Oldtimer-Auktionen:Hammerharte Szene

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Bei den Auktionen in Monaco wird gefeilscht, getuschelt und taktiert. Schließlich geht es um einzigartige Autos - und um Geld. Um sehr viel Geld.

Thomas Wirth

"Gentlemen", sagt Douglas Jamieson, "sie sehen hier ein außergewöhnliches Beispiel. Matching numbers, und auf allen wichtigen Veranstaltungen gerne gesehen." Großes Lob des Auktionators für Lot 261, das ist sein Job. Doch das Publikum reagiert nicht auf die Floskeln. Es weiß einfach mehr, vielleicht auch zu viel.

Wurde einst als PR-Gag für eine Segelschule gebaut: das Boat-Car auf der Basis eines Fiat 1100 (Foto: Foto: Thomas Kunert)

Denn 15 Jahre habe der Wagen früher zur Belustigung der Gäste in einem Partykeller gestanden - unbewegt. Das hört man hier über diesen Maserati 150 S im weiten Zirkuszelt in Fontvieille, jenem Quartier des mondänen Stadtstaats Monaco, das hinter dem Felsen des Fürstenpalasts liegt.

Aus dem Kellerverlies habe dann Graf Dönhoff den Maserati schließlich erlöst, aber das war schon Mitte der siebziger Jahre. Und nun parkt der offene Zweisitzer zwischen mehreren Dutzend Klassikern in der Manege dieses Zeltes, das hier immer steht.

Annähernd 200 Gäste sind am Wochenende des Grand Prix Historique zur "Légende et Passion"-Auktion von Coys of Kensington gekommen. Mittendrin der Maserati. Ein Porsche-Konkurrent sei er gewesen, erklärt der Katalog. Dieser hier, mit Chassisnummer 1668, verließ den Annalen folgend das Werk am 25. April 1956 und ging in die Hände eines Monsieur Guy Michel in Paris, der mit ihm zweimal das legendäre Straßenrennen Mille Miglia absolvierte.

Kein Wort allerdings davon, dass Michel 1956 nur auf den 126. Platz fuhr und 1957 gar ausschied. Doch das Publikum kennt jeden Splitter dieser Biografie und weiß so auch, dass es für den Maserati nicht die erste Auktion ist. Doch niemand hatte bislang genügend geboten.

Auf rund 700.000 Euro taxiert ihn Walter Bäumer, profunder Maserati-Kenner aus Deutschland. "Rennwagen werden heute nicht allein von Sammlern gekauft", sagt er, "viele wollen Rennen fahren. Doch mit einem 150 S bist du oft weit hinten."

"Manche Autos sind nur hier, um Preise zu testen"

In den Mittfünfzigern galt er noch als ernster Konkurrent, und seine 230 km/h aus weniger als 1,5 Liter Hubraum können noch immer beeindrucken. Nur existiert heute keine passende Klasse für den 150 S - er misst sich, meist vergeblich, mit Größeren. Unablässig muss der Pilot schalten, um die Drehzahl im schmalen nutzbaren Band zu halten. "Viele Besitzer haben deshalb ihren 150 S nach kurzer Zeit wieder verkauft", weiß Walter Bäumer.

Er beobachtet hier nur aufmerksam - wie so viele andere auch, die in das Coys-Zelt gekommen sind; sie alle messen den Puls der kleinen, aber feinen Szene. "Manche Autos sind nur hier, um Preise zu testen", sagt Bäumer. Die Besitzer schützen sich mit hohen Limits. Für den bestechend originalen 150 S jedoch ist die Zeit gekommen, ihm gelingt der Ausbruch nach oben: Der Hammer fällt erst knapp unterhalb von 900.000 Euro. Für die Maserati-Szene ist das schon eine kleine Sensation.

Einem weiteren Höhepunkt aus dem Katalog dagegen ist kein Erfolg beschieden. Der Porsche 917-10, mit seinen 1000 PS einst schneller als Formel-1-Wagen, stammt aus dem Besitz des deutschen Rennfahrers Willi Kauhsen.

Eine automobile Legende: der Bugatti 57 C (Foto: Foto: Thomas Kunert)

Es sei der "wichtigste, korrekteste und purste Porsche 917, der je zum Verkauf angeboten wurde", so textet Coys im Katalog und hält sich diskret mit einem Schätzpreis zurück. Dann allerdings muss Douglas Jamieson Farbe bekennen. "900", sagt der Auktionator am Pult, "neunhunderttausend."

