Rover Discovery:Ob off-road, ob on-road

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Gelungene Melange aus Pkw, Kombi und Geländewagen

(SZ vom 29.06.1994) Drei Produktlinien zeichnen die Sektion Land Rover des britischen Gemischtwarenladens Rover als traditionellen Anbieter von Off-road-Personenwagen aus. Frei nach dem Motto 'Für jeden Geschmack das richtige Modell' reicht das Angebot vom mittlerweile schon legendären Haudegen fürs Grobe, dem Klassiker Defender, über den Luxus-Allradwagen Range Rover bis zum eher jugendlichen Modell Discovery. Der Discovery ist das jüngste Glied in Rovers Off-road-Kette, mit der sich nun auch königstreue Bayern schmücken dürfen, seitdem BMW bei Rover das Sagen hat.

Als der erste Discovery 1989 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, nahm er zaghaft Kurs auf eine Entwicklung am Geländewagenmarkt, die sich in naher Zukunft stark beschleunigen wird. Sie folgt dem Kundenwunsch zu Freizeitautos, die in ihrer Erscheinung zwar einem typischen Geländewagen ähneln, in Komfort und Handling aber On-road-Qualitäten besitzen sollen. Warum diese Klientel nicht gleich zum Pkw-Kombi greift, bleibt eine der vielen Ungereimtheiten menschlicher Entscheidungsfindung. Fest steht, daß ein solches Freizeitmobil im Off- road-Outfit dank seines voluminösen Innenraums mehr Variabilität bieten kann.

So fällt der Off-road-Tauglichkeit des modernen Geländewagens immer weniger Bedeutung zu, um so mehr aber dessen Vielseitigkeit. Wieweit man dabei gehen kann, probt Rover in schrittweiser Evolution seit Jahren mit dem Range und dem Discovery. Die aktuelle Zwischenbilanz liefert der gerade detailverbesserte Discovery.

Aus der Tradition heraus setzt der Discovery noch auf permanenten Allradantrieb mit sperrbarem Zentraldifferential. Das spricht ebenso für Off-road-Qualitäten wie sein verbindungssteifer Kastenrahmen, mit dem die Aluminium-Stahl- Karosserie fest verschweißt ist, und das Reduktionsgetriebe. Auch die Starrachsen passen dazu, doch bei den Schraubenfedern zeigt sich bereits ein Wandel im Komfortanspruch: Der Discovery kann zwar durch schweres Gelände ackern, fühlt sich aber auf der Straße am wohlsten, und mithin auch seine Passagiere.

Seine umfangreiche Ausstattung - von Servolenkung über elektrische Fensterheber, motorisch einstell- und beheizbare Außenspiegel bis zur Zentralverriegelung, den getönten Scheiben, der Kindersicherung an den Hecktüren, der Scheinwerfer-Waschanlage, den zwei Sonnendächern (teilweise Option) mit Rollos - qualifiziert ihn als geräumige Reiselimousine. Alle Änderungen im aktuellen Modell zielen darauf ab, diesen Anspruch noch stärker zu befriedigen als bisher.

Da ist das Kupplungspedal nun noch leichter zu betätigen, und der beliebte, bauartbedingt rauhe 2,5-Liter-Turbodiesel-Direkteinspritzer mit Intercooler wurde überarbeitet. Rover spricht von insgesamt 208 neuen Einzelteilen für den neuen Zylinderkopf, die Einspritzanlage, Kolben, Pleuel, Wasserpumpe und Lichtmaschine, für den Abgaskrümmer und Zahnriemen und schmückt das Auto mit neuer, allerdings irreführender Nomenklatur: Die Diesel-Verbrennungsrückstände des nun als 300 Tdi (bei 2,5 l Hubraum?) bezeichneten Fahrzeugs mit 83 kW (113 PS) werden nun durch Oxidationskatalysator und Abgasrückführung gereinigt. Mit ebenfalls überarbeitetem Fünf-Gang-Schaltgetriebe verbraucht er, Hersteller-Angaben zufolge, im Drittelmix nur 8,6 Liter Dieselkraftstoff.

