein León Cupra 4 zum exklusiven Kreis - als "Sportwagen ohne Abstriche", wie seine Väter schwärmen. Fest steht: Mit 150 kW (204 PS) und einer Spitzengeschwindigkeit von 235 km/h ist er der flotteste Seat aller Zeiten. Marketingexperten gehen davon aus, dass 90 Prozent der Cupra-Käufer Männer sein werden.

Seine Kraft schöpft der León Cupra 4 aus den 2,8 Liter Hubraum des VR6-Konzernmotors mit 24 Ventilen, der über eine anerkanntermaßen beachtliche Trinkfestigkeit verfügt. Kombiniert wird das kernige Aggregat mit einem schnell schaltbaren und eng gestuften Sechsganggetriebe sowie permanentem Allradantrieb nach dem Haldex-Prinzip. Allein diese Kombination darf als Zertifikat für den Sportsgeist des León Cupra gelten, der vom straff abgestimmten und kleine Fahrfehler verzeihenden Fahrwerk gestützt wird. In 7,3 Sekunden sprintet der mit Karosserieanbauteilen hochgerüstete und 225/45 R 17-Reifen standesgemäß besohlte Fünftürer aus dem Stand auf 100 km/h. Es ist eine Freude, ihn durch Kurven zu manövrieren, denn er verfügt über eine außerordentliche Fahrstabilität. Der angegebene Durchschnittsverbrauch von 10,9 Liter Super auf 100 Kilometer dürfte allerdings leicht zu überbieten sein.

Der Seat León Cupra 4 für 52 990 Mark ist kein Sonderangebot, bietet aber eine Menge angenehmer Ausstattungsmerkmale serienmäßig - etwa Recaro-Ledersitze, Lederlenkrad, titanfarbenes Dekor, weiße Armaturenblätter, aber auch Klimaautomatik, vier elektrische Fensterheber, Funk-Fernbedienung, Regensensor, Audioanlage mit acht Lautsprechern. Besonders erfreulich ist, dass neben Front- und Seitenairbags vorn sowie einem ABS auch die Fahrdynamikregelung ESP (elektronisches Stabilitätsprogramm) serienmäßig an Bord ist. Extra zu bezahlen sind nur Glasschiebedach, CD-Wechsler und GPS-Navigation.

Auch die Dieselmotoren-Familie von Seat erhält ein leistungsstärkeres Spitzenaggregat. Allerdings darf der mit 110 kW (150 PS) ausgestattete León TDi nicht das Cupra-Zertifikat tragen. Offensichtlich passen Dieselmotor und Sportlichkeit für die Marketingstrategen noch nicht zusammen. Ihnen sollte dieser Selbstzünder als Dienstwagen verordnet werden. Dank des mit Einspritzdrücken zwischen 400 und 2050 bar operierenden neuen Pumpe-Düse-Systems konnte die Leistung des bekannten 1,9-Liter-Vierzylinder-Turbodiesels um 40 PS gesteigert werden. Gleichzeitig ist der Partikelausstoß um rund 25 Prozent vermindert worden. Das Ergebnis ist ein Seat León TDi, der mit 320 Nm Drehmoment schon unter 2000 Touren so vehement anschiebt, dass der Fronttriebler sein ansonsten gutes Lenkgefühl verliert.

Der enge Kontakt zur Straße geht insbesondere in schnell gefahrenen Kurven unter Last verloren, obwohl die serienmäßige Traktionskontrolle dafür sorgt, möglichst viel Motorkraft auf den Asphalt zu bringen. Seat sollte unbedingt über einen optionalen Allradantrieb für diesen leistungsstarken TDi nachdenken.

Gekoppelt ist das Kraftwerk mit Sechsgangschaltung, einem vorn gestrafften Fahrwerk und ansehnlichen Leichtmetallfelgen mit 205/55 R16-Bereifung. Und die Ausstattung ist gegenüber dem León Cupra 4 nur geringfügig abgemagert. Allerdings muss im Turbodiesel das ESP extra bezahlt werden.

Mit beiden neuen León-Modellen schließt die Marke Seat dank ihrer hochwertigen Technik noch enger zu den Produkten der Wolfsburger Konzernmutter auf. Wichtigste Unterscheidungsmerkmale bleiben optischer Auftritt und Preis. Wenn die Image-Entwicklung der spanischen Marke weiterhin so vehement voranschreitet, dürfen wir wohl bald einen reinrassigen Sportwagen von Seat sehen. "Noch", meint Jürgen Voss, Geschäftsführer von Seat Deutschland, "scheint die Zeit dafür nicht reif zu sein. Aber bald. "

Von Jürgen Zöllter

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