Mercedes-Benz SL 600:Luxus und Leistung

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Der Edel-Roadster bietet von allem viel mehr, als nötig ist

(SZ vom 24.07.1996) Nicht nur die Reichen und Schönen dieser Erde verspüren den Drang nach Luxus - ein bißchen davon steckt wohl in jedem von uns. Doch der Luxus ist häufig der Feind der Vernunft - und wer gewinnt, entscheidet meistens das Portemonnaie. Haben Sie 223 330 Mark übrig? Dafür kann man sich automobilen Luxus in ziemlicher Perfektion gönnen: Das Top-Modell der SL-Baureihe von Mercedes-Benz, den SL 600.

Seit bald sieben Jahren präsentiert sich der SL in nahezu unveränderter Form, was für dessen zeitlose Eleganz spricht. Und er hat offensichtlich Pate gestanden für den SLK, den kurzen, zweisitzigen Roadster, der von Herbst an für Furore auf Deutschlands Straßen sorgen soll. Doch der kleinere SLK wird dem SL wohl kaum hausinterne Konkurrenz machen, dafür sorgt schon die Mercedes-Strategie, den SLK nur mit Vierzylinder-Motoren anzubieten. Sechs-, Acht- und Zwölfzylinder bleiben dem SL vorbehalten - und wir konnten uns einige Tage mit dem 600er befassen.

Dieses Luxus-Automobil bietet von allem viel mehr, als eigentlich für eine komfortable Art der Fortbewegung nötig ist. Einzige Ausnahme: das Raumangebot. Mehr als zwei Personen und deren Urlaubsgepäck passen einfach nicht hinein. Mit 290 kW (394 PS) und sechs Litern Hubraum stehen mehr Pferdestärken zur Verfügung, als man jemals braucht. Mit sanftem Druck läßt sich diese moderne Königs-Kalesche dirigieren, die neue Fünfgang-Automatik tut ein übriges dazu. Zuviel leistet sich der SL 600 allerdings, was die Verbrauchswerte angeht: Sie wurden zwar um zehn Prozent gesenkt, aber der Euro-Mix-Verbrauch beträgt immer noch 13,9 Liter; im Stadtverkehr genehmigen sich die zwölf Zylinder gar 19,9 Liter auf dem Papier - in der Praxis ist ein kräftiger Zuschlag fällig.

Dafür beeindruckt die Art, wie diese Kraft in Fortbewegung umgesetzt wird: seidenweich, mühelos, unaufdringlich - und das bei jedem Tempo. Wer sich nicht beherrschen kann, durcheilt die 100-km/h-Marke nach 6,1 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 250 km/h begrenzt. Doch der Zweck eines Cabrios ist nicht das Rasen; also per Knopfdruck das Dach geöffnet und den Sommer genossen - so kommt Lebensfreude auf.

Im Interieur gefallen innovative Details wie Seitenairbags und - nur im SL 500 und SL 600 erhältlich - der Tempo-30-Begrenzer, eine Ergänzung zum serienmäßigen Tempomaten. Sie erleichtert es dem Autofahrer, in Wohnbereichen die 30 km/h nicht zu überschreiten. Im Unterschied zur sonstigen Tempomatfunktion muß der Fahrer das Gaspedal weiter betätigen - aber das System regelt bei 30 km/h ab. Später soll der Begrenzer in anderen Baureihen Einzug halten.

Ob solche Innovationen einen Preis von nahezu einer Viertel Million Mark rechtfertigen? Sicher nicht. Aber sie tragen dazu bei, daß man im SL 600 eine Art automobiles Gesamtkunstwerk erleben kann, das Seinesgleichen sucht.

Von Otto Fritscher

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