Mobil in der Antarktis:"Gletscherspalten sind unsere größte Sorge"

Lesezeit: 2 min

1200 Kilometer durch die Antarktis: Der Brite Jason De Carteret will in nur 60 Stunden mit dem Auto zum Südpol.

Stephan Bernhard

Alles ist vorbereitet, nur das Wetter muss noch mitspielen. An der Küste der Antarktis stehen der Brite Jason De Carteret, 42, und sein Team in den Startlöchern, um mit dem Ice Challenger 1200 Kilometer durch die Eiswüste zum Südpol zu rasen - schneller, als je ein Mensch zuvor. Stephan Bernhard erreichte den Piloten per Telefon.

Der Ice Challenger wiegt 4,7 Tonnen, der Motor hat 7,3 Liter Hubraum und leistet 215 PS. 800 Liter Treibstoff sind an Bord. (Foto: Foto: Voyage Concepts)

SZ: Am Südpol wurden schon minus 89 Grad und Windgeschwindigkeiten von 327 km/h gemessen. Sind Sie auf solche Extreme vorbereitet?

De Carteret: Ich war schon einmal am Südpol, damals auf Skiern aus eigener Kraft. Deshalb weiß ich genau, was uns erwartet. Der Truck ist so konzipiert, dass ihn praktisch kein Sturm aufhalten kann. Zum Beispiel fahren wir mit Kerosin, das kaum einfrieren kann.

SZ: Wovor haben Sie Angst?

De Carteret: Meine größte Sorge gilt den Gletscherspalten. Die können so groß sein, dass der Truck hineinstürzt, was den Tod des Teams bedeuten kann. Die Spalten sind oft unter dünnem Schnee verborgen und kaum zu erkennen.

SZ: Wie wollen Sie diesem Risiko aus dem Weg gehen?

De Carteret: Ich habe viel Zeit investiert, um die relativ sicherste und schnellste Route zu finden. Auf Spalten werden wir dennoch stoßen. Man muss die Schneeoberfläche genau beobachten, aber ein Restrisiko bleibt natürlich, niemand ist unfehlbar.

20 Sachen Durchschnitt

SZ: Wie schnell können Sie fahren?

De Carteret: Die Höchstgeschwindigkeit des Ice Challenger liegt bei 120 km/h. Wir werden aber wohl nur ein Durchschnittstempo von 20 km/h erreichen. Auf der Route erwarten uns ein paar sehr steile Anstiege aus purem Eis und äußerst unwegsame Passagen mit riesigen Eisbrocken, zwischen denen wir unseren Weg erst suchen müssen.

SZ: Was wurde an dem Truck verändert, damit er der Aufgabe gewachsen ist?

Jason de Carteret (Foto: Foto: Voyage Concepts)

De Carteret: Wir haben den Antrieb völlig neu konstruiert. Das Fahrzeug rollt auf sechs Rädern, die mehr als einen Meter Durchmesser haben und einzeln angetrieben werden; zudem stehen 20 Gänge zur Verfügung. Das hat sechs Monate Arbeit und mehrere hunderttausend Euro gekostet. Dafür können wir problemlos durch tiefen Schnee fahren und extrem steile Hänge hochklettern.

SZ: Der bestehende Rekord für die schnellste Fahrt von der Antarktisküste zum Südpol liegt bei 24 Tagen und wurde 1992 von dem Japaner Shinji Kazama auf einem Motorrad aufgestellt. Welches Ziel haben Sie sich gesetzt?

De Carteret: Wir wollen den Südpol im besten Falle in maximal 60 Stunden erreichen. Das geht aber nur, wenn wir nonstop fahren - deshalb sind wir zu sechst, können in Schichten fahren, schlafen und essen. Aber natürlich kann es zu Verzögerungen kommen.

Augenblicklich festfrieren

SZ: Was kann Sie aufhalten?

De Carteret: Am wahrscheinlichsten sind ein Motorschaden oder andere technische Defekte. Wir haben zwar Ersatzteile und Werkzeuge für fast jede Reparatur dabei, aber das kostet Zeit. Außerdem muss man sehr vorsichtig sein. Wer bei den extremen Temperaturen ein Metallteil ohne Handschuhe berührt, friert augenblicklich fest.

SZ: Wer holt Sie ab, wenn der Ice Challenger komplett versagen sollte?

De Carteret: Niemand - dann werden wir den Rückweg auf Skiern antreten müssen. Wir haben zwar ein Satellitentelefon und könnten eine Notsituation mitteilen, unmittelbar helfen aber kann niemand. In dieser Region sind Flugzeuge das einzige Verkehrsmittel; um Hilfe aus der Luft zu bekommen, müsste erst eine Landebahn präpariert werden.

© SZ vom 03. 12. 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: