Praxistest: BMW 320d:Drei ohne Error

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Auch das kann ein Vorteil sein: Im Gegensatz zu manchen anderen Mittelklasse-Limousinen haftet dem BMW 320d nicht das Image der Vertreterschleuder an. Wir sagen, warum der Vierzylinder-Diesel die beste 3er-Wahl ist.

Von Stefan Grundhoff

Mondeo, Vectra oder Passat - ja sogar dem A4 hängt irgendwie ein fader Beigeschmack an: Bei der Wahl eines dieser Modelle muss man mit teuren Sonderausstattungen und auffälligem Zubehör gegen den Ruf als berufsmäßiger Kilometerfresser ankämpfen. Auch Diesel-3er sind häufig als Dienstwagen unterwegs.

Darum geht es hier: 320d (Foto: Foto: pressinform)

Doch wer 3er sagt, denkt eigentlich eher an Sportlichkeit und Dynamik. Und keineswegs immer bietet bei anderen Marken das Volumenmodell auch das beste Paket.

Alles anders beim BMW 320d. Der betört Herz und Kopf, macht Spaß und schont den Geldbeutel - außer bei der Anschaffung. Wer die ersten hundert Kilometer hinter sich gebracht hat, wird kaum noch einen Grund finden, mehr Motor in einen 3er zu packen.

Zupackend und agil

Der Zweiliter-Diesel mit neuester Commonrail-Technik leistet 120 kW / 163 PS. Das ist mehr als genug, um den 1,5 Tonnen schweren Bayern auch einmal stramm über enge Bergstraßen oder über die A8 zu scheuchen. Das maximale Drehmoment von 340 Nm wird anders als bei zahlreichen Konkurrenten glücklicherweise an die Hinterachse übertragen.

Mit der nahezu perfekten Gewichtsverteilung von 50:50 fährt sich der Volumen-BMW agiler denn je. Keine nervigen Antriebskräfte am Lenkrad oder den Vorderrädern, die bei schlechtem Fahrbahnbelag schon reichlich früh die Regelsysteme bemühen.

Gerade in den unteren Gängen geht es engagiert zur Sache. 0 auf 100 km/h in 8,3 Sekunden sagt dabei weniger aus als ein kraftvoller Zwischenspurt von 80 bis 120 km/h in 6,7 Sekunden. Dafür muss man allerdings vom fünften in den dritten Gang zurückschalten. Doch gerade das macht Freude: Trotz des Drehmoments ist die Handschaltung hier ein Sahnestück.

Sparfuchs...

Das 3er-Gesamtpaket von Motor, Antrieb, Lenkung, Fahrwerk und Bremsen ist in der Mittelklasse derzeit das Maß der Dinge. Dass sich der Durchschnittsverbrauch mit 6,1 Litern Diesel auf 100 Kilometer selbst bei temperamentvoller Fahrweise angenehm zurückhielt, überraschte uns durchaus. Mit dem 61-Liter-Tank sind so 1000 Kilometer Reichweite pro Tankfüllung realistisch. Selbst bei längeren Vollgasorgien auf der Autobahn bleibt die Sieben-Liter-Marke jederzeit fest im Blick.

Die Höchstgeschwindigkeit von - gemessenen - 230 km/h (Tachoanzeige 242 km/h) unterstreicht abermals, dass mehr 3er-BMW kaum sein muss. Für die bitter nötige Umweltschonung sorgen die Euro-4-Norm und der Partikelfilter.

Das ganze Loblied soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der BMW 320d mit negativen Details auffällt. Der Basispreis von 30.700 Euro sorgt bereits für das erste ärgerliche Stirnrunzeln. Und spätestens nach einem Blick auf die eher magere Serienausstattung schauen sich viele potenzielle BMW-Interessenten die Verkaufsprospekte und Preislisten der ebenfalls nicht schwächlichen Konkurrenz nochmals genauer an.

...und Geizkragen

Serienmäßig gibt es müde 16-Zoll-Stahlfelgen, die sich in den mächtigen Radhäusern eher peinlich verlieren. Um einen Alurad-Satz mit 17 Zoll großen Felgen kommen nicht nur Sportfans kaum herum. Auch ansonsten ist die Serienausstattung geradezu ärmlich. Premium hin oder her - dass selbst Nebelscheinwerfer (200 Euro), Regensensor (120 Euro) und eine Klimaautomatik (750 Euro) als teure Extras bestellt werden müssen, ist schlicht ein Ärgernis. Wer denkt angesichts solcher peinlichen Zahlen schon zuerst an das prächtige Fahrwerk, das einen sportlich stramm durch die Kurven g(e)leitet?

Doch damit ist die Vermisstenliste noch lange nicht am Ende: Multifunktionslenkrad, Mittelarmlehne vorne, Durchladesystem und anklappbare Außenspiegel - nichts davon ist für die 30.700 Euro Grundpreis zu haben. Dabei greift man auch dieser Klasse mittlerweile ohnehin schon gerne in die optionale Wundertüte und zieht Navigationssystem (ab 2.250 Euro), Einparkhilfe (700 Euro) oder Sitzheizung (360 Euro) heraus. Der BMW 320d ist ohne Zweifel ein exzellentes Auto - aber unter 40.000 Euro ist vernünftig kaum was zu machen. Serie ist allein die komplette Sicherheitsausstattung.

Wo viel Licht ist...

Im Innenraum zeigt der BMW ebenfalls starke und schwache Seiten. Die Sitze - einfach klasse. Die Übersichtlichkeit könnte dagegen besser sein. Der Lichtschalter ist kaum zu sehen, die Instrumentierung ist fast schon puristisch. Und wer mit Tempomat fährt, sucht eine Anzeige, die dies auch bestätigt - vergeblich.

Positiv: Für viele gehören MP3-Player längst zum täglichen Leben: kein Schritt aus dem Haus ohne iPod oder Zen Micro. Die kann man per Aux-Anschluss am Mitteltunnel problemlos im 320d andocken - serienmäßig. Wir können es kaum glauben.

Das Platzangebot ist dank 2,76 Metern Radstand in der ersten Reihe ordentlich - auch Fahrer um die 1,90 Meter können auf den vielfältig verstellbaren Stühlen prima sitzen. Mit einem Schiebedach wird es für die Föntolle jedoch eng.

So geht es den Passagieren im Fond ständig. Mehr als zwei Personen möchte man dem Fondgestühl kaum zumuten. Knie- und Kopffreiheit stoßen schnell an ihre Grenzen. Auch eine Innenbreite von 1,45 Metern ist alles andere als üppig. Der Kofferraum mit großer Klappe schluckt immerhin 460 Liter. Das ist zwar nicht das Format von Passat oder Vectra - aber in der Regel genug. Für Kleinkram gibt es nicht nur im Innenraum, sondern auch im Kofferraum Platz - in einer versteckten Schublade.

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