Keine Reaktion. "600" - doch nichts regt sich. "500", gibt Jamieson nach, "lassen Sie uns mit fünfhunderttausend starten. Come on, Gentlemen, Sie wissen, er ist es wert." Hier und da hebt ein Bieter seine Karte, es bleibt zäh. Über 670.000 Euro hinaus steigt der seltene Renn-Porsche an diesem Wochenende nicht. Das reicht nicht, noch nicht.

"Die schlafen alle"

Knapp 80 klassische Automobile hat Coys ins Fürstentum bringen lassen, nur 36 von ihnen fanden letztlich einen Käufer. "Da bewegt sich keiner", zieht ein Zuschauer Fazit, "die schlafen alle."

Das stimmt nicht ganz: Die Beiläufigkeit ist nur die Tarnung der Taktierer. Es geht um Geld, und keiner will verlieren. Allein einige Gattinnen stöckeln gelangweilt zwischen dem teuren Blech. Dabei steht ihnen eine zweite Auktion noch bevor. Bonhams veranstaltet sie traditionell unter dem Titel "Les Grandes Marques à Monaco" im Automobilmuseum, das die fürstliche Sammlung beherbergt.

Mit rund 100 Lots tritt Bonhams Auktionator Malcolm Barber an. Teile davon stammen aus den Überhängen der berühmten Rosso-Bianco-Sammlung, mit der Peter Kaus in Aschaffenburg sein Museum betrieben hatte. In bester Auktions-Prosa warnt der Katalog vor Standschäden: Die Autos seien als Museumsexponate stets in der hauseigenen Werkstatt gepflegt worden.

However, tastet sich der Text voran, das habe sich in einer weniger umfangreichen Dokumentation der durchgeführten Arbeiten niedergeschlagen als man womöglich erwarte. Von den Langzeitparkern erhält dennoch ein Ferrari 365 GTB/4 für 148.000 Euro den Zuschlag, Käufer finden auch ein BMW M1 für 81.650 Euro und ein Alfa Romeo 6C 2500 SS Coupé aus dem Jahr 1948 für 115.000 Euro.

Schusssichere Ausstattung

Andere Offerten dagegen wie der Lotus-Cosworth Type 81, dem Formel-1-Dienstwagen von Mario Andretti, Nigel Mansell und Elio de Angelis in den Jahren 1980 und 1981, stoßen nicht auf ausreichendes Interesse - ebenso wenig wie ein skurriles Boat-Car aus dem Jahr 1952. Unter dem Teak-Deck samt verchromter Reling steckt ein ordinärer Fiat 1100; für einen Einsatz im Wasser hatte man ihn leider nicht gerüstet.

Kaum weniger exaltiert zeigte sich Lot 188: eine sieben Meter lange, kantige Limousine in schusssicherer Ausstattung. Auf die fahlbraunen Velourssessel bat einst Erich Honecker seine Gäste; was er mit ihnen im Fond des 1985 gebauten Zil 115 besprach, bleibt wohl das ewige Geheimnis des 3,5-Tonnen-Kolosses.

Bekannt dagegen ist sein Preis: 80.500 Euro ist einem Sammler der Wagen aus der sowjetischen Auto-Manufaktur wert, den ein 7,6 Liter großer V8-Motor antreibt. Zumindest motorideologisch gesehen benutzten die beiden Supermächte eine gemeinsame Sprache.

Preise steigen

Doch diese exotischen Spielereien sind eine Randerscheinung. Die Käufer picken sehr bewusst. Rund 60 Fahrzeuge kann Bonhams verkaufen, keine überzeugend hohe Quote. Dennoch festigt sich der Eindruck, dass interessante Autos in den letzten Jahren kontinuierlich teurer geworden sind, wenn es auch keine Hinweise auf ein überhitztes Wachstum gibt.

Vor gut 15 Jahren, als die Preise nach oben schossen wie ein Feuerwerk auf einem Sommerfest, war das anders. Doch dann zerplatzte der völlig hysterische Markt wie eine Seifenblase.

Heute ist von Hektik keine Spur mehr zu spüren. Allein verlässliche Informationen sind, wie in jeder Nische, die Basis guter Entscheidungen. Und die Akteure achten peinlich genau darauf, mit wem sie ihr Wissen teilen. Käufer, so empfiehlt es Coys dann auch im Katalog, sollten sich stets nur auf ihr eigenes Urteil verlassen. Das ist, kein Zweifel, ein wirklich weiser Rat.

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