MBK Fizz:Noch einen Fizz, bitte!

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Der 50-ccm-Roller läßt sich ohne Probleme bedienen

(SZ vom 22.07.1995) Bei einem Fizz handelt es sich, allgemeiner Barerfahrung zufolge, um einen spritzigen Longdrink. Einen tempobeschränkten 50-Kubikzentimeter-Roller mit dem Namen Fizz zu belegen, stellt sich insofern auf den ersten Blick als Widerspruch dar: Woher, bitte, soll angesichts von 3 kW (4 PS) Motorleistung Spritzigkeit kommen? Nun denn, schieben wir den nämlichen Widersinn erst einmal beiseite und begutachten den blaumetallicfarbenen Winzling ganz neutral, als No-name-Produkt.

Hübsch sieht das Stadtmobil aus, aufgrund seiner Mini-Doppelscheinwerferchen sogar irgendwie originell, was der Fizz auch braucht, um unter den mindestens drei Dutzend Konkurrenzmobilen hervorzustechen. Denn vom Grundkonzept her gibt es keinen Grund, ausgerechnet einen Fizz zu wählen, hat er doch nur wenig mehr als das, was moderne Kleinroller fast allesamt aufweisen können: Automatikgetriebe, Elektrostarter, eine als Helmstaufach oder Einkaufsbehälter geeignete Höhle unterm Fahrersitz, eine vordere Scheibenbremse sowie eine Telegabel und einen Katalysator für den Einzylinder-Zweitaktmotor. Den Kat baut der französische Hersteller MBK, zum Imperium des Motorradriesen Yamaha gehörend, nicht aus Menschenfreundlichkeit ein, sondern weil es sonst wegen miesen Abgasverhaltens in Deutschland keine Betriebserlaubnis gäbe.

Positiv am Fizz fallen der ordentlich geformte Sitz, die Digitaluhr, die Tankuhr und seine auch für den Zweipersonenbetrieb ausreichenden Platzverhältnisse auf; selbst eine Bier- oder Wasserkiste kann im Fußraum mitfahren. Über die Bedienung des 82 Kilogramm-Gefährts ist nicht mehr zu sagen, als daß sie unproblematisch ist: Starten, am rechten Handgriff Gas geben, losfahren. Die Bremsen, durch zwei Handhebel zu bedienen, ziehen anständig, das Fahrverhalten ist aufgrund der kleinen Zehn-Zoll- Räder rollertypisch, also kippelig. Doch, keine Frage, man gewöhnt sich daran. Gestört haben uns beim Fizz der etwas verzerrende rechte Spiegel, der miserabel positionierte Fernlichtschalter und sein mäßiges Licht. Der Wetterschutz für die Beine ist wegen des sich trendy nach oben hin verjüngenden Beinschildes schlecht, ein praktisches Topcase dagegen als Zubehör erhältlich.

Gut 150 Kilometer weit reicht der Spritvorrat. Der Verbrauch des Fizz beträgt - permanentes Ausquetschen des Motörchens zugrunde gelegt - gut dreieinhalb Liter bleifreies Benzin plus ein Fünfzigstel Zweitaktöl, das sich der Motor aus separatem Tank genehmigt - nicht wenig angesichts eines Spitzentempos von 50 km/h; es wird allerdings bei Vollgas schnell erreicht. Wer sanfter Gas gibt, kommt mit drei Litern aus; mit dem Vornewegfahren ist's dann allerdings nix.

4300 Mark kostet ein Fizz, 99 Mark jährlich die Versicherung. Auf den ersten 12 000 Kilometern fallen 4,2 Arbeitsstunden für den Service an, dazu die Kosten für Material (alle 6000 Kilometer ist ein Service empfohlen). Die Garantie beträgt ein Jahr ohne Kilometerbegrenzung. Der für 50er-Roller nötige Klasse 4-Führerschein ist für 'alte' Dreier-Besitzer (seit 1980) inklusive.

Für den Stadtverkehr tauglich

Gretchenfrage: Taugt ein auf Tempo 50 limitiertes Gefährt für den ja nicht immer stehenden, sondern zuweilen auch hektischen Großstadtverkehr? Viele Vergleichsfahrten über den Münchner Mittleren Ring bis hinaus in dicht vor der Stadt gelegene Vororte haben gegenüber einem Auto klare Zeitvorteile ergeben. Selbst gegenüber einem zehn- oder zwanzigmal stärkeren Motorrad schneidet der Fizz prima ab, da er auf freier Strecke erlittene Rückstände an Ampelstops durch seine extreme Manövrierfähigkeit leicht wettmachen kann, so der Fahrer dies will. Das Abzugsvermögen ist erstaunlich gut, so daß es trotz nur vier PS durchaus möglich ist, innerstädtisch vorne zu bleiben. Der Umgang mit dem Fizz ist lässig, macht irgendwie sogar Spaß. Selbst Mittdreißigerinnen und Mittvierziger, die niemals zuvor ein motorisierte Zweirad bewegt hatten, konnten sich mit dem Rollerchen spontan anfreunden, lobten seine unproblematische Bedienung und sein vergnügliches Fahrverhalten.

Der Flachland-Roller

Allerdings erscheint uns ein solcher 50er-Roller für größere Straßen eine Spur zu langsam: Er wird, so der Verkehr flüssig genug ist, häufig überholt. Dies leider nicht immer mit genügend Seitenabstand, außer man hält sich stur in der Straßenmitte. Ein Plus von zehn Kilometer Spitze, also Tempo 60, wäre unter Sicherheitsgesichtspunkten wünschenswert. Und daß ein solches Fahrzeug in bergigen Gegenden natürlich kein Renner ist, liegt auf der Hand. Fizz & Co. gehören ins Flachland. Und: Pilot oder Pilotin sollten frohgelaunte, einigermaßen nervenstarke Naturells sein und keine grundsätzliche Abneigung gegenüber Motorfahrzeugen haben.

Wir sagen als Fazit, wie an der Theke: nochmal Fizz, bitte!

Von Ulf Böhringer

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