Mitsubishi Santamo:Platz für mehr als drei Diamanten

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Boom bei kompakten Vans - demnächst ist eine Fülle neuer Modelle von fast allen namhaften Herstellern zu erwarten

(SZ vom 06.03.1999) Großraumlimousine, Minivan, Midivan, Van - wie auch immer die Automobilhersteller ihre Sechs- oder Siebensitzer benennen, alle sollten eins gemeinsam haben: Variabilität und ein großes Raumangebot. Seit kurzem hat auch Mitsubishi ein Fahrzeug dieser Klasse wieder im Angebot. Der Santamo - in Korea bei Hyundai in Lizenz gebaut - ist eine knapp 4,52 Meter lange Großraumlimousine, die mit Platz für sieben Personen aufwarten will. Allerdings stellt sich bei näherer Betrachtung heraus, daß zwar rein numerisch auch sieben Personen Platz nehmen können, doch ist in der dritten Sitzreihe höchsten Platz für kleine Kinder oder eben für Gepäck.

Und so stößt auch der Santamo, der auf der zweiten Generation des SpaceWagon basiert, wie viele seiner Artgenossen auf das Problem der Innenraumgestaltung. Bei voller Bestuhlung faßt das Gepäckabteil gerade mal 212 Liter. Wird die Rückbank umgeklappt, entsteht eine einigermaßen ebene Fläche und das Volumen erhöht sich schlagartig auf maximal 1714 Liter. Aber dann gibt es eben auch nur noch fünf Sitze. Dennoch ist der Santamo mit seinem 2,0-Liter-Aggregat (102 kW oder 138 PS/Durchschnittsverbrauch: 9,7 Liter Super) ein interessantes Angebot, denn zum Basispreis von 34 900 Mark bekommt man Komfortelemente wie Klimaanlage und Leichtmetallfelgen serienmäßig. Dafür sucht man Seitenairbags vergeblich.

Wie man am Beispiel Mitsubishi sieht, sind Midivans mittlerweile für alle namhaften Hersteller ein Thema. Das liegt einerseits am praktischen, zuerst von den Franzosen - siehe Renault Mégane Scénic - entwickelten Grundkonzept, andererseits an der Marktsättigung bei klassischen Minivans. Die wollen Zulassungsstatistiker festgestellt haben, konkrete Auswirkungen gibt es auch bereits: Opel nimmt den - in den USA produzierten und von den Kunden nur mit mäßiger Begeisterung angenommenen - Minivan Sintra aus dem Programm. Dafür kommt, auf Basis des neuen Astra, am 16. April der Zafira. Angeboten wird der neue Opel als "Siebensitzer für Familie und Freizeit", und er läßt sich laut Hersteller in nur 15 Sekunden in einen Zweisitzer mit bis zu 1700 Litern Transportvolumen verwandeln. Der Clou: Dabei muß kein einziger Sitz ausgebaut werden.

Beim Design lehnt sich der Zafira eng an die bewährte Vorgabe aus Frankreich an, er bleibt dadurch aber auch eher unauffällig. Ganz anders Fiat. Turin setzt mit dem extravagant gestylten Multipla - die Designer haben ein Glashaus auf einen fahrbaren Untersatz mit prallen Wölbungen gestellt - einen mutigen Schritt. Das Konzept dieses Autos ist ungewöhnlich, aber zweifellos originell. Vorne und hinten können je drei Personen bequem Platz nehmen. Anders als beim Scénic, der auf den Mégane-Unterbau zurückgreift, verpaßt Fiat dem Multipla einen Stahlprofilrahmen. Das Konzept ähnelt der Mercedes A-Klasse (auch der Boden ist ebenso flach) und erklärt das Raumgefühl - mit 1,87 Meter Breite übertrifft der breitschultrige Italiener den direkten Konkurrenten von Renault gleich um 15 Zentimeter. Was auch nötig ist, um die dritte Sitzposition vorne unterbringen zu können. In die andere Richtung verhält sich der südalpine Raumkreuzer dafür umso ökonomischer: Nur 3,99 Meter Länge mißt der Multipla, das sind 14 Zentimeter weniger als beim Scénic, der seinerseits drei Zentimeter kürzer ist als Europas Auto-Urmeter Golf.

Ebenfalls in die Kategorie extravagant fällt der PT Cruiser, der von DaimlerChrylser anfang Januar zur Autoshow in Detroit vorgestellt worden war und der bereits nächstes Jahr in Deutschland erhältlich sein wird. Das kaum kategorisierbare Fahrzeug im Midivan-Format ist konsequent im Retro-Look gezeichnet, Erinnerungen an die amerikanischen fünfziger Jahre werden gezielt geweckt, technisch ist das Auto aber auf dem neuesten Stand. Der hierzulande eher glücklose Neon liefert die Basis für den Cruiser, dessen Design offenkundig nur zwei Reaktionen provoziert: Grauen oder Begeisterung. Wie auch immer - im Innenraum glänzt der emotional besetzte Ami durch Variabilität und originelle Detaillösungen.

Appetithäppchen in Genf

Den Midivan-Markt wollen die Japaner - siehe Mitsubishi - auf keinen Fall den Europäern allein überlassen. Neben der Drei-Diamanten-Marke bringt Mazda noch heuer seinen fünfsitzigen Premacy. Technische Grundlage dieser "kompakten Großraumlimousine mit hohem Spaßfaktor" (so Mazda) ist der 626 Kombi. Seine Weltpremiere feiert er auf dem Genfer Automobilsalon. Im nächsten Jahr soll - aus spanischer Fertigung - Nissans 4,27 Meter langer Almera Tino in den Handel kommen. Genf dient auch in diesem Fall als Appetizer, eine erste seriennahe Tino-Studie wird dort zu sehen sein. Der Neue basiert auf dem Nachfolger des gegenwärtigen Almera.

Und damit ist noch lange nicht Schluß, bei diesen kompakten Vans ist eine wahre Flut weiterer Modelle zu erwarten: Citroëns Xsara Picasso kommt Anfang 2000, wenn auch noch nicht heraus ist, ob er tatsächlich so heißen wird - Paloma Picasso prozessiert wegen der Namensrechte gegen den Konzern. Voraussichtlich auch vom Jahr 2000 an plant Ford auf Basis des Focus einen Midivan, und VW schickt seinen Bestseller Golf ebenfalls mit einer entsprechenden Variante in den Ring. Momentan ist das Segment noch Domäne der Franzosen. Daß das nicht so bleiben wird, läßt sich aber jetzt schon sagen.

Von Andreas Stockinger und Marion Zellner

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