Mazda MX-5:Ich schau' dir in die Augen, Kleiner

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Vor 15 Jahren traten die Japaner eine neue Roadster-Welle los und schufen den erfolgreichsten Zweisitzer aller Zeiten.

Von Tobias Opitz

Was für ein Jahr: Man trauerte um Robert Lembke, Herbert von Karajan und Georges Simenon, die Raumsonde Voyager faszinierte mit Bildern vom Neptun. In Berlin fiel die Mauer und in Prag wurde der Schriftsteller Václav Havel zum Staatspräsidenten gewählt.

Die Klappscheinwerfer mussten irgendwann der Komplettverglasung weichen. (Foto: Foto: Mazda)

1989: Die Welt geriet heftig in Bewegung und so manches Ereignis kurz darauf wieder in Vergessenheit. Es gab aber auch Ereignisse, die - zugegeben - im Vergleich unbedeutend erscheinen mögen, aber die Welt ebenfalls und dauerhaft ein Stück verändert haben. Zumindest die automobile.

"Ein MG, der auch bei Regen anspringt und kein Öl verliert"

Es war der Mazda MX-5, der 1989 ganz gegen den seinerzeit herrschenden Trend zur Sachlichkeit im Automobilbau mit einem Schlag für Vergnügen und Begehrlichkeit sorgte - und für Fassungslosigkeit bei der Konkurrenz. Ein kleiner Roadster, flink wie ein Wiesel und serienmäßig mit Lebenslust ausgestattet. "Ein MG, der auch bei Regen anspringt und kein Öl verliert" - so hatte es der amerikanische Journalist Bob Hall gegenüber dem damaligen Mazda-Entwicklungschef Kenichi Yamamoto auf den Punkt gebracht.

Und genau so war es: Der schon ausgerottet geglaubte Roadster-Bazillus infizierte auf Anhieb Tausende in den USA und Europa, die Inkubationszeit betrug beim Blick in den Verkaufsraum des Mazda-Händlers nur Minuten.

Rot war angesagt

Noch heute erinnert sich die Fangemeinde, die sich im Internet unter www.mx5-germany.de trifft, mit Wehmut an die erste Generation. Vorne zitterten die Klappscheinwerfer durch die Nacht, die starre Antenne am Heck erschien wie ein Degen aus der Requisitenkammer für den Film "Der Herr der sieben Meere". 35.500 Deutsche Mark kostete das Vergnügen anfangs, und wer auch nur einen Funken Anstand hatte, entschied sich für die rote Lackierung - schließlich hieß die damals einzige Alternative Marineblau. "Der fährt nur in Rot", war man sich einig.

Und wie der fuhr: Einem Gokart gleich ging es um die Ecken, die Schaltwege nicht länger als eine Filterzigarette, die Sitze maßgeschneidert und hüftbetont. Und die an ein Notverdeck erinnernde, aber wasserdichte Stoffhaube ließ sich sogar während der Fahrt nach hinten klappen. Oder schließen - aber auch nur dann, wenn es gar nicht mehr anders ging. Nicht vergessen werden dürfen die Diskussionen mit sturen TÜV-Prüfern über eine aufklebbare Nummernschild-Folie, um die Frontlinie samt Haifischmaul nicht zu zerstören.

Die Schreckensstarre der automobilen Konkurrenz hielt während der ersten drei Lebensjahre des MX-5 an. 5000 und mehr der begehrten Roadster wurden allein in Deutschland in jedem Jahr verkauft; wer sich den langen Lieferzeiten nicht aussetzen wollte, besorgte sich auf dem grauen Markt ein aus den USA importiertes Exemplar und war fortan am Schriftzug "Miata" zu erkennen.

Rekordhalter

Die Sturheit von Tom Matano, einem der ursprünglich verantwortlichen Designer, sollte sich bewähren. "Wenn das ein Klassiker werden soll, brauchen wir eine Modellkonstanz von mindestens sieben Jahren", hatte er sich durchgesetzt. Mit dankenswerter Vorsicht, manches Mal nur in kaum wahrgenommenen Schritten, sorgt sich Mazda seither um die Modellpflege des Erfolgreichen, der 2002 als weltweit meistverkaufter Roadster aller Zeiten ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen wurde.

Dass es unter den vielen Sondermodellen auch eines in "racing green" mit sandfarbenen Ledersitzen gab, was für manchen das Ende der Etikette war, gehört längst zu den vielen Anekdoten. Immerhin wurden bis Ende 2003 weltweit mehr als 670.000 Exemplare verkauft.

Noch immer ist der MX-5 eine Ausnahmeerscheinung - auch, wenn seit 1998 statt der Klappaugen die Lampen hinter schmallippigem Glas fürs Sehen und Gesehenwerden sorgen und eine heizbare Heckscheibe den Spaß am Verdeck etwas verdünnt hat; 19.990 Euro kostet heute der MX-5 mit 81 kW (110 PS), wer spaßbringende 146 PS haben will, muss wenigstens 25.640 Euro hinlegen.

Viel Geld, keine Frage. Aber dafür hat man im engen Cockpit neben viel Vergnügen die Gewissheit, dass viele der anderen schicken - und mithin viel teureren - Zweisitzer in Wahrheit nur die Enkel des Mazda MX-5 sind.

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