Renault Kangoo:Die Last mit der Last

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Wer mit dem Renault Kangoo 1.6 unterwegs ist, freut sich über viel Platz und ärgert sich an der Zapfsäule.

Marion Zellner

Die Zeiten sind lange vorbei, als Praktischem schnell der Makel des Unschönen anhing. Längst haben Designer auch Alltagsgegenstände im Auge - was ab und an dazu führt, dass die Dinge inzwischen zwar gut aussehen, aber nur bedingt alltagstauglich sind.

Angehübscht: Beim neuen Kangoo hat Renault versucht, die Transporteroptik zu überwinden - es ist nicht ganz gelungen. (Foto: Foto: Renault)

Soviel Raum muss erst mit Sinn gefüllt werden

Mit diesem Dilemma kämpfen auch Autohersteller. So dürfen etwa Kombis nicht wie ein Lastesel aussehen, dafür wird der Kofferraum gerne auch mal kleiner als beim Vorgänger. Und ganz schwer haben es die sogenannten Hochdachkombis - Fahrzeuge, mit denen früher Elektriker, Maler oder Gärtner Werkzeug und Material transportierten. Heute müssen sich diese Autos auch im zivilen Leben bewähren und gut dafür sein, ausladendes Sportgerät, große Hunde, natürlich Kinder und Kegel zu befördern - im besten Falle alles auf einmal.

Zu dieser Spezies zählt der Renault Kangoo. Und gleich der erste Blick macht die Schere zwischen Nutzen und Ästhetik deutlich, denn: Schön ist der Kangoo wahrlich nicht, auch wenn man sich bei der neuen Generation viel Mühe gegeben hat. Aber wie soll das auch bei einer 1,80 Meter hohen, mehr oder minder eckigen Kiste gehen?

Klarglasscheinwerfer und vertikale Rückleuchten können das nicht wettmachen. Doch das, fairerweise sei es gesagt, erwartet wohl auch niemand. Dafür ist der Kangoo eben praktisch, zumal er gegenüber seinem Vorgänger stolze 18 Zentimeter zugelegt hat und nun 4,21 Meter misst. Was sich gleich beim Kofferraum zeigt, der hinter einer riesigen Heckklappe mit bis zu 2688 Liter imposant viel Platz bietet. Spontan ist man versucht, so zwischendurch einen kleinen Umzug durchzuziehen, um all den Raum mit Sinn zu füllen und die beiden seitlichen Schiebetüren zu genießen.

Doch damit nicht genug: Staufächer im Boden gibt es obendrein und bei der zweitbesten Ausstattungsvariante namens Expression, die mit dem 1,6-Liter-Benziner kombiniert ist, sind nicht nur die Schiebetüren Serie, sondern auch die Ablagegalerie über den Vordersitzen und ein Fach in der Mittelkonsole. Damit lässt es sich im Alltag leben - wenn nicht, sollte man still in sich gehen und über einen Sammlertick nachdenken.

Viel Platz also, aber: Schon auf den ersten Kilometern wird klar, dass der Benziner nicht die beste Wahl ist. 106 PS sind zwar nicht eben wenig, aber das zarte Drehmoment von schlanken 148 Newtonmeter entwickelt sich erst bei 3750 Touren - mithin spät und dann auch noch mühsam. Und was das Vorankommen nicht einfacher werden lässt, ist die hakelige Fünf-Gang-Schaltung.

Schade: durstig und ESP gar nicht oder nur gegen Aufpreis

So mündet das Unterwegssein entweder in dümpelnder, durchzugsschwacher Fahrerei oder bemüßigt Ungeduldige, laufend hochtourig unter Dampf zu bleiben. Letzteres wird dann prompt ärgerlich: Zeigt sich der Kangoo 1.6 schon auf dem Prüfstand mit 7,9 Liter Super im Schnitt nicht als Sparwunder, sind die in der Praxis errechneten zehn Liter kaum hinnehmbar. Nicht zu akzeptieren und völlig unzeitgemäß ist auch, dass das elektronische Stabilitätsprogramm ESP nicht serienmäßig an Bord eines Autos ist, das für die ganze Familie gedacht ist. 15.900 Euro für die Benzinversion ist wirklich kein Kampfpreis, bei dem 300 Euro Zuzahlung für das ESP zu rechtfertigen wären. Und dass beim kleinen 68-PS-Diesel (15.150 Euro) ESP nicht mal gegen Bares zu haben ist, macht ratlos.

Argumente, die gegen den Kangoo sprechen könnten - was schade ist, denn: Wer viel Platz haben will und gut verarbeitetes Hartplastik akzeptiert, kann mit dem Familientransporter eigentlich nichts falsch machen. Vorausgesetzt, man wählt den stärkeren Diesel und zahlt 300 Euro für mehr Sicherheit obendrauf.

Renault Kangoo 1.6 16V: 78 kW (106 PS); max. Drehmoment: 148 Nm bei 3750 Umdrehungen; 0-100 km/h: 13,0 s; Vmax: 170 km/h; Verbrauch: 7,9 l Super; CO2: 191 g/km; Euro 4; 15.900 Euro

© SZ vom 22.03.2008/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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