Motorräder aus Zschopau:"Das ist eine neue Ära"

Lesezeit: 3 min

Das Logo der Motorradmanufaktur ZPmoto prangt auf dem Tank des Prototyps einer Enduro ZPsport. Vor etwa drei Jahren wurde das Unternehmen gegründet, seit vergangenem Februar werden die ersten Modelle der ZPsport 449 ausgeliefert. (Foto: dpa)

MZ gibt es nicht mehr. Doch der Motorradbau in der traditionsreichen Zweiradstadt Zschopau lebt. Einige Enthusiasten schrauben dort nun teure Geländemaschinen in Kleinserie. Die Enduromodelle ZPsport 449 dürfen sogar das Stadtwappen tragen. Ein Besuch in Sachsen.

Der legendäre Motorradbauer MZ ist seit dem Frühjahr Geschichte - das Ende des Motorradbaus in der sächsischen Stadt Zschopau ist es nicht. Ganz klein im Hinterzimmer eines Möbelhauses schrauben eine Hand voll Enthusiasten in Handarbeit an neuen Maschinen. Sie wollen die lange Tradition des Motorradbaus in der Stadt am Leben erhalten; wenn auch in deutlich kleinerer Dimension als einst.

"Wir sind in Zschopau groß geworden und wollen, dass hier weiter Motorräder gebaut werden", sagt der Gesellschafter und Geschäftsführer der Motorradmanufaktur ZPmoto, Norbert Vogler. Vor etwa drei Jahren wurde das Unternehmen gegründet, seit vergangenem Februar werden die ersten Modelle der Enduro ZPsport 449 ausgeliefert. Wie viele davon schon verkauft wurden, will der 40-Jährige nicht verraten. Nur so viel: Es gebe Anfragen aus Australien, den USA und Brasilien.

3000 Beschäftigte zu Spitzenzeiten

Seit 1922 werden in Zschopau Motorräder gebaut. Der Däne Jörgen Skafte Rasmussen hatte in seinem Unternehmen zu Anfang des vergangenen Jahrhunderts zunächst Haushalts- und Werkstattgeräte und später - im Ersten Weltkrieg - auch Zündkapseln und Granatzünder herstellt. Später versuchte er es mit Dampf-Kraft-Wagen - DKW - und Motorrädern. Ende der 20er Jahre stieg DKW zu einem der größten Motorradhersteller der Welt auf. Das bekannteste DKW-Modell war damals die RT 125, die 1939 in Serie ging.

An diese Erfolge konnte das in der DDR staatseigen gewordene Unternehmen unter dem Namen MZ (Motorradwerk Zschopau) anknüpfen. Jährlich bauten dort 3000 Mitarbeiter bis zu 85.000 Maschinen. Sie wurden in rund 100 Länder geliefert. Nach der Wende wurde das Unternehmen privatisiert. Es ging 1991 pleite. Zum Schluss waren noch 750 Beschäftigte im Werk.

1993 gab es zunächst unter dem Namen MuZ Motorrad- und Zweiradwerk GmbH einen Neustart. 1996 wurde das Werk von der malaysischen Hong Leong Industries Berhad (Kuala Lumpur) übernommen, die nach eigenen Angaben damit rund 70 Millionen Euro Verlust gemacht hat und deshalb im Juni 2008 die Produktion wieder einstellte.

Die ehemaligen Motorradrennfahrer Martin Wimmer und Ralf Waldmann unternahmen mit weiteren Gesellschaftern 2009 einen weiteren Anlauf. Sie mussten jedoch im September 2012 Insolvenz anmelden. Die Sanierung des Werkes scheiterte. Geblieben ist ein Ersatzteilhandel, der inzwischen seinen Standort nach Schneeberg im Erzgebirge verlegt hat. MZ oder auch MuZ ist weg aus Zschopau.

Der zweifache Vizeweltmeister Ralf Waldmann präsentierte im Juli 2001 vor dem Deutschland-Grand-Prix in der Motorrad-WM auf dem Sachsenring die 1000-Kubik-Maschine des sächsischen Motorradherstellers MZ. (Foto: DPA/DPAWEB)

Gelegentlich kann Vogler Motorrad-Touristen beobachten, die einen wehmutsvollen Blick auf das ehemalige MZ-Firmengelände werfen. Die nun im Hinterzimmer entstehende ZPsport 449 kostet fast 22.500 Euro. Sie sei etwas für Liebhaber, sagt Vogler. "Für Leute jenseits der 40, die gut Geld verdienen und sich das Motorrad gönnen, nachdem die Kinder aus dem Haus sind."

Die Maschine im Retrodesign ähnelt den einstigen MZ-Geländemaschinen der 1960-er Jahre - der Benzintank ist gerundet, die Auspuffrohre aus Edelstahl sind bis unter die Sitzbank gezogen.

"Wir Zschopauer sind stolz auf die Erfolge, die unsere Jungs früher auf MZ-Motorrädern eingefahren haben", sagt Vogler; daher gibt es nun wieder eine Geländemaschine. Im Geländesport holten MZ-Maschinen bis 1990 bei internationalen Wettbewerben viele Titel.

Designer David Negrello aus Paris ließ sich für das neue Modell von den im Zschopauer Motorrad-Museum ausgestellten MZ-Maschinen inspirieren. Eine Metallbaufirma stellt Rahmen und Tank her, andere Teile werden zugekauft. Der Einzylinder-Viertaktmotor mit 449 Kubikzentimetern stammt vom spanischen Hersteller GasGas Motos. Ein Monteur schraubt alles zusammen. Etwa 50 Maschinen sollen jährlich produziert werden.

Die kleine Manufaktur hält mit der exklusiven Enduro die Tradition Zschopaus als Motorradstadt am Leben. Anfragen für das neue Modell gibt es unter anderem aus Australien, den USA und Brasilien. (Foto: dpa)

Werbung für die Stadt

"Es ist wichtig, dass in der Stadt noch Motorräder produziert werden - wenn auch in nur geringer Stückzahl", sagt der Zschopauer Oberbürgermeister Klaus Baumann (CDU). Die Stadt bezeichnet sich gern als Motorradstadt. Ohne die ZPmoto-Leute wäre nur die Geschichte davon geblieben. Das Stadtoberhaupt hat der Motorrad-Manufaktur erlaubt, das Stadtwappen auf die Verkleidung ihrer Maschinen zu kleben - wie einst bei MZ. "Das ist auch Werbung für die Stadt", sagt der Bürgermeister.

Die ZPsport 449 passe in die Zschopauer Traditionslinie, meint die Chefin des Motorrad-Museums auf Schloss Wildeck, Ramona Hofmann. Und dennoch: "Das ist eine neue Ära", sagt sie. Das sei nicht mehr ein Motorrad für die breite Masse - wie einst die Maschinen von MZ. In dem Museum sind rund 50 Exemplare ausgestellt, die den Motorradbau in der Stadt seit seinen Anfängen dokumentieren. Auch die ZPsport 449 werde eines Tages dort zu sehen, hofft die Museumschefin.

© Süddeutsche.de/dpa/goro - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: