Renault Safrane 3. 0 V6:Kein schöner Rücken

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Den Deutschen ist der Franzose zu wenig konventionell gestrickt

(SZ vom 24.06.2000) Was macht eine Oberklasse-Limousine aus? Ein Stern auf der Haube natürlich, oder ein weiß-blauer Propeller - das wäre nun doch zu schlicht gedacht. Also noch einige Kriterien: beinahe fünf Meter Länge, ein Sechszylindermotor und selbstverständlich die klassische Stufenheckform. Schon besser, doch diese Definition gilt nicht in allen Ländern Europas: Warum muss ein Fahrzeug der Oberklasse eigentlich immer die konventionelle Stufenheckform zur Schau tragen, sagte man sich etwa bei Renault, als 1993 der Safrane vorgestellt wurde. Die Franzosen gaben ihrem Spitzenmodell damals ein Schrägheck mit auf den Weg - aber das ist kein Rücken, der die Deutschen entzücken könnte, wie sich im Lauf der Jahre herausstellte.

Denn der Safrane verkaufte sich nur in wenigen tausend Einheiten pro Jahr in Deutschland - und viele Autofans bezweifelten seine Zugehörigkeit zur Oberklasse. Dabei ist er im Pariser Regierungsviertel das, was in Berlin die S-Klasse von Mercedes-Benz ist: das meist gefahrene Regierungs- und Diplomatenauto. So blieb Renault nichts anderes übrig, als aus der Not eine Tugend zu machen und die bei den Deutschen ungeliebte Karosserieform als "gewollt anders" und "individuell" anzupreisen.

In der Tat hat die Schrägheckform in der Praxis ihre unleugbaren Vorteile: Der Kofferraum, der ein Fassungsvermögen von maximal 455 Liter aufweist, lässt sich durch Umklappen der Rücksitzlehnen erweitern, wenn einmal sperrige Lasten transportiert werden müssen. Es entsteht eine Ladelänge von 1,75 Metern. Doch das scheinen keine wichtigen Pluspunkte für ein Top-Modell zu sein. So bezeichnete Renault, zumindest hinter vorgehaltener Hand, selbst den Safrane letztendlich als eine Reiselimousine, die zur oberen Mittelklasse gehört - und daran gibt es nach unseren Erfahrungen nicht den geringsten Zweifel.

Vor allem das Raumangebot auf allen Plätzen des 4,77 Meter langen Safrane weiß zu überzeugen: Knie- und Ellenbogenfreiheit sind auch für Großgewachsene ausreichend dimensioniert - ein auf Langstrecken besonders wichtiger Vorteil. Für die kommode Art des Reisens sorgt die Top-Motorisierung, ein 3,0-Liter-V6-Aggregat, das immerhin 140 kW (190 PS) bereit stellt. Diese verhelfen dem Safrane zu einer Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h und zu einem Spurtvermögen von 9,2 Sekunden von Null auf 100 km/h. Wird das Leistungspotenzial ausgenutzt, wird der durchschnittliche Verbrauch von 11,6 Liter natürlich übertroffen.

Doch für rasante Touren sind sowohl die Charakteristik des Motors als auch das Gesamtkonzept des Safrane nicht ausgelegt - er ist eine souveräne Reiselimousine, die den Passagieren aufdringliche Motor- und Windgeräuschen erspart. Dazu passt auch die komplette Ausstattung, die alle relevanten Sicherheits- und Komfortdetails serienmäßig umfasst. Dazu gehört die Lederpolsterung ebenso wie Xenon-Scheinwerfer und das Carminat-Navigationssystem. Der Basispreis beträgt 71 900 Mark - ein faires Angebot.

Von Otto Fritscher

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