Opel Corsa:Der Junior ist erwachsen geworden

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Mit einer guten Sicherheitsausstattung und zu Preisen von 18 540 Mark aufwärts

(SZ vom 10.03.1993) In jüngster Zeit spült die Welle offensiver Marktpolitik auch neue Kleinwagen auf unseren Markt, als gelte es, vorzuführen, daß Autofahren eine neue Dimension angenommen habe. Wenn es nach Opel geht, wird sie objektiv begrenzt von 3729*1608*1420 Millimeter (Länge * Breite * Höhe) Außenmaß, also von dem des neuen Corsa. Auf einem Radstand von 2443 Millimeter bieten die Rüsselsheimer ab 27. März den dreitürigen Corsa mit vier Seitenfenstern und schrägem Heck, ab Herbst 1993 zusätzlich eine zweite Karosserievariante mit drei Türen, kombiähnlichem Steilheck und größerer Kopffreiheit im Fond sowie mit steiler stehender Frontscheibe. Den Dreitürer sieht Opel als wendige, sportliche Version für Singles bzw. als klassischen Zweitwagen, den Fünftürer als überwiegend nutzorientierten Kleinwagen mit Familientauglichkeit.

Gegenüber dem kantigen Vorgängermodell wirkt der neue Corsa stilistisch ausgewogen, jung und pfiffig und durch großzügige Verglasung sowie filigrane Dachpfosten und extrem kurze Überhänge sehr modern. In alle Richtungen hat der neue gegenüber dem alten um fünf bis acht Zentimeter zugelegt, beim Radstand sogar um zehn Zentimeter. Entsprechend wuchs auch die Spurbreite mit. Während ferner Schultermaße und Kopffreiheit innen zunahmen, verringerte sich der Beinraum vorn geringfügig zugunsten des nun mehr als vier Zentimeter längeren hinten. Auch dem Kofferraumvolumen von 260 Liter (Dreitürer) und 280 Liter (Fünftürer) kam das Wachstum zugute, es ist mindestens 35 Liter größer als das des Vorgängers.

Menschen mit gutem Gedächtnis werden sich an die Studie Junior erinnern, die Opel zur Frankfurter Automobilausstellung (IAA) 1983 präsentierte. Der neue Corsa zeigt große Ähnlichkeit mit ihr. In Erscheinung und Konzeption muß er als Fortsetzung der mit Calibra und Astra eingeleiteten Runderneuerung des Opel- Profils gelten. Weshalb darf man dem neuen Corsa zutrauen, daß er zum meistgekauften Auto seiner Klasse avanciert?

Weil er mit Ausstattungsdetails glänzt, die manche Mittelklasse-Limousine vermissen läßt und im Kleinwagensegment bisher als überflüssig, weil zu teuer galten. Zum Beispiel eine crasherprobte Sicherheits-Fahrgastzelle mit doppelten Stahlrohren in den Seitentüren, Stützrampen in den Sitzgestellen, höhenverstellbaren Sicherheitsgurten vorn und hinten, serienmäßigen Gurtstrammern vorn und ab Herbst - auf Wunsch - mit Fahrer-Airbag im US-Format. Zur Serienausstattung aller fünf Modelle zählen ferner ein Fünfganggetriebe, umklappbare Rücksitzbank, die sich zudem noch durch Rasterstufen vielfach arretieren läßt, Heckscheibenwischer und ein Belüftungssystem mit Pollenfilter. Auf Haltegriffe hinten habe man verzichtet, so die Techniker, weil der dreitürige Corsa überwiegend von nur zwei Passagieren gefahren werde.

Optimal sind allerdings ein elektronisch geregeltes ABS (im Corsa GSi serienmäßig), eine FCKW-freie Klimaanlage (außer 1,2-l-Version) und für den Typ 1.4i mit 44 kW/60 PS ein modernes Viergang-Automatikgetriebe mit drei Fahrprogrammen vorgesehen. Je nach Modell stehen u. a. serienmäßig bzw. gegen Aufpreis zur Verfügung: Servolenkung, elektrische Fensterheber und verstellbare, beheizte Außenspiegel, Zentralverriegelung, Schiebe-/Hubdach und Diebstahlwarnanlage.

