Privates Betreibermodell:Staufalle soll zur Schnellstraße werden

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Die Autobahn von Augsburg nach München wird sechsspurig ausgebaut. Erstmals wird dabei eine bundesdeutsche Autobahn von privaten Unternehmern ausgebaut, betrieben und gewartet.

Von Stefan Mayr

Wenn Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee unterwegs aus den getönten Scheiben seiner Berliner Limousine geblickt hat, dann muss er erkannt haben, wie dringend dieser Spatenstich war. So hat die Einfahrt der Autobahn-Anschlussstelle Adelzhausen der A 8 zwischen Augsburg und München so gut wie keinen Beschleunigungsstreifen, obendrein liegt sie an einer Steigung. In Stoßzeiten warten hier München-Pendler minutenlang, ehe sie eine Lücke finden, um ihren Wagen per Kavalierstart in den dichten Verkehr einfädeln zu können. Am Ende des Adelzhausener Berges nahm der Bundesminister am Dienstag jetzt den symbolischen Spatenstich vor, um den Ausbau der Autobahn A 8 zur sechsspurigen Schnellstraße zu starten. Aus der veralteten und überlasteten A 8 wird ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt: Erstmals wird ein Bundesautobahn-Abschnitt von einem Konsortium privater Unternehmer ausgebaut, betrieben und auch gewartet.

Ein Teil der Autobahn ist bereits sechsspurig ausgebaut (gelb), der Rest (rot) soll bis 2010 fertiggestellt sein. (Foto: Grafik: SZ)

Der Vertrag gilt 30 Jahre, dann gehören die Mauteinnahmen wieder dem Staat

"Das ist eine völlig neue Art der Finanzierung, die zu einem schnelleren und effizienteren Bau führt", sagte Tiefensee nach getaner Buddelarbeit. Die Partnerschaft zwischen öffentlichem Auftraggeber und privatem Konzessionsnehmer wird Public Private Partnership (PPP) genannt. Auf Deutsch heißt das in diesem Fall: Die Autobahnplus GmbH, ein Zusammenschluss von sieben Baufirmen aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden, baut die 37 Kilometer zwischen Augsburg-West und Palsweis aus. Als Gegenleistung erhält das Konsortium die Lkw-Maut der 52 Kilometer langen Gesamtstrecke zwischen der Anschlussstelle Augsburg-West und dem Allacher Dreieck. Der Vertrag gilt für 30 Jahre, so lange ist der Betreiber für Pflege und Unterhalt der Strecke zuständig, also auch für den Winterdienst. Im Jahr 2037 geht der Abschnitt wieder in die Obhut des Staates zurück.

Nur durch dieses PPP-Modell war es laut Tiefensee möglich, den dringend nötigen Ausbau trotz angespannter Finanzlage ohne weitere Verzögerungen vorzunehmen. "Das hat volkswirtschaftlichen Nutzen", so der Minister. Diesen ließ sich der Staat einiges kosten: Autobahnplus erhält zusätzlich eine Anschubfinanzierung, deren Höhe die Beteiligten konsequent verschweigen. Tiefensee verriet am Dienstag nur so viel: "Die öffentliche Hand ist überrascht über die geringe Höhe dieses Betrags." Eine weitere Vorleistung ist dagegen exakt zu beziffern: Die neue sechsspurige Lechbrücke wird derzeit mit Steuergeldern in Höhe von 13 Millionen Euro errichtet.

Die A 8 gilt als eine der am stärksten befahrenen Straßen Deutschlands und wichtige West-Ost-Transitachse Mitteleuropas. Der schwäbische Abschnitt wurde seit seiner Fertigstellung vor dem Zweiten Weltkrieg kaum ausgebaut - von stückwerkartigen Ausbesserungen einmal abgesehen. Die Strecke ist täglich im Verkehrsfunk zu hören, Spötter nennen sie den "längsten Parkplatz der Welt".

Bis zu 100.000 Fahrzeuge pro Tag drängeln sich über die Trasse mit ihren zahlreichen starken Steigungen und unübersichtlichen Kuppen. Standstreifen gibt es nicht, all das macht die A 8 gefährlich und stauanfällig. Auch Lärmschutzwälle fehlen. Diese Missstände sollen bis Ende 2010 behoben sein, dann rollt der Verkehr zwischen München und Augsburg durchgehend sechsspurig. Bis dahin sind allerdings noch mehr Staus zu erwarten als bisher: "Während des Baus können die Autofahrer den Fortschritt im Schritttempo bestaunen", sagte Nico de Vries von Autobahnplus. Die Kosten des Ausbaus schätzt de Vries auf 230 Millionen Euro, dem steht ein Konzessionsvolumen von 650 Millionen gegenüber.

Spötter meinen: "Der längste Parkplatz der Welt"

Noch in diesem Sommer soll nach Tiefensees Aussage entschieden werden, ob die 58 Kilometer von Augsburg nach Ulm ebenfalls per PPP-Modell ausgebaut werden. "Wir wollen dieses Konzept an möglichst vielen Stellen anwenden", kündigte der Minister an. Staatssekretär Georg Schmid (CSU) äußerte sich optimistisch, dass die Strecke Augsburg-Ulm bis 2011 fertiggestellt wird. Die schwäbische Wirtschaft fordert den Ausbau beider Abschnitte seit Jahren.

Hinter der Autobahnplus GmbH stehen die Firmen Wayss & Freytag, Berger Bau und Trapp Infra aus Deutschland, Bam PPP und Fluor Infrastructure aus den Niederlanden sowie Egis Projects und Transroute International aus Frankreich. Das Konsortium ist seit 1. Mai für den Unterhalt zuständig. Der Ausbau soll in vier Phasen erfolgen, dabei sollen stets zwei Spuren pro Richtung befahrbar sein. "Dennoch werden die Beeinträchtigungen im Fokus der Öffentlichkeit stehen", kündigte Paul Lichtenwald von der Autobahndirektion Südbayern an.

© SZ vom 13.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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