Renault Mégane:Der sanfte Herausforderer

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Der neue Renault Mégane versucht mit neuem Mut, sich in der Kompaktklasse durchzusetzen und dem Golf Käufer abzujagen.

Jörg Reichle

Haifischbecken Golf-Klasse: Wer im Segment der Kompaktautos heute Erfolg haben will, muss nicht nur gut sein, sondern besser. Am besten besser als der Golf. Ihn wollen seit vielen Jahren alle schlagen, doch bislang hat der Platzhirsch aus Wolfsburg sämtliche Attacken abgewehrt. Jetzt startet Renault den nächsten Versuch: Der neue Mégane soll es richten. Und die Erwartungen sind entsprechend hoch.

Gestaltungswille: Der neue Renault Mégane ist attraktiver als der letzte. Doch raussehen kann man nur schlecht. (Foto: Foto: oh)

Was die Optik angeht, bewies der Vorgänger wieder einmal, dass sich Volumenhersteller von Formen fernhalten sollten, die die Kundschaft in zwei Lager spalten. Pro und contra und nur die Hälfte kauft. Jetzt polarisiert das Design deutlich weniger und gefällt trotzdem: breite Spur, langer Radstand, niedriges Dach, klare Front mit profilierter Motorhaube, betonte Kotflügel wie beim Mazda6, ausgeprägte, nach hinten ansteigende Seitenlinie. Leider auch mit den zeittypischen Nachteilen: miserable Sichtverhältnisse - nach vorn wegen der hohen Fronthaube, nach hinten bedingt durch die kleinen Fenster und die breite C-Säule. 500 Euro für den Parkpiepser hinten und vorn sind gut angelegtes Geld.

Den Triumph der Mode über die Praxis spürt man auch innen. Zwar ist der neue Mégane gut acht Zentimeter länger als der alte, trotzdem sitzt man drin deutlich beengter; vor allem hinten, wo man kaum weiß, wohin mit den Knien. Gut, der Kofferraum (405 Liter) ist um einiges größer als der im Golf (350 Liter). Aber wer viel Gepäck mitnehmen will, dürfte sich sowieso eher für den - später erscheinenden - Kombi Grandtour entscheiden. Abstriche also bei den Alltagstalenten.

Deutlich besser sind andererseits die anfassbare und augenscheinliche Qualität geworden. Die kommode Fahrwerksabstimmung tut ein Übriges und man segelt mit dem Mégane gelassen in den ruhigen Gewässern der entspannten Fortbewegung. Kein Fahrerauto zwar, das verhindert allein schon die recht unpräzise, etwas teigige Lenkung, aber dennoch ein angenehmer Zeitgenosse, keine Frage. Und durchaus umweltbewusst.

Die Dieselpalette umfasst zum Verkaufsstart (noch in diesem Monat) zwei 1,5-Liter-Motoren, den dCi 90 mit 66 kW (90 PS) und den dCi 110 mit 78 kW (106 PS), sowie den 1,9-Liter dCi 130, der 96 kW (130 PS) leistet. Die beiden kleinen Diesel sollen nach Angaben von Renault mit 4,5 und 4,6 Liter Kraftstoff auf 100 km auskommen, was einem CO2-Ausstoß von 118 und 120 g/km entspricht.

Basisbenziner im neuen Mégane ist der 1.6 16 V mit 74 kW (100 PS) oder 81 kW (110 PS). Das zeitgleich erscheinende Mégane Coupé beansprucht außerdem exklusiv einen Zweiliter-Turbo mit nennenswerten 132 kW (180 PS). Ein 1,4-Liter-Turbo, erstes Ergebnis der Bemühung um kleinere Hubräume bei mehr Leistung und weniger Verbrauch, soll im Frühjahr kommen. Erwartete Leistung: 96 kW (130 PS) bei 190 Nm Drehmoment und 6,5 Liter verbrauchtes Super auf 100 km, macht 156 g CO2/km.

Wie gewohnt, gibt es den Mégane in drei unterschiedlichen Ausstattungen (Expression, Dynamique, Luxe), die ihrerseits wieder mit unterschiedlichen Motoren kombiniert werden können. Dabei bietet schon die einfachste Version serienmäßig unter anderem eine Klimaanlage, Nebelscheinwerfer, einen höhenverstellbaren Fahrersitz, eine asymmetrisch geteilte Rücksitzbank.

Die scheckkartengroße Keycard samt Start-Stopp-Knopf könnte sich Renault freilich sparen, auch wenn dieser ganze Schlüssel- und Kartenschnickschnack auch bei anderen Marken längst in Mode ist. Was spricht eigentlich gegen den guten alten Autoschlüssel - reinstecken, umdrehen, fertig?

Eine satte Liste von Zusatzausstattungen soll den Mégane jedenfalls im Konzert der wichtigsten Konkurrenten mitspielen lassen - vom Tempopilot mit Geschwindigkeitsbegrenzer über Bi-Xenonlicht mit Kurvenlicht, Super-Soundanlagen mit Bluetooth-Schnittstellen und allem Pipapo. Ganz ohne das alles beginnen die Preise bei 16.900 Euro für den 100-PS-Benziner. Zum Vergleich: Wer einen Golf VI mit 80-PS-Motor in Basisausstattung will, muss nur 16.500 Euro ausgeben. Auch deshalb wird der neue Mégane sich schwer tun.

© SZ vom 22.11.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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