Nano-Technologie und Segeln:Die Kleinsten sind die Größten

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Yacht-Pflegemittel auf Nano-Basis erobern den Markt. Sie gewährleisten einen Langzeitschutz durch extrem glatte Oberflächen von Kunststoffen und Teakdecks.

Klaus Bartels

Kleinste Teilchen, große Wirkung. Eine neue Generation von Pflegemitteln für Yachten schickt sind an, den Markt zu erobern. Die neuen Produkte basieren auf der Nano-Technologie und damit auf Substanzen, die kleiner als 100 Nanometer sind, wobei ein Nanometer etwa ein 70000stel eines menschliches Haares ist.

Auftrags-Arbeit: Die Schutzschicht der neuen Pflegemittel ist hauchdünn und hält lange. (Foto: Foto: Klaus Bartels)

Die Yacht-Pflegeprodukte fangen bereits an, herkömmliche Kunststoffpflegemittel zu verdrängen. Es sind dabei weniger die Werften, die die neuen Produkten nutzen - Bootsbauer gelten als konservativ. Dafür verwenden besonders viele Eigner die neue Welt der Winzigkeiten, um ihre Boote für die Saison fit zu machen. Der Grund: Es hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, dass die Oberflächenversiegelung mit Nano-Produkten einfach ist und ihre Wirkung lange anhält.

Die Nano-Technologie gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Wissenschaftler erwarten eine Revolution in der Technik, in der Elektronik und in der Medizin. Die praktische Anwendung zum Reinigen und Versiegeln von Bootsrümpfen klingt dagegen eher schnöde, macht aber deutlich, dass die neue Technologie der winzigen Teile breit gefächert genutzt werden kann. Firmen wie Vosschemie, Yachticon, Dr. Keddo GmbH oder Nanocoat haben bei der Entwicklung der neuen Pflegemittel für die Bootsbranche auf den sogenannten Lotus- oder Selbstreinigungseffekt gesetzt.

Der "Lotus-Effekt"

Die Pflanze entfaltet sich makellos in schlammigen Gewässern, weil jeder Regentropfen abperlt und dabei auch noch Fremdpartikel wegschwemmt. Diese Wirkung am Rumpf und auf Deck wird durch die extrem glatten Oberflächen, die mit Hilfe der Nano-Teilchen geschaffen werden, erreicht. "Es ist logisch, dass Nano-Teilchen Oberflächen mit solch glatten Strukturen schaffen", sagt der Anwendungstechniker Andreas Woyda von der Firma Vosschemie in Uetersen bei Hamburg.

Chemisch gesehen, wird beim Auftrag ein dreidimensionales Netzwerk mit winzigen Zwischenräumen geschaffen, auf dem Fremdkörper so gut wie keine Kontaktfläche finden. Eine einmal aufpolierte Nano-Schicht wirkt trotz ihrer hauchdünnen transparenten Schutzschicht von nur einem Zehntausendstel Millimeter Stärke nicht nur lange Zeit schmutzabweisend, sondern trotzt auch den UV-Strahlen der Sonne. Dabei verbinden sich die Nano-Teilchen mit der Oberfläche durch leichten Druck und einfache Reibung mit einem getränkten Tuch.

Nano-Pflegemittel wie beispielsweise Easy-to-Clean oder Clean and Coat erinnern in ihrer Konsistenz und Farbe ein wenig an Milch und wirken auf Kunststoffen, Lacken sowie auf Metallen. Die Vernetzungszeit von Nano-Struktur und Oberfläche dauert nach dem Auftragen mit dem Putzlappen rund 30 Minuten. Ähnlich lange brauchen die winzigen Teilchen, um sich mit einem Teakdeck zu verbinden und es dann vor dem Eindringen von Feuchtigkeit zu schützen. Das Mittel verzögert das Vergrauen und Verrotten des Edelholzbelages auf dem Deck und im Cockpit.

Revolution für den Wassersport

Was Bootseigner besonders erfreut: Das Holz nimmt beispielsweise auch kein Sonnenschutzöl mehr auf, das ungewollt aufs Teak tropft und dort bisher für dunkle Flecken sorgt. Allerdings lässt der Lotuseffekt auch Wassertropfen lange auf dem Teakdeck liegen. Nach Ansicht einiger Sicherheitsexperten besteht dadurch erhöhte Rutschgefahr, wenn Segler keine richtigen Bordschuhe tragen.

Die aktuelle Entwicklung der Nano-Technologie für den Wassersport gleicht fast einer Revolution. So gibt es erste Nano-Bootslacke und sogar erfolgreiche Versuche, durch die besonders glatten Oberflächen diese neue Technik auch als Antifouling gegen den Bewuchs des Unterwasserschiffes einzusetzen. Wenn es um den Bewuchsschutz für Boote im Salzwasser geht, teilen sich zurzeit noch die Meinungen der Anbieter. So bietet die Dr. Keddo GmbH mit Profouling beispielsweise eine Nano-Beschichtung auch für Salzwasser an, übernimmt allerdings keine Garantie für die Wirkung.

Bei Nanocoat in Norderstedt, eine der ersten Firmen, die sich mit der Nano- Technologie für den Wassersport befasst hat, geht man von einer noch längeren Forschungsdauer aus, bis die Mikro-Teilchen auch in den Ozeanen einen längerfristigen Bewuchs verhindern. Heino Nolte von Nanocoat ist sicher, dass ein derartiges Antifouling den herkömmlichen Unterwasserfarben deutlich überlegen sein wird. "Ein Anstrich wird für fünf bis sechs Jahre reichen", sagte er. Zurzeit muss dieser Anstrich jährlich erfolgen. Kein Wunder, dass Bootseigner auf Nano-Antifouling warten.

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