Neue Audi TDI-Modelle:Die Zukunft des Diesel beginnt jetzt richtig

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Während der A8 3. 3 TDI der Oberklasse das Dieseln beibringt, sorgen der A6 TDI und der A4 TDI in der Mittelklasse für Sparsamkeit

(SZ vom 10.07.1999) Die Tachonadel klettert zügig in Richtung 200 km/h. Bei etwa 210 km/h schaltet der Automat butterweich in die fünfte Stufe. Wenig später ist die Höchstgeschwindigkeit von 242 km/h erreicht. Kein unüblicher Wert für einen Audi A8. Aber eine erstaunliche Leistung für eine Limousine mit Dieselmotor. Vor zehn Jahren, als der TDI das Laufen lernte, holten die Techniker aus 2,5 Liter Hubraum gerade mal 88 kW (120 PS) - heute mobilisiert der Audi 2,5 Liter V6 TDI in seiner stärksten Form 132 kW (180 PS). Der eingangs erwähnte V8-Power-Diesel schüttelt sogar 165 kW (225 PS) aus der Kurbelwelle. Nominell ist der A8 3. 3 TDI dem 245 PS starken BMW 740d zwar unterlegen - doch Fahrleistungen und Verbrauch sind praktisch identisch. Den Ausschlag gibt da unter Umständen die Schadstoffeinstufung, und da hat der Audi die reinere Weste, denn alle neuen TDI-Aggregate erfüllen - im Gegensatz zum 740d - die EU III-Norm.

Gut für den Geldbeutel

Natürlich ist der 3,3 Liter V8 kein herkömmlicher Sparmotor. Das liegt nicht nur am Preis von rund 126 000 Mark - auch vom Verbrauch sollte man keine Wunderdinge erwarten. Audi nennt für den Euromix 9,7 l/100 km - das sind kaum zwei Liter weniger als beim A8 3. 7 Benziner. Trotzdem fasziniert der große Diesel, denn bei gelupftem Gasfuß sinkt der Konsum auf acht Liter und weniger. So liegt die Reichweite pro Tankfüllung in der Praxis zwischen 750 und 1000 Kilometer, und der Spareffekt an der Zapfsäule (Diesel kostet pro Liter im Schnitt 50 Pfennig weniger als Super) ist gut fürs Gewissen und den Geldbeutel. Das Hauptargument für den Selbstzünder ist jedoch - zumindest in der Oberklasse - das geballte Drehmoment, das Kraft in jeder Lebenslage garantiert. Der Audi A8 3. 3 TDI mobilisiert schon bei 1800/min stramme 480 Nm, und das ohne Anfahrschwäche oder Turboloch. Auch die Beschleunigung läßt kaum Wünsche offen: So passiert die 1750 Kilogramm schwere Nobellimousine schon nach 8,2 Sekunden die 100 km/h-Marke.

Audi leistet sich als einziger Hersteller den Luxus drei verschiedener Diesel-Direkteinspritzverfahren. Im V8-Vierventiler arbeitet eine Common-Rail-Einspritzung, unterstützt durch zwei Turbolader mit variabler Turbinengeometrie. Im V6-Vierventiler kommt eine Verteilereinspritzpumpe samt adaptivem Lader zum Einsatz. Im 1,9 Liter Zweiventil-Vierzylinder vertrauen die Techniker jetzt auf die Pumpe-Düse-Hochdruckeinspritzung, bei der Einspritzpumpe und Einspritzdüse zu einem einzigen Bauteil zusammengefaßt sind.

Welches Verfahren wird sich durchsetzen? Die Experten favorisieren die Common-Rail-Technik, die künftig mit noch höheren Druckwerten und mit breiter gefächerten Einspritzphasen aufwarten soll. Immer wichtiger wird in jedem Fall die Abgasnachbehandlung mittels Partikelfilter und Speicherkatalysator, doch der große Durchbruch an dieser Front setzt die flächendeckende Verfügbarkeit von schwefelfreiem Kraftstoff voraus - und damit ist kaum vor 2005 zu rechnen.

Im Gegensatz zum exklusiven A8 Diesel ist der A6 TDI für Audi ein wichtiges Volumenmodell. Im Kampf gegen BMW und Mercedes drohten die Ingolstädter mit dem 110 kW (150 PS) starken V6 TDI schon ins Hintertreffen zu geraten, doch ab Herbst gibt es das 2,5 Liter-Aggregat endlich auch mit 132 kW (180 PS), und damit verbessert sich Audis Position gegenüber dem 530d mit 135 kW (184 PS) und dem E 270/320 CDI mit 125 kW (170 PS) und 145 kW (197 PS) ganz entscheidend. Der stärkste A6 TDI kostet 63 890 Mark und ist damit deutlich preiswerter als seine direkten Konkurrenten. Zu den technischen Leckerbissen des High-Tech V6 gehören die nur in der Warmlaufphase aktive Voreinspritzung, der motornahe Vorkatalysator, leichtere Kolben sowie neue Sechsloch-Einspritzdüsen. Das maximale Drehmoment von 370 Nm liegt schon bei 1500/min an und bleibt bis 2500/min konstant. Serienmäßig verblockt Audi den 180 PS-TDI mit einem Sechsgang-Getriebe. Das ist keine schlechte Wahl, aber noch besser gefällt uns die Fünfstufen-Tiptronic, die bei minimalem Leistungsverlust einen deutlichen Komfortgewinn verspricht.

Das ideale Allround-Sparauto ist der A6 Avant TDI tiptronic quattro, der Platz, Komfort und Mobilität miteinander verknüpft. Der stärkste A6 TDI beschleunigt in 8,7 Sekunden von Null auf 100 km/h, ist 223 km/h schnell und begnügt sich im Schnitt mit 7,9 l/100 km. Der Motor ist kräftig, genügsam und laufruhig, aber er wirkt im oberen Drehzahlbereich etwas zugeschnürt, und an die turbinenähnliche Leistungscharakteristik muß man sich erst gewöhnen.

Im A4 debütiert dieser Tage der neue Pumpe-Düse-Diesel mit 85 statt 81 kW (115 statt 110 PS). Beeindruckender als der Leistungsgewinn ist der Zuwachs an Drehmoment: statt 235 Nm stehen ab sofort 285 Nm bei unverändert 1900/min zur Verfügung. Das spürt man vor allem im mittleren Drehzahlbereich und bei Überholmanövern. Der überarbeitete, aber nur unwesentlich teurere A4 TDI beschleunigt in 10,5 (Vorgänger: 11,3) Sekunden von Null auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit klettert von 195 auf 200 km/h, doch der Verbrauch bleibt mit 5,3 l/100 km konstant.

Auf Konzernebene verspricht die TDI-Evolution einerseits noch mehr Leistung und Drehmoment und andererseits reduzierte Verbrauchs- und Abgaswerte. Es wird neue Dreizylinder geben (zum Beispiel für den Alu-Audi A2) und noch stärkere Vierzylinder, man darf sich auf eine Renaissance des Fünfzylinder-TDI gefaßt machen (mit 2,5 Liter Hubraum und bis zu 135 kW oder 184 PS), und wir werden über einen 5,0 Liter V10 TDI mit rund 300 PS staunen (für VW-Geländewagen und Top-Limousine). Sie merken schon: Die Zukunft des Diesel hat gerade erst begonnen.

Von Georg Kacher

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