Opel Agila:Neue Zugnummer im Stadtflohzirkus

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Der Halbbruder des Suzuki Wagon R+ bietet ausreichend Raum für Vier

(SZ vom 10.06.2000) Kleinstautos mit großem Fassungsvermögen gehören zu den Raritäten auf deutschen Straßen. Der Einstieg von Opel dürfte allerdings Bewegung in die Szene bringen und die Marktnische zu einem ansehnlichen Segment ausweiten: 20 000 Stadtflöhe der Spezies Agila wollen die Hessen jährlich springen lassen. Damit wäre ihnen die Rolle des Zirkusdirektors sicher, denn von solchen Stückzahlen kann die Konkurrenz aus Japan und Korea nur träumen.

Ohne japanische Hilfe wäre Opel freilich noch nicht so weit: Der Agila ist keine komplette Neuentwicklung, sondern ein verkappter Suzuki Wagon R+ der zweiten Generation, in den viele Ideen aus Rüsselsheim eingeflossen sind, wie der dort ansässige Technik-Vorstand Hans Demant betont. Damit der 3,50 Meter kurze, 1,62 Meter breite und 1,66 Meter hohe Viertürer den Blitz am Bug wirklich zu Recht trägt, wird er mit waschechten Opel-Aggregaten bestückt. Der 1,0-Liter-Dreizylinder stellt maximal 43 kW (58 PS) und - bei 3800/min - einen Drehmomenthöchstwert von 85 Nm bereit, der Vierzylinder wartet mit 1,2 Liter Hubraum, 55 kW (75 PS) und 110 Nm bei 4000/min auf. Beide erfüllen die D4-Abgasnorm.

Beim 1. 0 12V geht die stärkste Zugkraft nicht vom Motor, sondern vom Preis aus: Er ist, wenn man die 675 Mark für das ABS sofort addiert, für 18 175 Mark zu bekommen, und zwar passabel ausgestattet. Enthalten sind beispielsweise die exakt ansprechende Servolenkung, elektrisch verstellbare Außenspiegel, 14-Zoll-Räder, die Radiovorbereitung inklusive Dachantenne und Lautsprechern sowie zwei Front-, jedoch keine Seitenairbags: Sie werden erst 2001 lieferbar sein. Darüber hinaus sind alle Varianten reich bestückt mit Ablagefächern und einer umklappbaren, in der Mitte geteilten Rücksitzbank, so dass der Laderaum stufenweise von 240 auf 1250 Liter ausgeweitet werden kann.

Noch mehr hat der 1. 2 16V zu bieten, was auf der Ausstattungsseite daran liegt, dass er nur in den teureren Spielarten Comfort und Elegance lieferbar ist. Sie schließen in jedem Fall ABS, Kopfstützen im Fond, Gepäckraumabdeckung und - in der obersten Stufe - Dachreling, Drehzahlmesser, Nebelscheinwerfer, elektrische Fensterheber in den vorderen Türen und Zentralverriegelung ein. Soviel Luxus treibt den Einstiegspreis freilich auf 20 145 oder 22 845 Mark. Reichlicher bemessen sind dann aber auch die Leistungsreserven, weshalb der stärkere der beiden Agila sogar bei Überlandfahrten mit eingeschalteter Klimaanlage (1850 Mark Aufpreis) einen munteren Eindruck macht. Für maximal vier mittelgroße Passagiere, die dem Motor gerne bei der Arbeit zuhören und sich an Windgeräuschen nicht stören, liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 155 km/h, 13 km/h über dem Wert des Dreizylinders. Wer langsamer fährt, schont seine Ohren und kann obendrein hoffen, mit 6,5 oder 6,3 Liter Superbenzin 100 Kilometer weit zu kommen.

Dass die Winzlinge von Opel und Suzuki nur Halbbrüder und nicht etwa Zwillinge sind, lässt neben der Antriebstechnik und dem etwas straffer abgestimmten, im Rahmen seiner - von 2,36 Meter Radstand - begrenzten Möglichkeiten tadellos agierenden Agila-Fahrwerk auch die Aufmachung erkennen. Der Instrumententräger ist mit Opel-Elementen bestückt und auch die fest gepolsterten Sitze sind mit Stoffen im Stil des Hauses bezogen.

Von derartigen Details wird sich allerdings wohl nur ein kleiner Teil der Kundschaft beeinflussen lassen. Der Erfolg dürfte vielmehr von der Nähe zum Händler abhängen, und da ist Opel mit 1030 Opel-Vertriebspartnern und annähernd 2400 Stützpunkten gegenüber 420 Suzuki-Betrieben eindeutig im Vorteil. Andererseits kommen die Käufer des von den Japanern offerierten Winzlings in den Genuss einer dreijährigen Garantie, während Opel an der deutschen Ein-Jahres-Frist festhält. In einem anderen Punkt sind sich die Entwicklungspartner hingegen einig: Auf die größtenteils verzinkten Karosserien wird eine Zwölf-Jahres-Garantie gegen Durchrostung gewährt.

Von Gerlinde Fröhlich-Merz

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