Bei Geschwindigkeiten über 80 km/h hat sich der Fahrkomfort durch die Verwendung spezieller Dämm-Materialien, beschichteter Fahrwerksfedern und der nun geteilten Kardanwelle zur Hinterachse leicht verbessert. Das gilt auch für den mit 3,9-Liter-Triebwerk bestückten Benziner V8i. Er leistet 134 kW (182 PS) und stellt sein maximales Drehmoment von 312 Nm bei 3100/min zur Verfügung. Allerdings muß die bullige Kraftentfaltung mit durchschnittlich 14,9 Liter Super bleifrei pro 100 Kilometer (Werksangaben) bezahlt werden, was in der Praxis erfahrungsgemäß nach oben hin korrigiert werden muß. Diesel und Benziner sind optional für 2950 Mark mit ZF-Viergang- Automatik zu haben, der V8i außerdem mit Tempomat. Schade, daß ein Vierkanal-ABS für beide Motorisierungen 2950 Mark mehr kosten muß.

Die augenfälligsten Neuerungen bietet der Discovery seinen Passagieren im direkten Blickfeld: Das Armaturenbrett wurde überarbeitet, wobei als wichtigstes Detail der serienmäßige Fahrer-Airbag im höhenverstellbaren Lenkrad gilt. Gegen 1045 Mark Aufpreis ist auch ein Beifahrer-Airbag zu bestellen, der Seitenaufprallschutz in den Vordertüren kostet nichts. Eine Neuheit in diesem Segment: die für Fahrer- und Beifahrerseite individuell regelbare Heizungs- und Belüftungsanlage. Gegen Aufpreis kann eine FCKW-freie Klimaanlage mit individueller Steuerung für den Fond geordert werden. Sie kostet 2950 Mark. In Amerika als unverzichtbares Accessoire geschätzt, hält er zunehmend auch in europäischen Fahrzeugen Einzug: der Getränkedosenhalter. Hier wurde er zusammen mit einer Staubox in die Mittelkonsole integriert. Und wer seinen Discovery nachts abschließt, den erinnert nun ein akustisches Signal, das Licht zu löschen. 18 Sekunden nach dem Abschließen schaltet sich die Innenraumbeleuchtung selbsttätig aus.

Äußerlich unterscheidet sich der facegeliftete Discovery vom Vorgänger durch größere Scheinwerfer, die 20 Prozent mehr Licht liefern, Stoßfänger mit Aufpralldämpfer, einem geänderten Kühlergrill, größeren Außenspiegeln und neuem Alufelgen-Design.

Die Vielseitigkeit des Land Rover Discovery offenbart sich vornehmlich in der fünftürigen Version, die als Diesel von 49 950 Mark an aufwärts und als Benziner von 50 950 Mark an aufwärts zu haben ist. Im mehr als einem Meter langen und fast 90 Zentiemter breiten Laderaum können für 1225 Mark zwei Klappsitze mit Sicherheitsgurten montiert werden. So ausgestattet, finden im Auto bis zu sieben Personen Platz. Durch Umklappen der Rücksitzbank wächst das Ladevolumen auf nahezu 2000 Liter.

Kaum ein Discovery, der ohne Anhängerkupplung auskommt, seine Qualitäten als Zugpferd für schwere Trailer sind unschlagbar. Mit 3,5 Tonnen verfügt er gemeinsam mit dem Range Rover über die höchste serienmäßige Zuglast aller in Deutschland angebotenen Geländewagen. Daß der Discovery darüber hinaus durch ein zurückhaltendes und abgesehen vom Heck geradezu elegantes Design verfügt, sichert ihm einen Platz im Herzen derer, die von der Vielseitigkeit des Geländewagenkonzeptes bisher nur träumten, weil sie Kompromisse beim Komfort fürchteten. Im Discovery erwarten sie limousinenähnliche Annehmlichkeiten und mit dem TDi-Triebwerk unter der Haube sogar ein zeitgemäßer Treibstoffverbrauch.

Von Jürgen Zöllter

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