Renault Laguna Kombi:Auf großer Tour

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Mit vier Motoren von 61 kW (83 PS) bis 102 kW (139 PS)

(SZ vom 05.08.1995) Als Kombi, der eine 'Limousine mit Freizeitabteil' sein möchte, positioniert Renault seinen Raumriesen Laguna Grandtour von 29. September an. Dahinter steckt die Erwartung, daß die Abgrenzung zwischen Kombi und Limousine vom Kunden nicht mehr so scharf vollzogen wird wie in der Vergangenheit. Im Gegenteil: Durch die Gleichpreis-Politik einiger Anbieter (zum Beispiel Volvo und Ford, die ihre Kombis zum gleichen Preis anbieten wie Limousinen) beschleunigt sich der ohnehin bestehende Trend zum Kombi noch.

Den Laguna zum Trendsetter der europäischen Mittelklasse zu trimmen, hat sich Renault 2,5 Milliarden Mark kosten lassen. Knapp 100 000 Stück sollen jährlich allein nach Deutschland kommen, etwa ein Drittel als Kombi mit dem griffigen Namen Grandtour. Insbesondere bei uns wird nicht allein sein vergleichsweise günstiger Preis die große Zugnummer sein, sondern insbesondere Design und Vielseitigkeit.

In der Tat gelang es den Designern, dem Laguna Grandtour prägnante Details zu geben, an denen schon der erste Blick hängen bleibt: Etwa seine tief heruntergezogene Motorhaube nach dem Vorbild moderner Alfa Romeo, die als 'Nase' das Firmenlogo aufnimmt. Oder die vertikal in die Pfosten der Heckklappe eingelassenen Rückleuchten, die wir auch vom Volvo Kombi und Fiat Punto kennen. Zugunsten der Stauraumgröße stehen die abgerundeten D-Säulen im Heck nahezu senkrecht. Ästhetisch wurde hier ein Mittelweg zwischen den Trendsettern angestrebt: Das Grandtour-Profil wirkt zwar nicht so dynamisch wie das des Audi Avant, aber auch nicht so holprig wie das des Volvo Kombi. Es besitzt ein eigenständiges Flair, was besonders in Deutschland und Italien geschätzt wird, wo mit einem Kombi insbesondere Lebensstil transportiert wird.

Platz in Hülle und Fülle

Wer allerdings - wie mehrheitlich Kombi-Kunden mit mindestens drei Kindern in Frankreich und Großbritannien - Reisegepäck oder Sportgerät zu befördern hat, findet im Laguna Grandtour so viel Platz wie in keinem anderen Kombi dieses Segments. 1188 Liter passen hinter die Fondsitze. Wer zu zweit reist, kann sogar 1782 Liter bei umgeklappten Rücksitzlehnen laden. Vorbildlich auch die nur 54 Zentimeter niedrige Ladekante dank tief in die Stoßfänger reichender Heckklappe. Und praktisch: Die Scheibe der Heckklappe läßt sich nach BMW touring-Vorbild für die kleine Einkaufstasche oder überlange Regalbretter separat öffnen.

Was sonst nur im höheren Segment zu haben ist, kann im Grandtour geordert (wegen der notwendigen Eingriffe in die Fahrzeugstruktur aber nicht nachgerüstet) werden: eine dritte Sitzbank für zwei Kinder zwischen vier und zehn Jahren entgegen der Fahrtrichtung. Sie ist Teil eines Family-Package gegen etwa 1500 Mark Aufpreis. Wie alle anderen fünf Plätze verfügen auch diese beiden über höhenverstellbare Dreipunkt-Gurte und verstellbare integrierte Kopfstützen.

Daß Insassenschutz bei Renault sehr ernst genommen wird, demonstriert ferner die serienmäßige Ausstattung des Laguna mit wegklappenden Pedalen, zwei Airbags, Seitenaufprallschutz-Traversen und pyrotechnischen Gurtstraffern vorne. Selbstverständlich sind alle Versionen mit ABS ausgerüstet.

Gutmütiges Fahrverhalten

Zunächst mit vier Motoren stattet Renault die Grandtour-Versionen für Deutschland aus. Eine 1,8-l-Vierzylinder- Version mit 66 kW (90 PS) ist für Einsteiger vorgesehen. Mit 2,0 Liter Hubraum stehen ein Zwei- und ein Vierventiler zur Auswahl. Der Zweiventiler leistet 83 kW (113 PS) und kann auch mit Automatikgetriebe bestellt werden, der Vierventiler bringt es auf 102 kW (139 PS). Ein 2,2-l- Saugdiesel-Motor mit 61 kW (83 PS) wird im Frühjahr 1996 von einer 2,2-l-Turbodiesel-Variante mit etwa 83 kW (113 PS) ersetzt.

Ein erster Eindruck im handgeschalteten 2.0 RT (Zweiventiler) bestätigt Renaults Fahrzeugphilosophie, die schon mit der Laguna-Limousine gepflegt wird: Der Grandtour rollt komfortabel ab, ist gutmütig im Fahrverhalten und kultiviert im Auftritt. Zumindest im unbeladenen Zustand ist man auf Landstraßen zügig unterwegs, auf Autobahnen wirkt er im oberen Drittel behäbiger als er nominell ist. Seine Höchstgeschwindigkeit liegt bei 190 km/h. Doch bereits ab 150 km/h kokettiert der Motor mit akustischer Präsenz, ohne zu halten, was sein Sound verspricht. Wer häufig die maximale Zuladung von 725 Kilogramm in der stärksten Version ausschöpft, ist gut beraten, einen automatischen Niveauausgleich für die Hinterachse zu ordern.

Insgesamt überzeugt der Laguna Grandtour als geräumigster Vertreter seiner Klasse durch überlegte Details, hohe Sicherheitsstandards und schmuckes Äußeres. Sein Preis steht noch nicht fest, soll aber etwa 6000 Mark über dem jeweiligen Limousinen-Modell liegen. Das hieße für den 2.0 RT rund 36 000 Mark.

Mit dem Laguna Grandtour startet Renault eine wahre Exportoffensive. Während von dem Vorgänger-Kombi, dem Nevada, nur 40 Prozent ins Ausland verkauft wurden, sollen es vom neuen Modell 60 Prozent sein.

Von Jürgen Zöllter

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