Porsche Carrera 4S:Die unendliche Geschichte

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Immer wieder wird der 911er besser und alltagstauglicher

(SZ vom 12.06.1996) Eigentlich waren wir ja schon gar keine langen Winter mehr gewohnt - und wir hatten uns nahezu dazu durchgerungen, den Kauf reinrassiger Winterreifen einzustellen. Doch dann zogen an uns die vergangenen Monate mit Schnee und Nebel ohne Ende vorbei, und wir konnten wieder einmal ausgiebig feststellen, wie unterschiedlich die diversen Auto-Fabrikate für Fahrten auf Schnee und Eis geeignet waren.

Klar, daß in diesen Wochen die Modelle mit Allradantrieb besonders begehrt waren - und wenn eines der Fahrzeuge dann noch aus Zuffenhausen stammt, ist der Andrang natürlich besonders groß. Nun hatten wir ja bereits vor einem Jahr einmal einen Carrera 4 gefahren, unser Urteil damals: 'Der Geradeauslauf ist nahezu unerschütterlich, die Kurvengeschwindigkeiten liegen weit über dem, was normale Autofahrer ihrem Fahrkönnen zutrauen - und die Bremsen gehören zum Besten, was auf dem Markt gegen Geld zu haben ist.'

Zwei Fragen lösen

Wir monierten damals jedoch das auf Schnee nicht ganz so vollkommene Fahrverhalten (die Leistung wurde nur teilweise an die Vorderachse gebracht), das die Porsche-Techniker allerdings auf zu hohe Fertigungstoleranzen in der Viscokupplung zurückführten. Da traf es sich gut, daß man in Zuffenhausen mit der Einführung des Carrera 4S eine neue Variante ins Angebot brachte, die gleich zwei Fragen lösen helfen konnte: Was macht die Visco-Kupplung in diesem Winter - und: Lohnt sich der Kaufpreis von stolzen 158 100 Mark für diese Neuinterpretation des ewigen Themas 911?

Wenn man sich die Verkaufsziffern von Porsche betrachtet, scheint die Frage mit einem klaren Ja beantwortet werden zu können. Ausgerechnet der Carrera 4S und der noch teurere turbo weisen die höchsten Verkaufsziffern (und zur Freude von Vorstands-Chef Wiedeking) auch den höchsten Deckungsbeitrag vor.

Was bringt nun der S4 dem Käufer? Zuerst einmal die Optik des wesentlich teureren turbo: dicke Kotflügelverbreiterungen und darunter ein 18 Zoll-Fahrwerk. Unter der Motorhaube arbeitet hingegen der auf nunmehr 210 kW (285 PS) erstarkte 3,6-Liter-Sechszylinder, der bei uns auf 100 Kilometer zwischen elf und 15 Liter bleifreies Superbenzin benötigte. Daß die Fahrleistungen (gegenüber dem heckgetriebenen Carrera 2) etwas schwächer ausfielen, lag einerseits an dem höheren Gewicht der Allradversion und andererseits an dem etwas schlechteren Luftwiderstand der breiteren Karosserie. Und außerdem ist alles relativ - denn die reinen Fahrleistungen des Carrera S4 liegen natürlich weit über dem, was auf Deutschlands Straßen notwendig ist: Null auf 100 km/h in 5,4 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h.

Die letzte Ziffer haben wir allerdings der Pressemappe entnommen, denn die montierten Winterreifen ließen maximal 210 km/h zu - und bis in diesen Geschwindigkeitsbereich entpuppte sich der S4 als leicht beherrschbar und erstaunlich komfortabler Sportwagen, der (zwangsläufig) besonders auf glatter und rutschiger Fahrbahn seine Stärken ausspielte. Der im vergangenen Jahr monierte Hang zum Übersteuern ist nun nur noch mit bewußtem Einsatz des Gaspedals erzielbar - ansonsten gibt sich der S4 lammfromm und problemlos einsetzbar.

Einmal mehr ist es Porsche gelungen, einen der letzten großen Klassiker weiter zu verbessern - der 911er ist wieder einmal komfortabler, sparsamer und noch leichter zu fahren geworden. Und die feste Porsche-Gemeinde weiß es zu danken und eilt zu den Auftragsbüchern.

Von Jürgen Lewandowski

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