Mercedes CLK:Neue Buchstaben im Mercedes-Alphabet

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Das kleine Coupé verbindet Vernunft mit Emotion - und ist bereits bis Frühjahr 1998 ausverkauft

(SZ vom 24.05.1997) Vier Augen sehen einen erwartungsvoll an, indes man selbst staunend die Augen reibt. Mit seinen eher auf Biedersinn angelegten Vorfahren hat das jüngste Coupé von Mercedes-Benz wirklich nichts mehr gemein - außer dem Stern. In dem automobilen Alphabet des Stuttgarter Unternehmens mit C, E und S, dazu T sowie demnächst A und M ist der neue CLK ähnlich wie schon der Roadster SLK ein Grenzgänger, der aus der Reihe tanzt. Klassenübergreifend ist das kleine Coupé zwischen C- und E-Klasse angesiedelt, rund acht Zentimeter kleiner als die eine und 23 Zentimeter kürzer als die andere Reihe. Als neue eigenständige Modellreihe hat ihn die Stylingabteilung schon rein optisch auf eine ganz eigene Linie getrimmt. Und die vier Augen, obwohl sie auf den ersten Blick wie vom Papa wirken, wurden für das sportlichere, rassige Gesicht des CLK ebenfalls neu entwickelt.

Viel ist inzwischen geschrieben worden über die Produktoffensive bei Mercedes, über neue Nischen, die auch Fenster zu neuen Käufergruppen aufmachen sollen. Ein Unternehmen im Umbruch - in welchem Umfang, das sieht man auch am CLK. Früher schlossen sich hier Vernunft und Emotion doch eher aus, heute, das zeigen erste Ausfahrten mit dem Coupé, hat man das Beste beider Welten überzeugend zu einem Fahrzeug zusammengefügt. Schließlich peilt man mit dem neuen Modell nicht nur die klassischen Stammwähler ("young at heart" wie die Marketing-Leute das auf Neudeutsch nennen) an, sondern auch die Jüngeren, die man durch die neugewonnene Attraktivität von anderen Marken erobern will.

In einer Zeit, in der es offenbar sehr schwierig geworden ist, ein sowohl schlankes und schönes wie auch windschlüpfriges Heck zu schneidern, besticht der CLK nicht nur durch die rasante Frontpartie, sondern auch mit einem eleganten Schwung, der den Blick von der C-Säule zum Derrière mitzieht. Der Grundsatz das Auge fährt mit gilt auch für das Interieur. Wo einst spätestens hier sich die vertraute Betulichkeit wieder einstellte, gibt es ein paar Überraschungen. Weil auch ein sportlich-elegantes Coupé innen eben anders aussehen sollte, als eine Mittelklasselimousine, wirkt im Cockpit die Linienführung straffer und purer. Durch zwei Ausstattungspakete ab Werk genannt Sport und Elegance wird die Qual der Wahl beim Kunden deutlich reduziert. Beherztes Rot, Carbon-Optik und die hellen Zifferblätter des SLK markieren den Sportler, dezente Töne in Stoff oder Leder, Wurzelholz und Chromleisten (um nur einige wenige Details zu nennen) zeichnen die elegante Variante aus.

Das neue kleine Coupé ist von seinen inneren Werten her ganz groß: Hier können nicht nur vorne zwei große Menschen komfortabel und mit ausreichender Distanz voneinander Platz nehmen. In dem viersitzigen Coupé haben tatsächlich auch im Fond zwei ausgewachsene Mitfahrer Raum, zumindest für kürzere Distanzen. Ein großzügiges Platzangebot, denn wann fahren schon einmal vier Menschen tatsächlich in einem Coupé? Spendabel ist auch der Kofferraum, dessen Volumen von 412 Litern erweitert werden kann, wenn man die geteilte Rückbank umlegt. Als serienmäßiges Komfortdetail gibt es bei allen CLK-Modellen Easy Entry, ein Mechanismus, der automatisch Fahrer- und Beifahrersitze nach vorne fahren läßt, um den hinteren Gästen den Ein- und Ausstieg zu erleichtern.

Auch die technischen Werte des CLK sind bestechend. Gebaut auf der Plattform der C-Klasse mit gleichem Radstand entwickelt das Coupé doch ein paar Emotionen mehr. Der Star unter den drei Motoren, die angeboten werden, ist der neu entwickelte V6-Antrieb, der seine Kraft aus 3,2 Litern Hubraum schöpft und mit 160 kW (218 PS) sportlichen Verve bei samtiger Laufkultur garantiert. Der CLK 200 ist mit dem bewährten Vierzylinder aus der C- und E-Klasse ausgestattet (100 kW oder 136 PS). Mit den rund 1,4 Tonnen des Coupés hat der Kompressor aus dem Roadster SLK natürlich nicht ganz so leichtes Spiel. Der CLK 230 Kompressor braucht gut 3500 Umdrehungen, bis er so richtig auf Touren kommt. Alle drei Varianten des Coupés sind auf eine sportlichere Fahrweise ausgelegt, das gilt auch für Fahrwerk und Dämpfung. Was man seinen Vorgängern wohl nicht zugemutet hätte: mit dem CLK machen auch kurvige Paßstraßen Spaß. Oder wie Entwicklungsvorstand Helmut Petri es ausdrückt: er hat ab Werk "die Lizenz zum Verlieben".

Den Faktor Lebensfreude gibt es, wie man das von Mercedes auch erwartet, im Ausstattungspaket mit einer Reihe von serienmäßigen Komfort- und Sicherheitsdetails, die bei allem Spaß an die Vernunft appellieren. Da sind unter anderem zu benennen: natürlich Fahrer- und Beifahrerairbag sowie die neuen Seitenairbags. Oder die Kindersitzerkennung für den Beifahrersitz, die automatische Türverriegelung beim Anfahren, das neue automatische System Brake-Assist, das nochmal den Bremsweg verkürzen hilft und Assyst, ein intelligentes Servicesystem, das mit dem CLK auch für alle anderen Mercedes-Benz in Serie gehen wird und individuell für jedes Fahrzeug Wartungsintervalle berechnet. Von der E-Klasse hat das Coupé das Schlüsselkonzept Elcode bekommen, das Autodieben das Leben noch schwerer machen soll. Um den Erkennungscode zu berechnen, bräuchte man nun wohl mehrere Großrechner. Mit der Fernbedienung des neuen bartlosen Schlüssels kann man selektiv Fahrertür, Kofferraumdeckel und Tankklappe entriegeln sowie Seitenscheiben und Schiebedach öffnen und schließen.

Mit serienmäßiger Klimaanlage und Fünfgangautomatik kostet der CLK 320 rund 78 000 Mark, der 230 Kompressor 63 480 und der CLK 200 exakt 55 890 Mark. Wer ihn erst jetzt bestellt, hat fürs erste Pech gehabt. Mit knapp 400 Bestellungen pro Tag hat der CLK bereits heute Lieferzeiten bis zum Frühjahr 1998. Und im nächsten Jahr sollen im Werk in Bremen bereits 43 000 Coupés vom Band laufen.

Von Alexandra Felts

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