(SZ vom 27.02.1993) Geländewagen passen, so meinen viele Autokritiker, nicht mehr in unsere Zeit. Sie seien zu groß und verbrauchten viel zu viel Benzin. Und außerdem sei die Natur schon geschändet genug, so daß man nun wirklich nicht mehr mit Autos durch die Felder pflügen müsse. Das letzte Argument läßt sich am leichtesten entkräften: Nur fünf Prozent aller Geländewagenbesitzer benutzen ihre Off-Roader für deren eigentlichen Einsatzzweck abseits der Straßen - und dann meist nicht aus Vergnügen, sondern weil unwirtliche Wege aus Arbeits- oder Versorgungsgründen befahren werden müssen. Größer, genauer gesagt länger, als eine Limousine ist ein Geländewagen auch nicht, seine optische Imposanz resultiert aus der Höhe und der eckigeren Karosserie.
So ein Fall ist die G-Modellreihe von Mercedes-Benz. Mit dem Cw-Wert eines Ziegelsteins stemmt sich der 'G' gegen den Fahrtwind - was natürlich nicht gerade ein Faktor zum Benzinsparen ist. Andererseits vermittelt die Karosserie ein Gefühl der Sicherheit und Solidität, das sich noch verstärkt, wenn man erst einmal die schweren Türen aufgewuchtet hat und auf den Fahrersitz geklettert ist. Die hohe Sitzposition fördert die Übersicht und damit ein vorausschauendes Fahren. Aber was ist mit dem Benzinverbrauch? Der entscheidende Faktor, um günstige Verbrauchswerte zu erzielen, ist nach wie vor der Fahrer. Ein vernünftiger Umgang mit dem Gaspedal in Verbindung mit einem Dieselmotor bringt auch einem Geländewagen manierliche Trinksitten bei. Wir haben uns ein wenig mit der neuen Turbodiesel-Version der G-Reihe beschäftigt. Der 350 GD Turbo wird von einem 3,5-Liter-Sechszylindermotor angetrieben, der bei Bedarf 100 kW (136 PS) mobilisiert. Das reicht theoretisch zu einer Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h - doch auf hohe Drehzahlen ist dieser Motor nicht ausgelegt. Seine Stärke ist die 'Kraft aus dem Keller': Schon bei 1800/min steht das maximale Drehmoment von 305 Nm parat, um die 2,2 Tonnen schwere Fuhre zu beschleunigen.
Und der Benzinverbrauch? Mercedes nennt 14,1 Liter im Drittelmix auf 100 Kilometer - ein akzeptabler Wert für einen Wagen dieser Dimension. In der Praxis lassen sich sogar noch Einsparungen erzielen, wenn man nicht die Höchstgeschwindigkeit anpeilt. Darauf verzichtet man aber nicht nur aus ökonomischen Gründen gerne: Der Diesel macht durch seine akustische Präsenz jederzeit klar, daß der G eigentlich als Arbeitsgerät konzipiert worden ist.
Der permanente Allradantrieb bringt die Kraft mit Hilfe einer Viergang-Automatik auf die Räder, die zur Serienausstattung gehört. Der Grundpreis für den 350 GD beträgt 87 170 Mark. Von der Allradtechnik und Geländegängigkeit her gehört der G seit Jahren zu den Spitzenreitern - Elefanten werden bekanntlich sehr alt.
Von Otto Fritscher