Risikoreiche Rekordjagd:Pokern jenseits der Schallmauer

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Der Amerikaner Ed Shadle will in seinem Raketenauto schneller fahren als je ein Mensch zuvor. Sein Teamsprecher Jon Higley zum Stand des Projekts.

Ein Interview von Stephan Bernhard

Ed Shadle, 64, will in seinem Raketenauto North American Eagle den Geschwindigkeitsrekord für Landfahrzeuge brechen. Eine gewaltige Herausforderung. Der aktuelle Rekord beträgt 1227 km/h. Jon Higley, 52 Jahre alt und der Sprecher des Teams, beantwortete unsere Fragen über den aktuellen Stand der risikoreichen Rekordjagd.

Geschoss auf Rädern: das Raketenauto des Amerikaners Ed Shadle (Foto: Foto: www.landspeed.com)

SZ: Herr Higley, im Juni raste der North American Eagle über einen ausgetrockneten See in Kalifornien. War der Test erfolgreich?

Higley: Nein, absolut nicht. Schon am zweiten Tag hat ein schweres Unwetter die ganze Wüste unter Wasser gesetzt und unser Team ist regelrecht im Schlamm versunken. Damit war der Test vorbei, bevor er richtig begonnen hatte.

SZ: Welche Ziele hatten Sie sich gesteckt?

Higley: Wir wollten 550 bis 600 Kilometer pro Stunde erreichen und sehen, wie sich der Wagen dabei verhält.

SZ: Letztes Jahr waren Sie schon 500 km/h schnell. Das ist, zumindest von außen betrachtet, doch kaum ein nennenswerter Fortschritt?

Higley: Richtig, aber im Moment fahren wir noch mit normalen Flugzeugreifen aus Gummi, die werden bei höheren Geschwindigkeiten einfach zerfetzt. Eigentlich wollten wir im Juni schon unsere neuen Räder haben. Die sind komplett aus Aluminium gefertigt und sie halten mehr als 1600 km/h aus. Leider fehlt uns noch das Geld für den Reifensatz.

SZ: Geld ist das Problem?

Higley: Ja, zwei Millionen Dollar würden ausreichen, um den North American Eagle für einen Rekordversuch in den nächsten Monaten vorzubereiten. Nur haben wir das Geld nicht.

SZ: Reißen sich Sponsoren nicht darum, Ihnen finanziell Unterstützung zu geben und ihren Firmennamen auf dem Raketenauto zu sehen?

Higley: Nein, ganz im Gegenteil. Große Firmen haben Angst, in ein Projekt verwickelt zu werden, dessen Erfolg total unsicher ist. Alle fürchten negative Schlagzeilen, falls etwas schief geht. Und wir können nicht garantieren, dass wir den Rekord brechen.

Wir versuchen, eine Grenze zu verschieben und so schnell zu fahren wie noch nie ein Mensch zuvor. Das ist absolutes Neuland für uns, denn niemand weiß genau, wie sich der Wagen bei Überschallgeschwindigkeit verhält. Das Projekt ist hochriskant - da kann man für nichts garantieren. Sponsoren hören das und sagen: Ohne Garantie gibt es keine Unterstützung.

SZ: Als das Raketenauto Thrust SSC 1997 die Schallmauer durchbrach und den aktuellen Geschwindigkeitsrekord aufstellte, genoss das Team die Unterstützung von potenten Sponsoren wie der Ölfirma Castrol - gab es damals eine Erfolgsgarantie?

Higley: Nein, aber der Thrust SSC wurde von einem britischen Team entwickelt. Die Briten haben eine andere Sichtweise, die lieben Abenteurer - Menschen, die sich aus Leidenschaft einer schweren Aufgabe stellen. Dort zählt schon der Versuch einen Rekord zu brechen, auch wenn am Ende kein Erfolg steht. In Amerika schütteln die Menschen eher den Kopf, wenn wir unser Projekt vorstellen.

SZ: Sie haben Ihren nächsten Rekordversuch für Ende 2006 angekündigt. Bleibt es dabei?

Higley: Nein, nach dem Rückschlag im Juni wird sich der Zeitplan verschieben. Wenn sich die Finanzen nicht ändern, werden wir das erst im Herbst 2007 realisieren können.

SZ: Dann werden Sie Ihr zehnjähriges Jubiläum im North-American-Eagle-Team feiern. Eine lange Zeit, vor allem, weil Sie hauptberuflich Lehrer sind und Ihre ganze Freizeit dem Wagen opfern - hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Sie Ihre Zeit verschwenden?

Higley: Nein, ich wusste von Anfang an, dass die Rekordjagd nicht nur ein Jahr dauern würde. Ich glaube auch, dass wir von vielen Menschen bewundert werden, so viel Geld und Zeit in unseren Traum zu investieren. Vor allem, weil wir keinerlei Aussicht haben, mit dem Projekt reich zu werden.

© Quelle: Süddeutsche Zeitung - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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