Neun verschiedene Versionen

Insgesamt neun verschiedene Versionen des Dreitürers gehen an den Start, sechs davon (ausstattungsbereinigt) zu Preisen, die unter denen des Vorgängers liegen. Möglich wird diese Preispolitik durch die Verkürzung der Entwicklungszeit für den Corsa aufgrund einer Neustrukturierung der Entwicklungsmannschaft. Auch die deutliche Verringerung der Teilevielfalt um etwa 36 Prozent und Montagezeitverkürzungen trägt dazu bei. Dank vielfach ausgelobter 'lean production' schließlich ist die Produktivität im spanischen Corsa-Stammwerk Saragossa, im portugiesischen GM-Werk Azambuja und im deutschen Werk Eisenach um 20 Prozent höher als zu Produktionszeiten des Vorgänger-Corsa.

Vier Benzinmotoren mit geregeltem Katalysator sowie zwei Dieselaggregate mit Oxidations-Kat stehen bereit. Sie unterstreichen Opels Bemühungen, den Ausstoß von Schadstoffen soweit wie möglich zu reduzieren. Dem tragen auch recyclingfähige Materialien Rechnung, die beim Corsa in einem Umfang verwendet werden wie nie zuvor in einem Opel.

Für 18 540 Mark erhält der Kunde den preiswertesten Corsa, einen 1.2i mit 33 kW/45 PS in der Ausstattungsvariante Eco. Als Swing mit reichhaltiger Innenausstattung und breiteren Reifen kostet er 19 490 Mark, als Joy mit besonders attraktivem Innenraum-Design 19 800 Mark. Der neu entwickelte Motor mit elektronischer Benzineinspritzung, Direktzündung und Klopfregelung soll im Drittelmix nur 5,9 Liter/100 km Super Bleifrei verbrauchen und besonders geringe Abgaswerte besitzen.

Der bekannte 1.4i-Motor leistet im Swing und im Joy 44 kW/60 PS und kostet 20 120 bzw. 20 430 Mark. Mit höherer Verdichtung und flotteren Drehzahlen leistet er im Joy 1.4 Si 60 kW/82 PS und steht für 21 195 Mark in der Preisliste. Ebenfalls neu entwickelt wurde der drehmomentstarke Vierventilmotor des Corsa GSi, der zusammen mit den Fünftürern erst ab Herbst verfügbar sein wird. 80 kW/109 PS leistet das Triebwerk des mit allerlei Karosserie-Anbauteilen behängten Sportlers und verbraucht im Drittelmix nur 7,2 Liter/100 km. Der Preis des GSi steht gegenwärtig noch nicht fest, dürfte aber bei 28 000 Mark liegen.

Wahre Sparbüchsen auf Rädern sind die beiden Diesel-Versionen 1.5 D mit 37 kW/50 PS und 1.5 TD mit 49 kW/67 PS. Als Eco kostet der Saugdiesel 20 250 Mark, als Swing 21 200 Mark. Der Turbodiesel ist nur in der Swing-Version für 22 635 Mark lieferbar. Ohne seine Dieseltechnik zu verleugnen, aber dennoch nicht aufdringlich laut, brummt der Saugdiesel bis zur Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h, der Turbodiesel dreht ein wenig geschmeidiger bis zur Endmarke 165 km/h. Im Drittelmix genehmigen sich beide nicht mehr als 5,2 l/100 km.

Im Vergleich zur italienischen, französischen und japanischen Konkurrenz informiert das Fahrwerk des neuen Corsa seine Passagiere, sagen wir pflichtbewußter über die Beschaffenheit der Straße. Selten scheint ihm eine Querfuge oder gar eine Asphalt-Unebenheit unwichtig genug, sie ohne Meldung zu übergehen. Bei der Gestaltung des Innenraums vermieden die Designer jegliches Experiment und setzten auf Klarheit und bewährte Funktionalität. Die Instrumente liegen gut im Blickfeld, alle Schalter und Regler gut zur Hand. Mit dem neuen Corsa schuf Opel ein rundum eigenständiges Auto in formal-ästhetischer Ausgewogenheit und mit sicherheitsrelevanten Konstruktionsdetails.

Von Jürgen Zöllter

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