Proton 420:Aller Anfang ist schwer

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Schräg- und Stufenheck-Limousine zum gleichen Preis

(SZ vom 05.04.1997) Proton, Malaysias Automobilhersteller Nummer eins, ist weiter bemüht, den deutschen Markt zu erschließen. Der jüngste Familienzuwachs vergrößert das Angebot allerdings nicht, sondern paßt es nur ans veränderte Umfeld an: Um der geltenden Abgasnorm gerecht zu werden, hat Proton die Pferde gewechselt und statt des 420 D einen 2,0-Liter-Saugdiesel, den 420 TD, ins Programm eingeschleust. Er wartet dank Turbolader mit niedrigeren Schadstoffwerten auf und stellt obendrein mehr Leistung bereit.

Den Motor, der maximal 60 kW (82 PS) erwirtschaftet, hat Proton - genauso wie seinen Vorgänger - von Mitsubishi übernommen. Einen schlechten Griff haben die Malaysier dabei nicht getan: Der 2,0-Liter-Vierzylinder ist ein ausgereiftes Aggregat, das mehr Temperament entwickelt, als die Papierform erwarten läßt. Schließlich handelt es sich beim Proton 420 TD um ein nicht gerade leichtes Auto - je nach Karosserieform und Ausstattungsumfang gilt es 1075 bis 1150 Kilogramm plus Insassen und Gepäck zu mobilisieren.

Es paßt einfach alles

Daß der Motor selbst dann nicht unangemessen laut wird, wenn die Geschwindigkeitsanzeige auf die 170er-Marke zueilt, ist die nächste angenehme Überraschung. Verstärkt wird der gute Eindruck dadurch, daß bereits bei 2500 Kurbelwellenumdrehungen pro Minute das maximale Drehmoment von 173 Newtonmetern zur Verfügung steht. Der Fahrer gebietet also schon bei niedrigen Drehzahlen über soviel Zugkraft, daß er den Schalthebel nicht allzu häufig zu bewegen braucht. Wer es trotzdem tut, wird feststellen, daß die Proton-Ingenieure das Fünfganggetriebe bestens auf den Motor abgestimmt haben: Da paßt einfach alles zusammen. Das kann man, mit leichten Abstrichen, mittlerweile auch vom Fahrwerk der 400er sagen, das anfangs viele Wünsche offen ließ.

Weniger erfreulich ist, daß der Proton-Turbodiesel den Tank schneller leert, als man das einem Selbstzünder heutzutage zutraut. Bei den Prüfstandtests nach neuer EU-Richtlinie lag der vom Hersteller ermittelte Verbrauch zwischen 6,8 (außerorts) und 9,8 (innerstädtisch) und der Durchschnittswert bei 7,6 Litern je 100 Kilometern - das klingt eigentlich mehr nach einem Benziner als nach einem Selbstzünder.

Angeboten wird die neue Variante nach Proton-Art zu einem höchst interessanten Preis, ganz abgesehen davon, daß der 420 TD, wie der Importeur nicht müde wird zu betonen, der einzige Diesel in Deutschland mit Sechs-Jahres-Garantie ist. 26 990 Mark kostet das Ganze, und zwar unabhängig davon, ob der Viertürer 4,27 Meter lang ist und in einer Schräge endet, unter der sich ein 415-Liter-Gepäckabteil befindet, oder ob er 4,36 Meter mißt und ein stufenförmiges Heck mit 385-Liter-Kofferraum aufweist. Die Rücksitzlehne ist in beiden Fällen sowohl umklappbar als auch asymmetrisch geteilt, so daß auch längere Gegenstände ins Auto passen.

Mit magerer Serienausstattung

Bei der Serienausstattung hat Proton nicht geknausert, doch so ganz zufrieden stellt das Angebot nicht: Fahrerairbag, Zentralverriegelung, Servolenkung, elektrische Fensterheber in den Vordertüren, beleuchteter Kofferraum, höhenverstellbares Lenkrad, höhenverstellbarer Fahrersitz, Mittelkonsole mit Ablagefach und Armstützen in allen Ehren. Doch warum ist es noch immer nicht möglich, den zweiten Airbag oder ein wichtiges Sicherheitsextra wie ABS gegen Aufpreis zu erwerben, wenn man andererseits in der Lage ist, dem Kunden Klimaanlage (2190 Mark), Standheizung (1890 Mark) und Getränkedosenhalter (79 Mark) zu offerieren? Die zweite Frage ist, warum ein Muß wie die Wegfahrsperre 290 Mark zusätzlich kostet. Eines sollte man Proton jedoch zugute halten: Das Gros der Extras ist so wohlfeil wie das Basisfahrzeug. Ein Blaupunkt-Kassettenradio gibt es für 390 Mark, für das von Hand zu bedienende Schiebedach werden 690 Mark in Rechnung gestellt, und für nur 200 Mark mehr bekommt man sogar ein elektrisch angetriebenes Dach.

An die Autos heranzukommen, fällt in manchen Teilen Deutschlands freilich weiterhin schwer. Nur etwas mehr als 200 Händler hat das Unternehmen bisher angeworben - deutlich weniger als geplant. Dem erklärten Ziel, ein flächendeckendes Wertstattnetz zu installieren, ist Proton in den zurückliegenden zwölf Monaten nicht näher gekommen. Vielleicht liegt es daran, daß das Geschäft mit Pkw aus Malaysia nur sehr bescheidene Umsätze verspricht: Exakt 173 Proton-Zulassungen hat die Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts im Januar 1997 registriert, nicht einmal ein Fahrzeug pro Händler.

Von Gerlinde Fröhlich-Merz

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