Neuwagenkauf:Pokermiene und gute Nerven

Lesezeit: 2 min

Beim Neuwagenkauf sind satte Preisnachlachlässe möglich: Marktanalysten zufolge im Schnitt bis zu 16 Prozent im Vergleich zum Listenpreis. Aber wie kommt man zu solchen Rabatten?

Doch während abgebrühte Verhandlungsnaturen dem Händler nur zu gerne Prozente aus dem Kreuz leiern, haben weniger Geübte beim Feilschen um Geld gewisse Hemmungen. Mit etwas Geschick und guten Nerven können aber auch sie ihren Wunschwagen günstiger bekommen.

Dem besiegelnden Handschlag über einen Autokauf ist mitunter hartnäckiges Feilschen voran gegangen. (Foto: Foto: Archiv)

"So viel Geld wie beim Kauf von Autos wird nur selten verschenkt", sagt Martin Wehrle, Coach für Verhandlungsstrategien aus Jork (Niedersachsen). Viele Neuwagenkäufer versuchten erst gar nicht, den Preis zu drücken. "Es besteht in Deutschland eine große Angst, zu verhandeln. Viele Verbraucher haben noch nicht begriffen, dass der Preis auf einem Produkt nicht absolut ist."

Zu naiv, zu offen

Und wenn versucht wird, zu verhandeln, gehen viele zu unbedarft an die Sache heran. Dadurch hat es der Verkäufer als ausgemachter Verhandlungsprofi umso leichter, seine Interessen durchzusetzen. "Viele Käufer steigen mit einer Summe ein, die sie tatsächlich bereit sind zu bezahlen", nennt Wehrle ein Beispiel für eine falsche Taktik. Damit verschenken sie jedoch wichtigen Verhandlungsspielraum.

Sinnvoller ist es, am Anfang eine niedrigere Summe vorzuschlagen. Der zuerst genannte Preis sollte deutlich unter der "Schmerzgrenze" des Käufers liegen. "Fünf Prozent Spiel sollte auf jeden Fall berücksichtigt werden - besser zu viel als zu wenig", rät Wehrle.

Ein weiterer verbreiteter Fehler ist nach Angaben von Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart, dem Verkäufer seine wahren Gefühle zu offenbaren. Der ACE-Sprecher empfiehlt eine "professionelle Distanz" zum Objekt der Begierde: "Man sollte keine zu großen Emotionen zeigen und dem Verkäufer dadurch signalisieren: Ich will das Auto unbedingt haben!"

Dadurch fühle sich dieser nur sicher, das Geschäft abzuschließen, ohne nachgeben zu müssen. Glaubt er dagegen, einen zwar interessierten, aber noch nicht überzeugten Kunden vor sich zu haben, sei er eher bereit, ihm entgegen zu kommen.

Bluffen wie beim Pokern

Im Grunde ist ein Verkaufsgespräch wie ein Pokerspiel, bei dem es auch ein bisschen auf geschicktes Täuschen und Herauslocken ankommt. "Hier trifft ein Verhandlungsprofi auf einen Verhandlungsamateur. Um das Kräfteverhältnis auszugleichen, darf man schon ein bisschen bluffen", ermuntert Coach Wehrle.

Gut läuft es laut ACE-Sprecher Hillgärtner, wenn der Verkäufer durch das Verhalten des Käufers gezwungen ist, "alle Register zu ziehen", um ihn zum Kauf zu bewegen.

Dazu ist es hilfreich, sich sorgfältig auf das Verkaufsgespräch vorzubereiten. "Überlegen Sie, was Ihr Wunschpreis ist und welche Summe Sie maximal ausgeben können", rät Wolfgang Starke von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Interessenten sollten außerdem wissen, welche Extras oder Sachleistungen anstelle eines Rabatts für sie interessant sein könnten. Im Gespräch können sie so nachhaken, wenn der Verkäufer keinen Nachlass einräumen will.

Bloß nicht hetzen lassen

Der marktübliche Verkaufspreis des gewünschten Modells sollte laut Starke vorab im Internet recherchiert werden. Hillgärtner weist darauf hin, dass die Händlermarge in der Regel zwischen zwölf Prozent bei Kleinwagen und 20 Prozent bei Mittel- und Oberklasse-Fahrzeugen des Listenpreises liegt. Grundsätzlich gelte für den Preis, den der Käufer mindestens heraushandeln kann: "Listenpreis abzüglich zehn Prozent". Der Listenpreis sei nur "unverbindliche Preisempfehlung". Ganz wichtig ist es laut Starke, sich im Verkaufsgespräch nicht hetzen zu lassen: "Druck ist ein schlechter Ratgeber."

ACE-Sprecher Hillgärtner empfiehlt, das Gespräch im Autohaus nicht allein zu führen, sondern möglichst den Partner oder die Partnerin mitzunehmen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass manche Autohäuser Männern, andere wiederum Frauen günstigere Angebote machen. Dabei ist es laut Verhandlungscoach Wehrle wichtig, dass sich beide einig sind.

Um den Verkäufer zum Entgegenkommen zu bewegen, sollten die Interessenten außerdem signalisieren, dass sie auch von anderen Autohäusern Angebote einholen, rät Hillgärtner. Falls der Verkäufer partout nicht mit dem Preis heruntergehen will, könne man ihm als "Druckmittel" ein günstigeres Angebot eines Wettbewerbers oder einer anderen Marke zeigen.

Damit erzielt man laut Wehrle zudem den Effekt, die Wahrnehmung des Verkäufers vom Preis dahin abzulenken, überhaupt ein Geschäft abschließen zu wollen - was wiederum für ein Entgegegenkommen beim Preis nur von Vorteil ist.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: