(SZ vom 06.10.1993) Nur wer wirklich genau hinsieht, kann die Unterschiede entdecken: Mercedes- Benz hat seine mittlere Baureihe, die nun E-Klasse heißt, einer optischen und technischen Überarbeitung unterzogen. Die Gläser der Blinker haben die Farbe gewechselt (weiß statt orange), die Motorhaube verläuft in einem etwas flacheren Winkel und unter dem Blech kommen auch neue Dieselmotoren zum Einsatz, die über Vierventiltechnik verfügen. Die E-Klasse ist nach diesen Retuschen noch näher an das Erscheinungsbild der kürzlich neu eingeführten C-Klasse herangerückt. Allzu waghalsige Experimente wollte Mercedes an seiner Erfolgs-Klasse nicht vornehmen, schließlich wurden in den vergangenen neun Jahren mehr als zwei Millionen Fahrzeuge produziert. Auch die Auffächerung dieser Modellreihe ist beachtlich: Es gibt die Limousine, den T-Limousine genannten Kombi, das Coupé, das Cabriolet und sogar eine sechstürige Langversion.
Neue Dieselmotoren
Wir haben bei ersten kurzen Fahrten zunächst die beiden Modelle mit den neuen Dieselmotoren unter die Lupe genommen, die nun E 250 Diesel und E 300 Diesel heißen. Beiden Motoren attestiert Mercedes eine zehnprozentige Verbrauchssenkung, um 30 Prozent verbesserte Abgasemissionen und ein 20prozentiges Plus an Leistung. Doch gerade der 250 Diesel hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck: Er kann in punkto Leistungsentfaltung einfach nicht überzeugen, weil schon an leichteren Steigungen ein Hinaufrollen im fünften Gang nicht möglich ist. Auch auf kurvigen Landstraßen ist ein entspanntes Fahren im obersten Gang nur schwer möglich, selbst wenn das Leistungspotential von der Papierform her völlig ausreichend wäre: Der Fünfzylinder kann mit 83 kW (113 PS) aufwarten, die sich Mercedes mit 53 360 Mark bezahlen läßt. Die Stärke dieses Aggregats ist die Laufruhe: Nur kurz nach dem Start erinnerte ein entferntes Nageln daran, daß unter der Haube ein Selbstzünder arbeitet, schon nach wenigen Metern entsteht das Gefühl, einen Ottomotor zu haben.
Noch eine Spur besser bewältigt der 3,0-Liter-Sechszylinder-Diesel im E 300 die Disziplinen Lauruhe und -komfort. 100 kW (136 PS) reichen zu einer entspannten Fahrweise in nahezu jeder automobilen Lebenslage. Der Drittel-Mix-Verbrauch beträgt 9,8 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Allerdings ist der E 300 mit seinem Preis von 58 017,50 Mark nun wirklich kein Sonderangebot mehr. Da muß schon eine hohe jährliche Laufleistung erzielt werden, damit sich der Kauf dieses Modells rechnet.
Die Vierventil-Technik führte Mercedes bei den Benzinern bereits im Herbst vergangenen Jahres ein. Dabei reicht die Palette von den Vierzylindern (E 200 und E 220), über die Sechszylinder (E 280 und E 320) bis zu den Achtzylindern (E 420 und E 500). Der E 220, in diesen Fall sind wir das T-Modell, wie der Kombi bei Mercedes genannt wird, mit Schaltgetriebe gefahren, leistet 110 kW (150 PS). Der Kombi, der nach wie vor durch seine Übersichtlichkeit besticht, verbraucht im Drittelmix 9,6 Liter Super bleifrei und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 198 Stundenkilometern. Bei einem Preis von 61 410 Mark gehört er nicht gerade zu den Einsteigermodellen bei Mercedes. Für die Limousine des E 220 muß der Interessent lediglich 54 050 Mark inverstieren.
Als besonders durchzugsfreudig, trotz des Automatikgetriebes, stellt sich der Achtzylinder E 420 dar. Die Limousine, die eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometern fährt, verbraucht dann auch im Drittelmix 11,8 Liter Super plus bleifrei. Der Grundpreis für den E 420 liegt bei 96 312,50 Mark.
Der 2,8-Liter-Sechszylinder-Motor, der 142 kW (193 PS) leistet, findet jetzt auch im SL 280 Verwendung. Der Zweisitzer schlägt mit 114 655 Mark in der Grundversion zu Buche. Das Durchzugsvermögen des Einspritzers ist beachtlich, doch könnte das Fahrwerk etwas straffer abgestimmt sein.
Von Otto Fritscher und Marion Zellner