Moderner Schiffsbau:Am laufenden Band

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Die Bavaria-Werft in Giebelstadt gilt als eine der modernsten der Welt. Traditioneller Bootsbau wird hier kaum betrieben: Mit Robotern und auf Taktstraßen werden hochwertige Yachten zu erstaunlich niedrigen Preisen gefertigt.

Klaus Bartels

Noch sind es gut drei Wochen, bis in Düsseldorf mit der boot 2007 die weltgrößte Wassersportausstellung eröffnet wird. Vom 20. bis 28. Januar werden in 17 Messehallen 1650 Aussteller aus mehr als 50 Ländern mit Premieren, aktuellen Produkten und Dienstleistungen rund um den Yacht- und Wassersport erwartet. Und natürlich sind alle großen Bootsbaunationen an Bord, von Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien, den Niederlanden und den Ländern Nordeuropas bis zu den USA und den Golfstaaten.

Mit den Segeljachten Vision 40 und Vision 44 (vorne) will die Bavaria Werft gehobene Ausstattung unter Deck und sportliches Segeln gleichermaßen möglich machen. (Foto: Foto: oh)

Da ist die Konkurrenz groß - selbst für ein Unternehmen wie Bavaria Yachtbau, das seinen Sitz in Giebelstadt nahe Würzburg hat und Deutschlands größte Yachtwerft ist.

Das Flaggschiff kommt

Erstmals gezeigt werden soll in Düsseldorf die neue Bavaria 50 Vision - mit 15,70 Meter Länge und coupéförmigen Decksaufbau das Flaggschiff der Werft. Bereits mit den beiden kleineren Ausführungen dieser Serie - der 12,70 Meter langen Vision 40 und der um einen Meter längeren Vision 44 hatten die fränkischen Bootsbauer für Aufsehen gesorgt.

Denn mit diesen Entwürfen steuert Bavaria-Chef Winfrid Herrmann, 64, einen neuen Kurs und will den steigenden Ansprüchen der Segler nach gehobener Ausstattung und sportlichem Segeln gleichermaßen gerecht werden.

Mehr als 100 Einheiten der Reihen Vision 40 und 44 sind nach Werftangaben bereits verkauft - das war im vergangenen Geschäftsjahr für die Werft allerdings vergleichsweise nur eine Kleinigkeit, denn: Insgesamt wurden 2849 Segelyachten und fast 700 Motoryachten im Wert von mehr als 270 Millionen Euro gebaut und ausgeliefert. "Im neuem Geschäftsjahr werden es wohl mehr als 4000 Schiffe sein", hofft Verkaufsleiter Mike Reuer.

Rationalisierung als Hobby

Bereits 1978 hatte Werftchef Herrmann angefangen, in seiner Kunststofffenster-Fabrik auch Segelboote zu bauen. Der Kaufmann und Segler ging allerdings anders an die Aufgabe heran, als es die meisten gelernten Bootsbauer zu tun pflegen. Herrmanns Boote waren und sind Serienyachten, in der individuelle Eignerwünsche kaum berücksichtigt, dafür aber auch kostengünstig gebaut werden können.

Dazu kommt eine besondere Liebhaberei: "Mein Hobby ist die Umsetzung von Rationalisierungsideen", gesteht Herrmann. Auch heute geht er noch mit kritischen Blicken durch seine auf mehr als 65 000 Quadratmeter Fläche angewachsenen Produktionshallen und sucht weitere Möglichkeiten des effektiven Yachtbaus.

Schon seit Mitte der neunziger Jahre gilt der Betrieb mit mittlerweile 650 Mitarbeitern als modernste Yachtwerft der Welt. Wie einst Henry Ford den Automobilbau durch die Serienfertigung am Band revolutionierte, so machte es Winfried Herrmann mit dem Yachtbau. Neues Zentrum der Werft ist eine vor drei Jahren eingeweihte Fertigungshalle mit einem 750 Meter langen Taktband.

Eine der modernsten Yachtwerften der Welt - die Bavaria Werft im fränkischen Giebelstadt. (Foto: Foto: oh)

Zu den Maschinen, die diesen effektiven Bootsbau ermöglichen, gehören auch die ersten in Europa eingesetzten computergesteuerten und kombinierten Fräs-, Säge-, Schleif- und Bohrmaschinen für Bootsteile bis 15 Meter Länge und fünf Meter Breite.

Im Yachtbau einmalige Effizienz

Beim Deck der Bavaria 36 werden damit beispielsweise innerhalb kürzester Zeit mehr als 230 Löcher, fast 100 Senkungen von 3,5 bis 16 Millimeter sowie 82 Gewinde gebohrt, die für die genaue Installation von Beschlägen und Schrauben notwendig sind.

Früher war es eine Tagesarbeit für eine Bootsbauerkolonne. Die überwiegend industrielle Yachtfertigung mit handwerklicher Komponente verspricht nach Angaben des Werftchefs nicht nur eine gleichbleibende Qualität, sondern vor allem eine im Yachtbau einmalige Effizienz.

Jüngste Errungenschaft ist eine automatische Fertigungsanlage in der Schreinerei, wo mit Hilfe von Robotern wöchentlich bis zu 3500 Schranktüren und -klappen entstehen; hier produzieren drei Mitarbeiter mittels Voll- und Halbautomaten den gesamten Werftbedarf an Türen für alle Segel- und Motoryachten. Und das Portfolio ist umfangreich - es beginnt bei den Segelyachten mit der 9,45 Meter langen Bavaria 30 Cruiser; bei den Motorbooten geht es von 8,55 Meter bis 13,40 Meter.

Die Preisleistung ist unschlagbar

In der Größenordnung von neun bis 15 Meter Länge sieht Winfried Herrmann ,,weltweit die größte Nachfrage'' und für die produziert er in steigendem Maße. Etwa 90 Prozent der Yachten gehen in den Export. Die industrielle Produktion für den heimischen wie für den weltweiten Markt wurde dabei Jahr für Jahr besonders durch die Kreativität des Werftchefs effektiver.

Bavaria-Yachten gelten in ihrem Preis-Leistungs-Verhältnis als unschlagbar. Kein Wunder: So betragen die Personalkosten bei Bavaria nur noch 9,58 Prozent. Sie konnten in den vergangenen zehn Jahren halbiert werden. Normalerweise zählen die Löhne für die Bootsbauer in einer Werft mit zu den größten Ausgabeposten.

Bezahlbare Qualität

Vorteile davon haben nach Meinung von Mike Reuer die Segler. "So sind unsere Schiffe in der Relation zu Konkurrenzangeboten bezahlbar; zudem gibt es eine gleichbleibende Neubauqualität, denn Maschinen kennen keinen blauen Montag", umschreibt es der Verkaufsleiter.

Allerdings bleibt die von vielen Bootskäufern gern gesehene individuelle Gestaltung ihrer Yacht auf der Strecke - die Schiffe einer Typenreihe gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Wer sich dann als Bavaria-Eigner Änderungen wünscht, kann sie erst nach dem Kauf mit Hilfe eines "echten" Bootsbauers realisieren.

© SZ vom 30.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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