Nissan Patrol GR Station:Die Persönlichkeit macht es

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Für knapp 50 000 Mark gibt es hier viel Geländewagen

(SZ vom 17.02.1993) Vertiefen wir uns zuerst einmal in die Werbebroschüre, mit der Nissan seinen Patrol GR präsentiert - unter der Rubrik Für Menschen mit neuen Wertvorstellungen lesen wir: 'Was zählt, ist mehr denn je die eigene Persönlichkeit - und das, was man aus ihr macht. Der Nissan Patrol GR besitzt eine Persönlichkeit, die der seines Fahrers in nichts nachsteht.' Ein Satz, der uns erst einmal zum Nachdenken zwingt - ein Auto besitzt eine Persönlichkeit? Die der seines Fahrers in nichts nachsteht? Das Auto ist also nur so gut wie sein Herrchen? Sein Frauchen? Seine Fahrkünste? Seine sittliche Reife?

Nun gibt es zweifelsohne Menschen, die aus ihrer Persönlichkeit einen Geländewagenfahrer gemacht haben - die die erhobene Sitzposition schätzen und dem festen Panzer vertrauen, der sie auf breiten Reifen und mit massiven Stoßstangen von A nach B bringt. Und dazu gibt es natürlich auch Menschen, die einen großen, starken Zugwagen für den Beruf oder das Hobby benötigen. Sie alle schätzen den Patrol als zuverlässigen Partner, der allerdings - wie sich nach einigen Kilometern herausstellte - auch über ein paar Schwachstellen verfügt.

Da wäre zunächst einmal der 2,8-Liter- Sechszylinder, der sich nicht nur in der Warmlaufphase als relativ rauher Geselle entpuppte, sondern der auch - bei Auslastung seiner Leistung - mit dieseluntypischen Verbrauchswerten überraschte: Der 95 Liter fassende Tank mußte nach etwa 550 Kilometern nachgefüllt werden - was einem Verbrauch von bis zu 18 Litern auf 100 Kilometern entspricht. Beim Dahinrollen läßt sich dieser Wert aber auch auf etwa 13 bis 14 Liter reduzieren. Schuld an diesen Werten ist natürlich einerseits die aerodynamische Güte der Karosserie, die sich, einer Trutzburg gleich, ziemlich erfolgreich gegen den Wind stemmt - andererseits gilt es natürlich, ein Leergewicht von rund zwei Tonnen zu beschleunigen und zu verzögern.

Wobei die Beschleunigung und die Höchstgeschwindigkeit von etwa 150 km/h akzeptabel scheinen. Allerdings sind die Motor- und Windgeräusche sowie der Geradeauslauf (besonders bei Seitenwind) - gelinde gesagt - gewöhnungsbedürftig. Und so pendelt man sich dann bei Tempo 120 ein, was dem Wagen auch eher gerecht wird.

Zu beanstanden wäre auch die Innenraumbreite - was zuerst einmal paradox klingen mag, steht der Patrol doch relativ breit auf der Straße. Allerdings verzerren die Kotflügelverbreiterungen hier die Optik, außerdem trennt ein breiter Mitteltunnel die vorne Sitzenden, die dafür auf einem schmalen Gestühl mit wenig Armfreiheit vorlieb nehmen müssen.

Der Patrol ist ein Arbeitstier, das - zumeist mit einem Anhänger versehen (2,7 Tonnen sind möglich) - zum Wohle des Unternehmens eingesetzt wird. Man sieht ihn seltener vor der Oper und in den feineren Wohngegenden, für die Show gibt es bessere Gefährte, die zudem noch deutlich teurer sind. Mit einem Basispreis von 49 424,78 Mark bietet er viel Auto fürs Geld, da nimmt man dann auch den rauhen Motor, den großen Wendekreis und die zuweilen zu hohen Vebrauchswerte in Kauf. Schließlich wissen wir, daß es die Persönlichkeit des Fahrers ist, die den Patrol zu den Vollgasfahrten treibt, für die er gar nicht konzipiert ist.

Von Jürgen Lewandowski

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