Millionärsmesse in Moskau:Funkelnde Dekadenz

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Nirgendwo sonst gibt es mehr Milliardäre als in Moskau, nirgends wird Reichtum provokanter zur Schau gestellt. Die Millionärsmesse zeigt: Autos sind ihr liebstes Spielzeug.

Von Stefan Grundhoff

Jedes Jahr im Herbst, wenn der graue kalte Winter an die Stadttore klopft, zieht es die Moskauer Oberschicht zum Ausstellungsgelände EXPO. Die elitäre Millionärsmesse zeigt dort die Spielzeuge der Reichen: Yachten, Privatjets, Kuscheltiere, Edel-Uhren, Gemälde und besonders Autos machen die Messe zu einer Prunk- und Protzveranstaltung ohne Konkurrenz.

Es gibt schlicht alles - aber vor allem verrückte Autos

Die Millionaire Fair bietet an vier Tagen das, was es im ansonsten vom neureichen Moskauer Geldadel so heiß geliebten Barvikha Luxury Village noch nicht gibt. Diese elitäre Einkaufsmeile ist chicer als der Rodeo Drive und teurer als die Fifth Avenue - und ein bekanntes Gehege Moskauer Luxuskäufer. Verkehrsgünstig liegt sie direkt an der Ausfallstraße Rubljowka, wo nicht nur Präsident Wladimir Putin, sondern nahezu die gesamte politische und wirtschaftliche Prominenz der Stadt wohnt.

Zum Barvikha Luxury Village fährt man selten allein und nie ohne den in Russland obligaten Personenschutz. Auf der Moskauer Millionärsmesse geht es anders zu. Hinter Sicherheitsschranken wie am Flughafen und in der angenehmen Atmosphäre von Diamanten, Kaviar und Champagner ist man sicher unter sich und seinesgleichen.

Doch Luxusapartments, ganze Schlösser, königliche Schlafzimmer, Kreuzfahrtschiffe und Kleinhubschrauber sind nur die eine Seite des vergoldeten Moskauer Reichtums. Trotz chaotischer Straßenverhältnisse spielt das Automobil in Russlands 10-Millionen-Metropole eine zentrale Rolle.

So stellt Audi auf der Millionärsmesse nicht nur die neuen Sportboliden S5 und R8 sondern auch einen A8 W12 (mit der Schwerstpanzerung B6/B7) aus. Die Schalter am Mitteltunnel sind nicht nur für Klimatisierung und Sitzheizung sondern auch für Notruf und eine elektronische Isolierung, die bei einem Giftgasangriff das schlimmste verhindert. Das Blaulicht als Fahrschein für standesgemäßen Vortrieb auf Moskaus überfüllten Straßen gibt es gleich dazu.

Wiesmann und Brabus haben in Russland treue Fans

Ein paar Meter weiter strahlen drei Phaeton mit den Standschönheiten um die Wette. Den Schriftzug VW oder Volkswagen sucht man bei der Messepräsentation vergebens. Man macht schließlich auf Luxus - und da will man nicht viel erklären müssen.

Einer der Messestars ist jedoch eine mit Schmucksteinen prunkvoll verzierte Mercedes S-Klasse. An sich perlweiß lackiert, wird die Farbe angesichts tausender Kristallsteine zur Nebensache. Die Karosse hat es besonders der Damenwelt angetan, die sich im Minutentakt an der Luxuskarosse reibt. Das Kennzeichen "007-EX" ist da sicher kein Zufall. Mercedes selbst ist ebenso wie Porsche oder BMW auf der Millionärsmesse nicht zu sehen. Sogar Maybach fehlt. Dabei fahren in Moskau 130 Modelle des Edelschwaben - so viel wie in kaum einer anderen Stadt der Welt.

Die deutschen Fahnen werden stattdessen von Sportwagenherstellern wie Wiesmann und Brabus hoch gehalten. Die haben in Russland längst treue Fans. Zudem wollen die Emporkömmlinge Infiniti und Lexus in Moskau um jeden Preis Eindruck schinden und präsentieren ihre neuesten Edel-Modelle ebenso stolz wie Cadillac und Volvo.

Noch mehr Aufmerksamkeit bekommt der kleine aber feine Stand von "33 Motors". Hier steht der M20 - ein kantig-markiges Sportcoupé, das einen morbiden russischen Charme nicht überspielen will. Ein Blick unter die Motorhaube des Gitterrohrmodells schafft Klarheit. Basis ist ein alter Mercedes SL 600 - mit aufgemotztem V12-Motor.

Farida Grishina von der Nobelvermietung "Garage Hummer 1" wiederum hilft aus, wenn man nur einmal einen Abend glänzen soll und die normale S-Klasse-Parade es zum Bolschoi-Theater nicht tut: "Wir vermieten alle gängigen Luxuskarossen oder Sportwagen - natürlich auch Rolls-Royce, Bentley und Maybach", sagt sie. Ein Tag Maybach inklusiv Chauffeur und Sicherheitspersonal kostet 140.000 Rubel - rund 3900 Euro. "Die Nachfrage ist groß. Uns gibt es erst seit einem Jahr", erzählt Farida: "Es kommen immer mehr und die Kunden werden immer spezieller. Besonders als Shuttle zum Flughafen wollen viele eine unserer Limousinen."

Edelfelgen im Protzformat: das Spielzeug der Stunde

Tuningspezialist L.A. Connection zeigt auf der Messe nicht nur ein Felgenarsenal sowie versilberte und vergoldete Kühlergrille oder Kiemensets, sondern auch einen Bentley Continental und einen Rolls Royce Phantom, der immer wieder hingebungsvoll nachpoliert wird.

Als ob die Luxuskarossen nicht schon spektakulär genug wären, haben die russischen Millionäre Edelfelgen im Protzformat längst zu ihren Lieblingen auserkoren. 21-, 22-, 23- oder 24-Zoll zeigt man bei G-Klasse, Rolls Royce und Range Rover besonders gerne - am besten gleich mit Edelsteinen verziert.

So ist eines der teuersten Autoprodukte auf der Messe denn auch kein Auto, sondern ein Icelink-Felgensatz für eine Million US-Dollar. Damit die Felgen auch standesgemäß bewegt werden, sind im Basispreis ein Bentley Continental GT und für die Dauer von einem Jahr ein Body- und Felgenguard enthalten.

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