Mazda Demio 1. 5:Wenig Van ist mehr

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Der Platz reicht für einen üppigen Einkaufsbummel In der Stadt kann der Japaner seine Vorteile ausspielen

(SZ vom 25.11.2000) Ein Van, das war in fernen Tagen einmal ein Lieferwagen, mit dem die Paketdienste ihre Fracht zu den Adressaten brachten, schmucklos, freudlos und kompromisslos auf Praktikabilität getrimmt. Doch dann merkten die Autohersteller irgendwann, dass sie ganz neue Zielgruppen erreichen könnten, indem sie den Vans den Stallgeruch der Transporter nahmen und den Innenraum wohnlicher gestalteten, ohne das Raumangebot für verschiedene Bedürfnisse allzu sehr einzuschränken: Der moderne Minivan, auf deutsch etwas klapperig mit Großraumlimousine übersetzt, war geboren. Doch die Nomenklatur hat sich inzwischen verschoben: War bis vor einigen Jahren ein klassischer Minivan an die fünf Meter lang, heißt ein solches Auto jetzt Maxivan. Es gibt inzwischen noch Midivans à la Renault Scénic oder Opel Zafira und Microvans wie den Atos von Hyundai. Mini hin, micro her, mag sich Mazda gedacht haben, da gibt es nur eine Lösung: Wir besetzen einfach alle Nischen.

Subkompakt und dennoch flexibel

So gehört der japanische Hersteller nun zu den wenigen Marken, die alle Segmente der Van-Klasse bedienen: mit dem MPV ( = Multi Purpose Vehicle) den Bereich der großen Verwandlungskünstler, mit dem Premacy die boomende Nische der mittelgroßen Familientransporter und mit dem Demio den Markt der subkompakten und trotzdem in der Nutzung flexiblen Autos. Gerade diese Autos mit Abmessungen von zirka 3,80 Metern kommen zurzeit in großer Auswahl auf den Markt, und zwar meistens von fernöstlichen Herstellern. Vielleicht finden sie bei uns deshalb Akzeptanz, weil die Verkehrsprobleme in Tokio prinzipiell die gleichen sind wie in Berlin oder München: verstopfte Straßen und wenig Parkplätze.

In diese Nische stößt der Demio hinein, und in der Tat ist er in der Stadt in seinem Element. Mit einem Wendekreis von 9,4 Metern gehört er zu den Wieseligen im Lande, die sich auch in engen Parkhäusern wohlfühlen. Dass der Demio nicht gerade die Blicke der Passanten auf sich zieht, liegt am zurückhaltenden Design - nur den Dachspoiler hätten die Japaner gleich wegrationalisieren sollen. Die Karosserie folgt laut Mazda dem Prinzip des Sears-Towers in Chicago: In der Höhe liegt die Kraft. Für die Techniker und die Designer hat das den Vorteil, dass sie eine kleine Grundfläche mit reichlich Raum überbauen können.

Im Falle des Demio heißt dies, dass bei 3,82 Metern Länge, 1,67 Metern Breite und 1,54 Metern Höhe ein Auto herausgekommen ist, das sich im Alltag nicht als halbe Portion erweist. Das Ladevolumen kann bis auf 1298 Liter erweitert werden. Die Rücksitzbank lässt sich nicht nur umklappen, sie kann auch um zwölf Zentimeter nach vorne oder hinten verschoben werden - je nachdem, ob mehr Beinfreiheit für die Fondpassagiere oder ein größeres Gepäckabteil gewünscht wird. Für einen üppigen Einkaufsbummel mit der Familie in der City reicht das Raumangebot allemal.

Auf den Vordersitzen gibt es allerdings einen Missstand zu beklagen, der in vielen japanischen oder koreanischen Autos dieser Gattung zu finden ist: Nach oben hin herrscht so viel Raum, dass selbst Großgewachsene mit Hut fahren könnten, aber der Verstellbereich der Vordersitze ist ebenso wenig ausreichend wie deren Auflagefläche für die Oberschenkel. Das lässt sich aber insofern verschmerzen, als der Demio ja vor allem für die Stadt konzipiert ist und weniger für die langen Strecken auf der Autobahn. Obwohl die von uns gefahrene 1,5-Liter-Version durchaus kräftig genug ist, um auch einmal zügigere Ausfahrten zu unternehmen.

Hier für die Zahlenfreunde die wichtigsten Werte: Das Aggregat schüttelt die 55 kW (75 PS) in recht lockerer Manier auf die Kurbelwelle, die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h reicht in den meisten Lebenslagen aus. Mit der Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 13,0 Sekunden lassen sich zwar keine Rekorde erzielen, aber man kann im normalen Verkehr locker mithalten. Dafür erfreut der Kraftstoffverbrauch von durchschnittlich 7,3 Liter auf 100 Kilometer eher den Besitzer als den Tankwart. Die Abgaseinstufung ist Euro 3.

Im Innenraum herrscht Sachlichkeit vor, die niemanden zu Begeisterungsstürmen hinreißen wird. Der Demio soll nun einmal vor allem ein praktisches Auto sein - schön sein gehört nicht zu seinen Hauptaufgaben. Aber Schalter und Knöpfe sind ergonomisch korrekt angeordnet, und auch Lenkung und Schaltung arbeiten zielgenau und leichtgängig. Das Fahrwerk versieht seinen Dienst unauffällig, es will aber, so der Eindruck bei forcierter Fahrweise, nicht gerne über Gebühr gefordert werden.

Dafür ist die serienmäßige Ausstattung - bis auf die fehlenden Seitenairbags - in Ordnung: Zwei Luftsäcke für Fahrer und Beifahrer, ABS, Servolenkung und elektrisch einstellbare Außenspiegel gehören zur 24 890 Mark teuren Comfort-Version, bei der man sich allerdings mit dem 46 kW (63 PS) starken 1,4-Liter-Motor begnügen muss. Die 22 900 Mark teure Basisversion sollte schon wegen des fehlenden ABS nicht näher in Betracht gezogen werden. Komfortabel geht es in der 1,5-Liter-Version zu, die zudem mit Nebelscheinwerfen, breiteren Reifen, elektrischen Fensterhebern vorne und hinten, einer Fernbedienung für die Zentralverriegelung und einem Drehzahlmesser aufwartet. Dafür sind dann 26 490 Mark fällig - nicht zu viel für ein kompaktes Auto, bei dem zwar an den Abmessungen, nicht aber an den Nutzungsmöglichkeiten gespart wurde.

Von Otto Fritscher

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