Rover 216 Cabriolet:Schnell an der frischen Luft

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Trotz luxuriöser Ausstattung läßt das Cabrio Wünsche offen

(SZ vom 24.10.1992) Einen Wagen zu fahren, mit dem man bisher noch keine Bekanntschaft gemacht hat, ist doch jedesmal wieder ein kleines Abenteuer. Es ist schon spannend, sich auf Entdeckungsreise zu begeben, wenn man als Kind schon lieber an der Modelleisenbahn herumgeschraubt oder mit Carrera-Bahnen gespielt hat als mit der Puppenküche. Und was es nicht alles auszuprobieren gibt im neuen Rover Cabriolet 216.

Selbstverständlich möchte man bei einem Cabrio zuerst das Dach öffnen. Mit zwei Handgriffen läßt es sich aus der Verankerung lösen und per Knopfdruck elektrisch öffnen - ebenso spielend schließt es sich auch wieder. Die Fahrgeräusche sind bei offenem Dach so gering, daß man sich auf der Autobahn selbst bei 120 km/h noch gut unterhalten kann. Der Überrollbügel stört optisch nicht und verleiht dem Cabrio eine größere Verwindungssteifigkeit und damit mehr Sicherheit. Ungemütlich wird die Geräuschkulisse bei geschlossenem Auto, und nicht erst, wenn man die 90 kW (122 PS) des 1,6- Liter-Motors einmal für die Höchstgeschwindigkeit von 193 km/h nutzen sollte. Zumal bei unserem Wagen das Verdeck auf einer Seite nicht richtig dicht machte und spätestens bei 80 km/h das schönste Pfeifkonzert im Gange war.

Aber nicht nur die Lautstärke ist bei geschlossenem Dach unangenehm, sondern vor allem die Unübersichtlichkeit. Radfahrer und Fußgänger sollten sich vor diesem Auto in acht nehmen, denn selbst bei bestem Willen bleibt dem Fahrer durch ein zu breites Verdeck und die Kopfstütze des Beifahrers die Sicht nach schräg hinten versperrt. Helfen könnten da nur noch Mitfahrer, die es sich im Fond mit reichlich Beinfreiheit bequem machen und alle Aufgaben erfüllen, die der Fahrer von seinem höhenverstellbaren Sitz aus nicht erledigen kann. Neben Informationen über nahende Radfahrerwäre die zweite große Aufgabe das Herunterkurbeln der hinteren Scheiben. Gleiten die Fenster vorne per Knopfdruck nach oben oder unten, muß man bei einer Open-Air-Fahrt anhalten, wenn man die rückwärtigen Scheiben schließen oder öffnen möchte. Doch sollte man sich seine Service-Hinterbänkler genau aussuchen, denn zu groß Gewachsene könnten zum einen beim Kurbeln mit ihren Ellenbogen mit der Rückbanklehne in Kollision geraten, und zum anderen sind die Kopfstützen nicht höhenverstellbar und damit bei größeren Zeitgenossen so gut wie überflüssig. Echte Mankos bei einem Wagen für 36 950 Mark.

Das Amaturenbrett dagegen erfreut durch seine Übersichtlichkeit und gute Anordnung. Schade ist, daß der Schalter zum Einstellen der Außenspiegel links vom Lenkrad verdeckt ist. Das höhenverstellbare Lederlenkrad liegt gut und angenehm in der Hand. Die Fahreigenschaften des britischen Cabrios, das in 9,6 Sekunden auf 100 Stundenkilometer beschleunigt, sind sportlich ausgelegt. Allerdings folgen die Reifen Längsrillen wie ein gut erzogener Hund. Die Federung ist so hart, daß der Wagen wie das berühmte Brett auf der Straße liegt. Ein Trost für bereits Bandscheibengeschädigte sind die vorderen Sitze, die mit Lendenwirbelstützen versehen sind.

Die Kombination des Interieurs aus grauem Kunststoff und einem Streifen Wurzelholz, in den eine kleine Digitaluhr versenkt wurde, ist ebenso Geschmackssache wie die ganze Erscheinung des Wagens. Uns fiel auf, daß der Rover sehr an das Escort-Cabrio erinnert. Dafür bekommt man für sein Geld andere Dinge, die vielleicht wichtiger sind als die Optik. So zum Beispiel eine Alarmanlage, die auf Bewegung im Innenraum reagiert und somit auch bei offenem Dach und abgeschlossenen Türen funktioniert oder Leichtmetallfelgen mit massiven Felgenschlössern. Serienmäßig ist neben der Servolenkung auch die symmetrisch umklappbare Rückbank, die damit den Kofferraum für ein Cabriolet ziemlich großzügig macht.

Das Rover Cabrio 216 ist ein Wagen, der im offenen Zustand gut und übersichtlich zu fahren ist und einige Zuckerl für sein Geld bietet. Dennoch bleiben bei einem Auto dieser Preisklasse noch Wünsche offen.

Von Marion Zellner

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